Das Coronavirus hat das Weltgeschehen weiterhin fest im Griff. Geschlossene Clubs, gesperrte Sportplätze und die geltenden Kontaktbeschränkungen machen die Freizeitgestaltung zu einer echten Herausforderung, will man nicht rund um die Uhr in den eigenen vier Wänden verweilen. Unser LandesBlogger berichtet in dieser Woche aus dem Homeoffice in Deutschland, wie er die Corona-Maßnahmen in seinem Heimatort wahrnimmt.
Ich muss zugeben, dass ich früher nie wirklich ein Fan davon war. „Das kann ich machen, wenn ich alt bin“, dachte ich mir. Und ohnehin kann man die Zeit doch viel effektiver für andere Dinge nutzen. Mittlerweile hat sich meine Sicht ein wenig geändert. In Zeiten von Corona bin ich auf eine Aktivität gestoßen, deren Durchführung so simpel wie genial ist. Als Hilfsgeräte sind dafür nur die eigenen Beine notwendig. Die Rede ist natürlich vom Spaziergang. Ja, Sie lesen richtig. Ich, 23 Jahre alt, habe in diesen außergewöhnlichen Zeiten das Spazierengehen für mich entdeckt. Wie es früher immer im TV bei Peter Lustigs „Löwenzahn“ hieß: „Klingt komisch, is‘ aber so!“
Den Kopf frei bekommen
Wenn man einen Großteil des Tages mit der Arbeit im heimischen Zimmer verbringt, ist zum Feierabend ohnehin jede Form der Abwechslung willkommen. So gehe ich in den letzten Wochen immer gegen Abend nochmal an die frische Luft, um mir die Beine zu vertreten. Ich ziehe meine bequemen Schuhe an, stecke mir die Kopfhörer in die Ohren und stelle meine Lieblingsmusik auf dem Smartphone an. So kann ich für ein bis zwei Stunden abschalten und auch einmal über Dinge philosophieren, die sonst nicht so viel Platz in meinen Gedankengängen finden.
Meine Heimatstadt Staßfurt liegt im Herzen des Bundeslandes Sachsen-Anhalt, ungefähr 30 Kilometer südlich von der Landeshauptstadt Magdeburg gelegen. Bis nach Leipzig im Südosten braucht man mit dem Auto ungefähr eine Stunde. Zählt man alle Ortsteile zusammen, leben hier circa 30.000 Menschen. Gewiss keine große Metropole, aber auch kein kleines Dorf. So fällt es schon auf, dass zurzeit deutlich weniger Leute auf den Geh- und Fußwegen unterwegs sind, als es noch vor zwei Monaten der Fall war.
Fußballfeld verwaist – Spielplatz gesperrt
Mein Weg führt mich an den verschiedenen Orten meiner Heimatstadt vorbei. Am Stadion, wo sich sonst um diese Zeit immer die Mannschaften des örtlichen Vereins zum Training tummeln, lädt eine tadellos gepflegte Grünfläche zum Kicken ein. Auch ich verspüre in diesem Moment ein Kribbeln in meinen Füßen. Was würde ich dafür geben, mir jetzt die Fußballschuhe anziehen und ein paar Bälle auf das Tor schießen zu können. Am Eingang prangt ein nicht zu übersehender Aushang, der auf die Schließung der Anlage hinweist.
Auch am nahegelegenen Spielplatz bietet sich mir ein verlassenes Bild aus Absperrbändern und Verbotsschildern. Nun bin ich ja in einem Alter, in dem der Besuch von Rutsche, Schaukel & Co. nicht mehr unbedingt zum täglichen Ablauf gehört. Jedoch kann auch ich nachvollziehen, wie schwierig es gerade für die Kleinen ist, zu verstehen, dass der sonst so normale Alltag aktuell nicht möglich ist.
Die Frage nach dem Exit
Laut einer Umfrage des Forschungsinstituts YouGov hält die Mehrheit der Deutschen die Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen für angemessen. So sprechen sich 79 Prozent der Befragten gegen eine vorschnelle Lockerung der Maßnahmen aus. So wurde laut „Google Trends“ in der vergangenen Woche am meisten zu den Themen wie „Was ist Ostern erlaubt?“ und „Darf ich an Ostern meine Eltern besuchen?“ recherchiert. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr interessierten sich die meisten Nutzer noch für die Fragen nach der Freizeitgestaltung in Berlin oder dem Essen an den Feiertagen. „Wir können uns sehr, sehr schnell das zerstören, was wir jetzt erreicht haben“, mahnte Bundeskanzlerin Angela Merkel vor Ostern noch einmal zur Einhaltung der bestehenden Regelungen an.
Aus Gesellschaft und Wirtschaft werden jedoch auch zunehmend Stimmen laut, die zumindest einen Plan fordern, wie der Exit aus dem „Lockdown“ vonstattengehen soll. Darüber wollen in dieser Woche die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer beraten. Jetzt ist ein kluges, schrittweises Vorgehen gefragt. In welchen Bevölkerungsgruppen können Regeln wieder teilweise aufgehoben werden, wo müssen sie bestehen bleiben? Laut der Meinung von Experten könnte der Weg zurück in einen geordneten Alltag mit einer Maskenpflicht in öffentlichen Räumen einhergehen, wie es sie beispielsweise bereits in Tschechien und Österreich gibt. Mit all diesen Themen und Fragestellungen wird sich die Politik in der nahen Zukunft beschäftigen müssen. Ich breche derweil zu meinem nächsten Spaziergang auf. Allein und mit Mindestabstand, versteht sich.