Die tschechische Regierung konnte ihren Wunsch im Parlament nun doch fast komplett durchsetzen. Und sie kündigt schon jetzt eine Verlängerung der Beschränkungen über Mitte Mai hinaus an.
Erst sollte der Notstand in Tschechien Ende April fallen. Nun dauert er doch noch bis zum 17. Mai. Dafür sorgte das tschechische Parlament am Dienstag nach einer neunstündigen Aussprache. Mit den Stimmen der Kommunistischen Partei (KSČM) konnte die Minderheitsregierung aus ANO und ČSSD zwar nicht ihren Wunschtermin (25. Mai) erreichen. Sie hat nun aber die komfortable Dauer von fast drei Wochen erwirkt. Die Opposition stimmte gegen den Vorschlag. Sie selbst hatte eine Fortsetzung nur bis zum 10. Mai vorgeschlagen. Die Opposition wirft der Regierung ein chaotisches Vorgehen und Konzeptionslosigkeit bei der schrittweisen Rückkehr zur Normalität vor.
Anfang letzter Woche hatte es noch so ausgesehen, als ob die Regierung selbst keine Verlängerung des Nostands mehr anstrebt. Nur der kleinere Koalitionspartner ČSSD mit Innenminister Jan Hamáček, der zugleich Chef des Krisenstabs ist, beharrte auf einer Verlängerung. Hintergrund waren nicht nur die gute Entwicklung bei der Eindämmung des Coronavirus, sondern auch, dass die Regierung im Parlament über keine eigene Mehrheit verfügt. Die Regierung kann den Notstand nur einmalig für 30 Tage beschließen. Danach ist dafür eine relative Mehrheit im Parlament nötig.
Kehrtwende der Regierung
Dann kassierte aber in der letzten Woche ein Prager Gericht vier Maßnahmen zur Einschränkung des öffentlichen Lebens, die die Regierung erlassen hatte. Die Kritik bezog sich auf den Erlass durch das Gesundheitsministerium auf Basis des Gesetzes über den Schutz der öffentlichen Gesundheit. Eine Einschränkung der persönlichen Freiheiten von solchem Ausmaß könne aber nicht durch ein einzelnes Ministerium getroffen werden, sondern muss auf Basis des Krisengesetzes erfolgen, das in Notstandszeiten gilt. Die Maßnahmen, wie Schließungen von Geschäften wurden inzwischen neu beschlossen. Bei Wegfall des Notstands wären sie aber am 1. Mai automatisch aufgehoben.
Die Regierung hatte einen Fahrplan zur schrittweisen Öffnung von Geschäften und Dienstleistungen vorgelegt. Der wurde zwar aufgrund der positiven Corona-Lage beschleunigt. Letzte Öffnungen wie Gastgewerbe, Theater, Schlösser und Burgen sind jedoch auch nach dem neuen Plan erst für den 25. Mai vorgesehen.
Eilige Novelle
Dafür will die Regierung nun die Kompetenzen des Gesundheitsministeriums durch eine Novelle des Gesundheitsschutzgesetzes stärken, um diese Maßnahmen erneut auch ohne Notstand beschließen zu können. Das Gesetz soll bereits am kommenden Monat in der Regierung verabschiedet werden.
Allerdings machte die Regierung klar, dass diese Novelle nicht nur wegen der noch fehlenden acht Tage verabschiedet wird. Auch nach dem 25. Mai wird es Einschränkungen geben, wie die Maskenpflicht, Grenzkontrollen und damit verbundene Restriktionen sowie das Verbot großer Veranstaltungen. Außerdem rüstet sich die Regierung für eine mögliche zweite Ansteckungswelle. „Dass wir bisher die Epidemie im Griff haben, ist die eine Sache. Aber durch die Lockerungen kann eine zweite Welle folgen und darauf müssen wir vorbereitet sein“, sagte Premierminister Andrej Babiš.
Nur zweistelliger Zuwachs
Indessen bleibt der Zuwachs bei Neuinfektionen mit dem Coronavirus schon seit einer Woche auf zweistelligem Niveau. Am Dienstag stieg er um 59 auf 7.504. Anfang des Monats war das Gesundheitsministerium noch von 10.000 Infizierten am Monatsende ausgegangen. Zu einer Verdopplung kommt es inzwischen nur noch alle vier Wochen. Die Zahl der Infizierten, die stationär behandelt werden müssen, liegt deutlich unter 400, so dass bereits die Zahl der für COVID-19-Patienten frei gehaltenen Intensivbetten reduziert werden konnte.
In Tschechien gibt es bei der Ausbreitung des Coronavirus große regionale Unterschiede. Am stärksten betroffen sind die Hauptstadt Prag und der Bezirk Karlsbad mit über 120 Infizierten auf 100.000 Einwohner. Der westböhmische Bezirk Pilsen liegt mit knapp über 100 Infizierten auf 100.000 Einwohner auf Rang vier. In den meisten Regionen liegt die Infektionsquote jedoch unter 60 Personen auf 100.000 Einwohner.