Bayerns Ministerpräsident Markus Söder wurde mit dem Europäischen Karls-Preis der Sudetendeutschen Landsmannschaft ausgezeichnet.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder wurde mit dem Europäischen Karls-Preis der Sudetendeutschen Landsmannschaft ausgezeichnet. Foto: Fabian Voth

Vom 6. bis 8. Juni fand in Regensburg der 75. Sudetendeutsche Tag statt – mittendrin unser Landesblogger Fabian, der seine ersten Tage beim LandesEcho gleich auf großer Fahrt verbrachte.

Ende April. Ich stecke bis zum Hals in meiner Bachelorarbeit, als mein Telefon klingelt. Eine tschechische Nummer. Am anderen Ende der Leitung: Lennard, Redakteur des LandesEcho. Ob ich Lust habe, am ersten Wochenende meines Praktikums direkt mit nach Regensburg zum 75. Sudetendeutschen Tag zu kommen? Die Entscheidung fällt schnell – ich bin dabei.

Freitagabend – Festlicher Auftakt

Kaum in Prag angekommen, sitze ich auch schon wieder im Auto Richtung Bayern. Regensburg begrüßt uns mit wechselhaftem Wetter: Sonne, Wind, plötzliche Regenschauer. Es fühlt sich eher an wie ein bescheidener Tag im April als Anfang Juni. Vor dem marinaforum Regensburg, dem Veranstaltungsort des ersten Abends, wehen die schwarz-roten Flaggen der Sudetendeutschen Landsmannschaft im Wind. 

Die Vorfreude liegt spürbar in der Luft. Der festliche Abend, der offizielle Auftakt des Wochenendes, steht bevor. Viele Gäste erscheinen in traditioneller Tracht – fein herausgeputzt und sichtlich stolz auf ihre Herkunft. Die Farben und Muster unterscheiden sich von Region zu Region. Es wirkt so, als ob jede Tracht ihre eigene Geschichte über kulturelle Identität und Zugehörigkeit erzähle. Für mich als Berliner ist das ein völlig neues Bild. Trachten kenne ich nur aus dem Fernsehen oder vom Oktoberfest. Das Programm zieht sich ein wenig, was wohl an den zahlreichen Reden und Danksagungen liegt. Musikalisch begleitet ein böhmisches Streichquartett den Abend mit feiner Klassik. Drei Stunden sitzen sie auf der Bühne, ununterbrochen, ohne Pause. Ich weiß nicht, ob ich das könnte.

Nach der Verleihung der Sudetendeutschen Kulturpreise wird es lockerer. Die Halle leert sich, Menschen strömen in die Vorhalle. Es gibt Wein, Bier und ein Buffet, das leider schon leer ist, als ich endlich ankomme. Es wird geplaudert, gelacht und diskutiert, ein schöner Ausklang des ersten Abends. 

Begegnungen am LandesEcho-Stand

Am Samstag und Sonntag finden die Programmpunkte in der Donau-Arena statt. Die Arena ist in drei Bereiche unterteilt: die Hauptveranstaltungshalle, das sogenannte Böhmische Dorf und die Aktionshalle. Unser LandesEcho-Stand befindet sich in letzterer, neben dem Stand der Landesversammlung. Schon kurz nach Öffnung füllt sich die Halle. Besucherinnen und Besucher bleiben stehen, stöbern in unseren Magazinen, stellen Fragen, erzählen Geschichten – oder testen ihr Wissen bei unserem Landesquiz, bei dem es ein Jahresabo zu gewinnen gibt. 

Ein Gespräch bleibt mir besonders im Gedächtnis. Ein älterer Herr erzählt, dass er das LandesEcho schon seit Jahren liest. Die letzten Ausgaben allerdings habe er noch nicht geschafft – er sei gerade erst mit seiner Frau vom Jakobsweg zurückgekehrt. Gemeinsam sind sie von Würzburg bis nach Santiago de Compostela gelaufen. Ich bin beeindruckt. Vielleicht auch, weil ich selbst darüber nachdenke, nach dem Praktikum ein Stück des Weges in Nordspanien zu gehen. Es fühlt sich wie ein kleines Zeichen an, wie ein kleiner Zuspruch, es wirklich zu tun.

Später kommt eine ältere Dame mit ihren zwei Töchtern an den Stand. Sie gehört zur Vertriebenengeneration, lebt heute in München. Ihre Töchter sind als Kinder öfter mit ihr nach Prag zu Verwandten gefahren – „und haben es gehasst“, erzählen sie lachend. Kalt sei es gewesen, grau, fremd. Ganz anders als bei mir. Meine Mutter ist in Ostberlin aufgewachsen und war öfters mit meinen Großeltern oder ihren Freundinnen in Prag, bis heute schwärmt sie noch davon.  

Der Samstag ist voll von solch kleinen Geschichten. Immer wieder kommen Menschen an unseren Stand, um einfach zu erzählen, woher sie kommen oder was sie mit dem Sudetendeutschen Tag verbindet.

Das LandesEcho ist auch auf dem 75. Sudetendeutschen Tag in Regensburg vertreten. Foto: Fabian Voth

Zwischen Liwanzen und Söder

Das Böhmische Dorf fungiert als kulinarische Insel zwischen den beiden Hallen. Dort gibt es alles, was das Herz und der Magen begehrt: Liwanzen, Böhmische Knacker, Zwetschgenknödel – und ja, auch Leberkässemmeln. Letztere enttäuschen mich ehrlich gesagt, aber das macht die Stimmung hier nicht weniger lebendig. 

Während ich meinen Kaffee auf einem der Bierbänke im Böhmischen Dorf schlürfe, ertönt aus der Veranstaltungshalle die tschechische Nationalhymne. Mikuláš Bek, der tschechische Bildungsminister, hält eine Rede. Kurz darauf wird es laut. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder wird mit dem  Europäischen Karls-Preis der Sudetendeutschen Landsmannschaft ausgezeichnet. Die Kameras blitzen,  das Publikum klatscht und feiert. Ich lausche seiner Rede, die etwa zwanzig Minuten dauert, als plötzlich eine Hymne angestimmt wird. So richtig einordnen kann ich nicht, was gerade vor sich geht, bis mir auffällt, dass es die Bayerische Hymne ist. Schon irgendwie außergewöhnlich, aber vermutlich kann ich mich da als Berliner einfach nicht reinversetzen. Ich glaube zu meinen, dass Berlin nicht mal eine Hymne hat.

Am Nachmittag wird die Stimmung ruhiger, die Gänge lichten sich und die ersten Besucher machen sich bereits auf dem Heimweg. Wir verteilen die letzten Hefte und drehen noch eine letzte Runde, ehe wir ins Auto Richtung Prag steigen.  Was nehme ich mit? Viele Eindrücke, unerwartete Gespräche, das Funkeln farbenfroher Trachten, unterschiedliche Lebensgeschichten und ein Gefühl davon, ein Teil des 75. Sudetendeutschen Tages in Regensburg gewesen zu sein.

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