Geflüchtete aus der Ukraine am Prager Hauptbahnhof Anfang März 2022. Foto: ČTK/Šimánek Vít
Archivfoto: Geflüchtete aus der Ukraine am Prager Hauptbahnhof Anfang März 2022. Foto: ČTK/Šimánek Vít

Das Abgeordnetenhaus hat in zweiter Lesung über eine geplante Verschärfung der Asyl- und Migrationsregeln beraten. Ziel ist es, Verfahren zu beschleunigen, Missbrauch zu verhindern und die öffentliche Sicherheit zu erhöhen.

Tschechien steht vor einer tiefgreifenden Reform seines Asyl- und Migrationsrechts. Am 29. Mai wurde der Gesetzentwurf der Regierungskoalition in zweiter Lesung im Abgeordnetenhaus behandelt. Das Vorhaben sieht unter anderem eine schnellere Bearbeitung von Asylanträgen, eine stärkere Kontrolle des Aufenthaltsstatus sowie den eingeschränkten Zugang zu Sozialleistungen und dem Arbeitsmarkt für Asylsuchende vor.

Ein zentraler Punkt ist die geplante Möglichkeit für Polizei und Behörden, Mobiltelefondaten zur Überprüfung von Identitäten oder Aufenthaltsorten heranzuziehen. Auch verpflichtende medizinische Untersuchungen für Migranten sollen künftig möglich sein.

Pläne gehen Opposition nicht weit genug

Im Parlament wurden zahlreiche Änderungsanträge diskutiert. Die Regierungskoalition plant technische Präzisierungen – etwa zur Krankenversicherung minderjähriger Asylbewerber – und prüft eine Anpassung der Sonderregelungen für ukrainische Geflüchtete („Lex Ukraine“). Diese könnten es ermöglichen, Aufenthaltsgesuche abzulehnen, wenn Schutz bereits in einem anderen EU-Staat besteht.

Für die oppositionelle ANO um Ex-Premierminister Andrej Babiš gehen die Pläne nicht weit genug. Die Partei schlug vor, dass Ausländern bei dreifacher Begehung bestimmter Ordnungswidrigkeiten der Aufenthalt entzogen werden kann. Der ANO-Abgeordnete Robert Králíček bezeichnete die Pläne der Regierung gar als Betrug. „Dies ist keine Verschärfung, sondern eine Vertuschung der Tatsache, dass diese Regierung den Migrationspakt leise und getarnt umsetzen will“, sagte er in Bezug auf den EU-Migrationspakt. Die rechtsextreme SPD will Strafen für Schleuser drastisch erhöhen und Fluggesellschaften mit Geldbußen bis zu zehn Millionen Euro belegen, falls sie Menschen ohne gültige Papiere einfliegen lassen.

Reaktion auf den EU-Migrationspakt

Hintergrund der Gesetzesnovelle ist auch der neue EU-Migrationspakt, der die Mitgliedstaaten verpflichtet, Asylverfahren effizienter zu gestalten und Rückführungen konsequenter durchzusetzen. In Tschechien sollen künftig Entscheidungen anderer EU-Staaten über Ausweisungen automatisch anerkannt und Mehrfachanträge verhindert werden. Mit dem neuen Gesetz will die Regierung laut Innenminister Vít Rakušan (STAN) „eine Balance zwischen Solidarität und Verantwortung“ finden – angesichts wachsender Herausforderungen in der europäischen Migrationspolitik.

Die dritte und letzte Lesung des Gesetzentwurfs wird voraussichtlich in zwei Wochen stattfinden. Bis dahin können weitere Änderungsanträge eingebracht werden.

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