Čauky mňauky, allerseits! Fallen Sie jetzt bitte nicht vom Stuhl – und wenn Sie stehen, setzen Sie sich bitte besser! Sie ist zurück! 16 Jahre war sie da, ich hatte sie dennoch schon vergessen. Aber nun ist sie wieder da. Zwar nicht in Deutschland im Kanzleramt, aber in meiner Wohnung in Prag: Frau Merkel.
Ende Mai ist sie bei mir eingezogen. Einfach so. Ich bin jeden Tag neu völlig fassungslos. Ihre Hoheit, Frau Merkel, in meinen vier Wänden und überdies auch noch in meinem Garten. Unglaublich! Ohne jede Ankündigung schlug sie bei mir auf und seither macht „Mutti Merkel“ das Treiben bei mir verrückt.
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Ja gut, na ja, bei Mutti Merkel handelt es sich nicht um die ehemalige Bundeskanzlerin aus meinem hübschen Nachbarstaat Deutschland. Die richtige Frau Merkel hatte zwar immer eine positive Einstellung zu Prag und zu den Tschechen. Aber sie verbringt jetzt die meiste Zeit in Berlin, wo sie noch ein Büro hat, und von wo aus sie ab und zu mal von sich hören lässt. Sie hat nach ihrer Überzeugung in 16 Jahren Kanzlerin mehr oder weniger alles richtig gemacht. Na klar, wer gibt schon gern zu, dass ihm Fehler unterlaufen sind. Ich beispielsweise lehne jede Fehlerdiskussion strikt ab. Und von der richtigen Frau Merkel wird man wohl auch nie nur hören, dass sie sich am Wochenende in der Uckermark bei der Zubereitung ihrer geliebten Kartoffelsuppe mal vertan hat. Oder dass die Ente noch etwas mehr Kümmel vertragen hätte.
Mutti Merkel ist meine eigene Katzenmutti. Sie hat mich im fortgeschrittenen Alter von elf Jahren geboren. Eigentlich heißt sie richtig Kuki. Aber mein Butler, der Herr Schmidt, hat ihr sofort den Namen Frau Merkel gegeben. Kuki ähnelt nämlich im Wesen wie im Aussehen Frau Merkel. Wobei mein Butler einschränkend zugibt, dass unsere Frau Merkel ein durchgehendes Fell trägt, keine Hosenanzüge. Das kann ich bestätigen. Frau Merkel trägt am liebsten graue britische Klamotten aus Kurzhaar. Eigentlich sogar ständig.
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Aber zum Wesentlichen, dem Wesen von Frau Merkel: Die unsrige zeichnet sich durch ein außerordentlich hohes Selbstbewusstsein aus. Als sie – im Ergebnis einer Familienzusammenführung der Zweibeiner – bei uns aufschlug, machte sie sogleich klar, dass sie die alleinige Chefin zu sein gedenke. Wann immer wir uns in der Wohnung oder im Garten trafen, suchte sie mich wegzubeißen, wie einst die deutsche Kanzlerin aufkommende, vor allem männliche Konkurrenz. Sie fauchte mich im Stile einer alteingesessenen Kanzlerin böse an und hob sogleich eine Tatze zum Schlag gegen mich.
OK, OK, dass sie mich einst geboren hat, wird sie wohl nicht mehr wissen. Aber das ist ja noch lange kein Grund, sich mir gegenüber wie eine Furie aufzuführen. Ich habe es immer wieder mit freundlichen Annäherungsversuchen probiert, mir aber stets eine deutliche Abfuhr eingehandelt. Jetzt rächt sich für mich, dass mich mein Butler, der Herr Schmidt, zu einem ordentlichen Kater erzogen hat, der sich in solchen gefährlichen Situationen lieber zurückzieht. Es wäre mit Sicherheit besser, wenn ich ihrer Hoheit mal deutlich machen würde, wo in meinem Haushalt der Hammer hängt, wer also bei mir das Sagen hat. Aber mein Butler hat meinen Charakter völlig versaut. Ich bin zu gut für diese Welt, die ich eigentlich – wie Sie wissen – beherrsche. Bisher habe ich mir ausschließlich etwas von meinem Butler sagen lassen – aus übertriebener Dankbarkeit meinerseits, weil er mir schon in meiner frühen Rabaukenzeit den Job beim LandesEcho besorgt hat, der mich bis heute recht und schlecht ernährt.
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Was tun? Ich habe mir in Absprache mit meinem Butler, dem Herrn Schmidt, erst einmal sehr viel Geduld auferlegt. Ein bisschen setze ich auch auf meine mir wohl gesonnene Ampel-Koalition aus befreundeten Katzen aus der Nachbarschaft, die sich bei mir regelmäßig die Bäuche vollschlagen. Der Boss von denen hat auch schon einmal zurückgefaucht, als Frau Merkel meinte, alles Futter in meinem Reich gehöre ihr allein. Da hat sie ganz schön überrascht geguckt. Ich werde Sie in jedem Fall auf dem Laufenden halten, wie das zwischen der Altkanzlerin und mir weitergeht. Aufgeben und von meinem Chefposten zurücktreten ist für mich jedenfalls keine Devise. Čauky mňauky!
🐾🐾 Schmidts Kater Lojsl und sein Butler Hans-Jörg Schmidt 🐾🐾