Donald Trump ist zurück – doch Europa hat seinen eigenen Donald. Polens Premier Donald Tusk fordert eine selbstbewusste EU, die sich militärisch und wirtschaftlich eigenständig behauptet. Die USA sollten Europa als Verbündeten brauchen und nicht umgekehrt, meint unser Autor Luboš Palata.
Es war eine der besten Reden, die ich in der dreißigjährigen politischen Karriere des heutigen dreifachen polnischen Premierministers und zweifachen „Präsidenten“ Europas, Donald Tusk, gehört habe. Diese Rede hielt er vor dem Europäischen Parlament in seiner neuen Rolle als Premierminister des Landes, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat.
Da sie in den Tagen gehalten wurde, in denen der wiedergewählte US-Präsident Donald Trump sein Amt antrat, musste sie zwangsläufig den neuen Präsidenten des größten Verbündeten Europas und auch unseres riesigen Handelspartners thematisieren. Aber es ging in seiner Rede nur sehr wenig, fast gar nicht um diesen zweiten Donald, Donald Trump.
Europa muss sich selbst verteidigen können
Denn laut Donald Tusk sei es nicht Europas Aufgabe, sich mit dem zu beschäftigen, was in den Vereinigten Staaten passiert, sondern mit dem, was in Europa getan werden muss. „Fragen wir nicht, was die Vereinigten Staaten für unsere Sicherheit tun können, sondern fragen wir uns, was wir selbst für unsere Sicherheit tun können“, forderte Europa Tusk auf. Und aus der Position Polens heraus, das heute fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung ausgibt, was im ganzen NATO-Bündnis am meisten ist, sogar mehr als die Vereinigten Staaten im Verhältnis zum BIP ausgeben, forderte er die Länder Europas auf, Polen nachzufolgen. „Wir tun dies nicht nur zur Verteidigung Polens, wir tun dies zur Verteidigung von uns allen“, sagte Tusk.
Er forderte auch, dass die Europäische Union hinsichtlich des Green Deals aufs Bremspedal tritt, in der EU wettbewerbsfähige Energiepreise sicherstellt und sich angesichts des größten Krieges an den europäischen Grenzen seit 1945 auf das Wesentliche konzentriert. Auf ihre eigene Sicherheit und Verteidigung. Das schließe auch die Verteidigung und den Schutz der europäischen Grenzen vor illegaler Migration ein, wobei Polen die Erfahrung gemacht habe, dass Russland Migranten als Mittel der hybriden Kriegsführung gegen Polen und den Westen insgesamt einsetzt. Laut Donald Tusk gebe es jedoch keinen Grund zur Kleinmütigkeit. Europa sei auch heute noch der beste Ort zum Leben in der Welt, wir sind größer und wirtschaftlich fast genauso stark wie die Vereinigten Staaten. „Europa war, ist und wird groß sein!“, sagte Tusk und wiederholte dies mehrmals in seiner Rede auch auf Englisch.
Amerika als Problem
Donald Trump hat schon in den ersten Tagen nach seinem Amtsantritt gezeigt, dass seine zweite Präsidentschaft eine noch wildere „Fahrt“ werden wird als die erste von 2017 bis 2021. Europa kann von Trump vieles erwarten, aber nicht, dass es in Washington einen Präsidenten hat, der Europa als Verbündeten, Freund und Partner betrachtet.
Europa, die Europäische Union, war und ist jetzt noch mehr für Trump, der nun nicht mehr durch den Widerstand des proeuropäischen Teils der Republikanischen Partei gebremst wird, den er nun vollständig beherrscht, ein Konkurrent und in mancher Hinsicht auch ein Gegner. Ein unangenehmes Gegenüber, das Amerika einen Spiegel vorhält. Einen Spiegel, aus dem Trumps Visionen als autoritär, unausgereift, egoistisch, destruktiv und zumindest unverantwortlich, wenn nicht sogar geradezu verhängnisvoll für die Zukunft der Welt hervorgehen.
Donald Trump hat schon zur Zeit des Brexits deutlich gemacht, dass sein Traum darin besteht, die Europäische Union wieder in kleine Nationalstaaten zu zerlegen. Den Austritt Großbritanniens aus der EU und die größtmögliche Zerrüttung der Verbindungen des Inselreichs zu Europa unterstützte er aktiv und lockte London sogar mit verschiedenen Versprechungen von Handelsvorteilen dazu an. Jetzt droht er der Europäischen Union mit hohen Einfuhrzöllen. Dabei liegt das Problem nicht darin, dass die Europäische Union zu viel in die USA exportiert, sondern dass die Vereinigten Staaten selbst zu wenig exportieren. Und das, obwohl die dortigen Unternehmen in den letzten Jahren einen enormen Vorteil durch niedrige Energiepreise haben, den die EU durch die Beendigung der Energiekooperation mit Russland aufgrund der russischen Aggression gegen die Ukraine verloren hat.
Der Druck Trumps auf eine Erhöhung der Verteidigungsbudgets der europäischen NATO-Staaten ist an sich richtig und berechtigt. Wobei dies jedoch nicht für die Vereinigten Staaten nur ein Vorwand sein darf, die eigenen Verpflichtungen in der NATO zu vernachlässigen oder gar die Allianz zu verlassen. Trumps seltsame Obsession mit dem dänischen Grönland, die sich allmählich von einer operettenhaften Absurdität zu einer amerikanisch-europäischen, internationalen Krise entwickelt – einer von mehreren Konflikten, die Trump bereits in den ersten Tagen ausgelöst hat, zeigt, dass man sich auf so ziemlich alles gefasst machen muss.
Was jedoch vor allem nötig ist, ist nicht nur auf Trump zu reagieren, sondern sich den eigenen europäischen Aufgaben zu widmen. Denn wenn Europa groß ist – so, wie es ist und sein sollte –, dann werden es am Ende die Vereinigten Staaten sein, die Europa als Verbündeten brauchen, und nicht umgekehrt. Und genau so sollte es sein.
Der Autor ist Europa-Redakteur der Tageszeitung Deník

Dieser Artikel erscheint in unserer Februar-Ausgabe am 13.02.2025. Gleich hier bestellen: https://landesecho.cz/kontodaten/pakete/