An einem Wintersonntag wagte unser Landesblogger Tim einen Ausflug in die Mauern der Prager Burg. Dabei stieß er auf Legenden rund um die Wenzelskrone, Schlüsselmomente der mitteleuropäischen Geschichte und – natürlich – auf Franz Kafka.
Grundsätzlich ist das Burggelände frei betretbar, für einzelne Sehenswürdigkeiten braucht man jedoch Tickets. Diese kann man vorab online erwerben. Ermäßigte Tickets kosten 300 Tschechische Kronen (12 Euro). Reguläre Tickets kosten 450 Tschechische Kronen (18 Euro). Dafür kann man den Veitsdom (Katedrála sv. Víta), den Alten Königspalast (Starý královský palác), die Basilika St. Georg (Bazilika svatého Jiří) und das Goldene Gässchen (Zlatá ulička u Daliborky) besichtigen.
Kafkas Allgegenwart
Zuerst machte ich mich, von Osten aus kommend, auf den Weg in das Goldene Gässchen. Meine Aufmerksamkeit richtete sich auf die farbigen Fassaden. Denn anders als der Name es vermuten lässt, war es weniger gold als vielmehr pastellfarben. Ein Haus, in dem Kafka für eine Zeit gewohnt haben soll, erkannte ich direkt an der Inschrift “Zde žil Franz Kafka” (dt. Hier lebte Franz Kafka). Nach meinen Monaten beim LandesEcho bin ich mittlerweile überzeugt, dass es unmöglich ist, einen bekannten Platz in Prag ohne Kafka-Bezug zu finden.
Mein Highlight des Goldenen Gässchens fand ich am Ende, als man ein kleines Häuschen betreten konnte, in dem alte Filme gelagert wurden. Der Filmhistoriker und Sammler Josef Kazda versteckte während der deutschen Besatzung hier Filme, die eine freie Tschechoslowakei zeigten. Die Nazis wollten diese Filme liquidieren, Kazda wurde von der Gestapo verhaftet und 1942 in Plötzensee hingerichtet. Am Ausgang ging es dann noch in die Daliborka, den ehemaligen Gefängnisturm der Burg. Neben einer kleinen Aussichtsplattform mit Blick auf Prag kann man hier auch einen Folterkeller besuchen.
Das 10. Jahrhundert ruft
An der Basilika St. Georg war ich beeindruckt vom schieren Alter des Gebäudes. 921 erbaut, erstrahlt das Innenleben im romanischen Baustil. Eine Skulptur am Rande fiel mir ins Auge, da sie von einem sudetendeutschen Künstler geschaffen wurde. Die Inschrift lautete “Christus aus dem Baumstamm“ von Otto Herbert Hajek, geboren 1927 in Kaltenbach (Nové Hutě). Sein Leben verbrachte er ab 1947 in Stuttgart, wo er 2005 starb. Dies machte mir einmal mehr bewusst, wie sehr die deutsche und tschechische Geschichte miteinander verwurzelt sind.
Der Zweite Prager Fenstersturz
Ich war beeindruckt, als ich in einem Hinterzimmer des Alten Königspalasts aus dem Fenster schaute. Warum? Hier warfen 1618 Vertreter der protestantischen Stände die königlichen Statthalter Jaroslaw Borsita Graf von Martinitz, Wilhelm Slavater von Chlum und Koschumberg sowie Kanzleisekretär Philipp Fabricius aus dem Fenster und lösten somit den Dreißigjährigen Krieg aus. Zwar überlebten alle drei den Sturz aus 16 Metern,dennoch war ein Krieg unvermeidlich. Ich betrachtete die Weite der Stadt und dachte darüber nach, wie ein solches Geschehen heute, mehr als 400 Jahre später, gesehen werden würde.
Der Fluch der Wenzelskrone
Zum Abschluss meiner Tour besuchte ich den Veitsdom, eines der beeindruckendsten Gebäude, in das ich jemals einen Fuß setzte. Die Decken schienen hier endlos hoch und die Hallen endlos lang. Hierbei interessierte mich besonders die jüngere Geschichte. So hörte ich bei einer neben mir stattfindenden Führung zu. Der Tourguide erzählte, dass der stellvertretende Reichsprotektor Reinhard Heydrich während der nationalsozialistischen Besetzung sich die Wenzelskrone aufgesetzt haben soll und aufgrund eines Fluches (nur der rechtmäßige böhmische König darf die Krone tragen) eines schmerzhaften Todes starb. Natürlich ist das nur eine Legende und nicht bewiesen. Hier endete meine Tour durch die Prager Burg. Zum Abschluss machte ich noch ein Foto vor dem Eingang zur Kanzlei des Präsidenten und machte mich auf zu Kaffee und Kuchen.
Liebe Leserinnen und Leser, ich bin Tim Dantes und absolviere diesen Herbst ein dreimonatiges Praktikum beim LandesEcho. Die Praktikumsstelle hat mich besonders angesprochen, da ich durch meine Familiengeschichte eine Verbindung nach Tschechien (Böhmerwald) habe. Für mich bedeutet dieses Praktikum vor allem die Erkundung eines völlig neuen Arbeitsbereichs, da ich bisher nur im Bereich Integration in der öffentlichen Verwaltung meinen Bundesfreiwilligendienst absolviert habe. Zurzeit studiere ich im Bachelor Politik, Verwaltung und Organisation an der Uni Potsdam. Ich hoffe, durch mein Studium und meine Interessen Themen aufzugreifen, die die deutsch-tschechische Verbindung widerspiegeln. Meinen Fokus möchte ich dabei besonders auf politische Themen legen, da dies mein Studienschwerpunkt ist. Außerdem freue ich mich darauf, hier im LandesBlog meine Eindrücke von dieser für mich neuen und spannenden Stadt im Herbst und Frühwinter zu teilen.