Die Tschechisch-Deutschen Kulturtage zwischen Dresden und Aussig zeigen im Oktober und November die Vielfalt der Kultur Tschechiens.
Es gibt kein besseres Bild als die Elbe, um das Verbindende der Nachbarschaft zwischen Tschechen und Deutschen zum Ausdruck zu bringen. Davon ließen sich die Organisatoren der Tschechisch-Deutschen Kulturtage leiten, als sie für die 27. Ausgabe in diesem Jahr das Motto „Strom“ wählten. Die Kulturtage starten am 30. Oktober und finden an 18 Tagen in Dresden, Aussig (Ústí nad Labem) und vielen Orten beiderseits der Grenze statt. Die Kulturtage werden von der Euroregion Elbe/Labe gemeinsam mit dem Kulturhaus Hraničář in Aussig organisiert. Sie bieten in diesem Jahr 64 Veranstaltungen auf sächsischer und 26 Veranstaltungen auf tschechischer Seite.
Nationalfluss Moldau
Vom 30. Oktober bis 16. November geht es in vielerlei Hinsicht um den Strom, der aus Tschechien nach Sachsen fließt. Gleich zwei literarische Abende stellen Bücher der tschechischen Autoren Luboš Palata und Jan Šícha über die Elbe vor. Allein das ist das Kommen wert. Huldigen in Tschechien eine Vielzahl von künstlerischen Werken dem Nationalfluss, der Moldau, wird die Elbe in Tschechien eher stiefmütterlich behandelt. Dem wollten beide Autoren abhelfen.
Außerdem gibt es eine Buchvorstellung zum Thema Bier, ein Strom, der in Tschechien nie versiegt. Autor des Buches mit dem schlichten Titel Gebrauchsanweisung für Bier ist Jaroslav Rudiš. Allerdings ist diese Veranstaltung schon ausverkauft.
Elektrisierendes Programm
Doch die Veranstalter wollen ihr Motto auch im übertragenen Sinn des Stroms verstanden wissen, der elektrisiert. Und das gilt gleich für die Eröffnung am 30. Oktober mit den preisgekrönten Ensembles Berg und 420PEOPLE. Berg ist das tschechische Orchester für zeitgenössische Musik schlechthin, das auf eine bereits 30-jährige Geschichte zurückblicken kann. Die Tanzkompanie 420PEOPLE hat ihren Namen von der Telefonvorwahl Tschechiens abgeleitet. Zeitgenössische Musik und Tanz treffen sich an dem Ort, der für beides steht – im Festspielhaus Hellerau.
Mit elektrisierender zeitgenössischer Musik enden auch die Kulturtage mit dem Auftritt der „Friedensstifter“ in der Trinitatiskirche am vorletzten Festivaltag am 15. November. Die Zusammenarbeit der Dresdner Sinfoniker mit der internationalen Theatergruppe „Das Thema/To téma“ schlägt als musikalisch-dokumentarische Performance einen Bogen vom Zweiten Weltkrieg bis in die heutige Zeit voller Spannungen.
Dazwischen liegen 18 Tage gut sortiertes Kulturprogramm mit vielen neuen tschechischen Filmen, Konzerten, Lesungen, Vorträgen, Ausstellungen, Ausflügen, Theatervorführungen und nicht zu vergessen, einem vielfältigen Kulturangebot für Kinder.
Kulinarische Schnittpunkte zwischen Deutschland und Tschechien
So ist Bier übrigens nicht das einzige Lebensmittel, mit denen sich die Tschechisch-Deutschen Kulturtage beschäftigen. So befasst sich ein Kulinarischer Workshop am 3. November in Dresden unter dem Titel Bemmen und chlebíčky mit kulinarischen „Schnittenpunkten“ zwischen Tschechien und Deutschland. Aufgrund der großen Nachfrage gibt es dafür am Nachmittag noch einen Zusatztermin. Außerdem findet am 8. November schon zum dritten Mal eine Jam-Session statt. Das ist kein improvisiertes Musizieren, sondern ein Marmeladenwettbewerb, der in diesem Jahr zur Abwechslung wieder in Pirna ausgetragen wird.
Zwar wird beim Marmeladenwettbewerb auch gesungen. Wer tschechische Musik erleben möchte, hat aber noch viele andere Möglichkeiten. Schon bekannt sind die Tschechisch-Deutschen Kulturtage für ihre ausgesuchten Jazzkonzerte. In diesem Jahr kommt es zu einem deutsch-tschechischen Gipfeltreffen, wenn im Dresdner Jazzclub Tonne mit dem Flötisten Jiří Štivín und dem Gitarristen Helmut „Joe“ Sachse zwei Giganten des europäischen Jazz gemeinsam musizieren. Beide sind inzwischen zusammen 159 Jahre alt. Um im Bild zu bleiben, ist das der Zusammenfluss von Moldau und Elbe, zwei Musikerleben mit reichlich Erfahrung.

Kohle, Männer und Rübezahl
Wie bei einem richtigen Fluss gibt es auch bei den Kulturtagen eine Vielzahl von Nebenflüssen, sprich anderen Themen. So geht es bei dem Festival auch um Kohle und Männer. Der Dichter Radek Fridrich aus Tetschen (Děčín) stellt am 14. November in der Dresdner Kreuzkirche seinen neuen Band „Aus der Kohle“ vor und spielt damit auf den Rohstoff an, der seine Heimat Nordböhmen im Besonderen geprägt hat.
Die in Berlin lebende tschechische Autorin Dora Kaprálová hat mit ihrem „Winterbuch der Liebe“ über Männer geschrieben bzw. über männliche Objekte. Sie ist am 5. November in der Bibliothek Südvorstadt zu Gast. Über einen bestimmten Mann haben Petra Laurin und Jan Šebelka Geschichten gesammelt. Sie stellen am 4. November in der Stadtbibliothek Pirna ihr Buch „Rübezahl, der Herr der Berge“ vor.
Rübezahl steht auch im Mittelpunkt der bemerkenswerten Aufführung der Oper Rübenzahl oder Die wahre Liebe des Dresdner Barockkomponisten Joseph Schuster. Das Dresdner Ensemble Opéra en Miniature hat das selten gespielte Werk neu arrangiert und bringt es am 2. November, 15 Uhr, in den Technischen Sammlungen mit historischen Instrumenten auf die Bühne. Bei der Aufführung agieren neben Chor, Musikern und Solisten übrigens Puppen, von feiner Hand geführt von Cornelia Fritzsche.
Das vollständige Programm findet sich auf www.tdkt.info.
Dieser beitrag erschien zuerst in der landesecho-ausgabe 10/2025
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