Die tschechische und die deutsche Welt waren für unsere LandesBloggerin Natálie bislang immer getrennt. Jetzt, während ihres Praktikums in der Redaktion des LandesEcho, stoßen sie aufeinander.

Vielleicht fragen Sie sich nun, was daran so schwer ist. Um dies besser zu verstehen, müssen wir fünf Jahre zurückblicken. Während ich noch am Gymnasium war, hatte ich die Gelegenheit, für drei Monate in Deutschland zu leben. Für jemanden wie mich, aufgewachsen in der Tschechischen Republik, war es keine Selbstverständlichkeit, ins Ausland zu gehen. Doch dank eines Stipendiums konnte ich diese Chance ergreifen. 

Obwohl Tochter von Eltern, die im Schatten des Kommunismus aufgewachsen waren, war ich immer eher diejenige, die keine Angst hatte, sich der Welt zu öffnen. In der Schule hatte ich zunächst Englisch, mit vierzehn begann ich Deutsch zu lernen. Ich verstand die Grammatik, konnte mich aber definitiv nicht unterhalten. Genau das wollte ich ändern.

Eine persönliche Reise voller Entdeckungen und Wachstum

Der Sprung in diese neue Welt faszinierte mich und ließ mich in jeder neuen Situation einen Adrenalinstoß verspüren. Ich wohnte bei einer Gastfamilie in Hannover. Mein Alltag veränderte sich drastisch, ich genoss plötzlich mehr Freiheiten und erkundete die Stadt oft mit dem Fahrrad. Ich fing an, mit meiner Gastfamilie in die Kirche zu gehen und mich für meinen Glauben zu öffnen. Ich lernte dort einige wunderbare Menschen kennen. Mit im Gepäck zurück in Tschechien hatte ich unzählige neue Eindrücke und Erlebnisse. Und ich fand Deutsch unglaublich erfüllend!

Überall in Hannover mit dem Fahrrad unterwegs, September 2019. Foto: privat
Überall in Hannover mit dem Fahrrad unterwegs, September 2019. Foto: privat

Seit meiner Erfahrung reise ich zumindest regelmäßig nach Deutschland und bin stets auf der Suche nach Möglichkeiten, meine Verbindung zur deutschen Sprache zu vertiefen. Dies führte mich schließlich in die Redaktion des LandesEcho in Prag. Ich habe noch nie auf Deutsch in der Tschechischen Republik gearbeitet. Wie ich langsam merke, ist es eine große Herausforderung, sich in einer Fremdsprache schriftlich auszudrücken.

Auf der Grenze der Sprachen: ein ständiges Spiel mit Ausdruck und Identität

Es fühlt sich an, als würde mein Gehirn in jeder Sprache auf seine eigene Art und Weise arbeiten. Manchmal tut es genau das Gegenteil von dem, was ich erwarte. Deshalb spiele ich gelegentlich den Verstehenden, obwohl ich Zeit brauche, um wirklich zu begreifen, was gefordert ist. Zudem bin ich mir von manchen versteckten Bedeutungen in der Sprache nicht bewusst. So habe ich einmal ein Wort verwendet, das unbeabsichtigt ironisch wirkte. Wie peinlich! Ich war es gewohnt, dass in der Alltagssprache mehr Toleranz für Fehler herrscht. Doch plötzlich scheint das nicht mehr zu gelten.

Für gewöhnlich führt mich mein Weg nach der Arbeit direkt an die Universität. Dabei habe ich einen kurzen Moment Zeit, um vom Deutschen ins Tschechische zu wechseln – es fühlt sich fast wie ein Spiel an. In jeder Sprache schlüpfe ich in eine leicht modifizierte Version meiner selbst, begleitet von unterschiedlicher Gestik, Wortwahl und Akzentuierung. Trotz der Faszination für diesen sprachlichen Balanceakt steht fest, dass mein Lernprozess in vielen Aspekten noch lange nicht abgeschlossen ist.

Mutig sein und unkonventionelle Wege gehen

Kennen Sie dieses Gefühl, dass Sie durch eine Entscheidung Ihr Leben zwar komplizierter machen, aber sie dennoch richtig erscheint? Ich kann es spüren. Ich könnte dem Mainstream folgen und in die Redaktion eines tschechischen Mediums eintreten, auf Tschechisch schreiben, wie es viele tun. Doch ich wähle einen vermeintlich schwierigeren Weg, denn ich glaube fest daran, dass es sich lohnt. In meinem ersten etwas persönlichen Beitrag möchte ich dieser Überlegung Raum geben: Wir sollten keine Angst vor unseren Wünschen haben, auch wenn der Weg dorthin oft steinig ist.


Ahoj čtenáři! 
Ich heiße Naty, komme aus dem wünderschönen Říčany nahe Prag. Als Journalismus-Studentin an der Karls-Universität interessiere ich mich besonders für Politik und Themen, die die Gesellschaft bewegen. In meiner Freizeit jongliere ich wahrscheinlich zwischen Reisen, Büchern, Kinderlachen und Sport. Nach einem unvergesslichen Aufenthalt bei einer Gastfamilie in Hannover während meiner Gymnasialzeit liebe ich die deutsche Kultur und Sprache. Deshalb absolviere ich derzeit ein zweimonatiges Praktikum beim LandesEcho in Prag, um mehr über die deutsche Minderheit in Tschechien zu erfahren und um meine Sprachkenntnisse zu verbessern. Ich freue mich darauf, euch auf meiner journalistischen Reise mitzunehmen!

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