Unsere Landesbloggerin Kseniia besuchte am Wochenende die kostenlose Ausstellung „Fragilités“ im Rudolfinum, die sich mit der Zerbrechlichkeit all dessen befasst, was uns umgibt.
Erstaunlich, wie wichtig das Thema Fragilität heute ist. Die Zerbrechlichkeit in allem, von der Berührung eines Menschen bis zu einem kleinen Insekt im hohen Gras. Wir sind so oft unhöflich und respektlos gegenüber jemandem, der kleiner, jünger oder schwächer ist als wir. Wir denken oft nicht an die Folgen dieser zerbrechlichen Welt, die wir zurücklassen werden. Und nach der Ausstellung habe ich mich gefragt, ob es diese Welt überhaupt noch geben wird, wenn wir weiterhin so unachtsam mit der Welt um uns herum umgehen.
In letzter Zeit ist Fragilität zu einem Konzept geworden, durch das sowohl menschliche als auch Umweltbedingungen neu überdacht werden können. Die Ausstellung „Fragilités“ zeigt kurze Filme, Bilder, Skulpturen und Installationen, die sich tiefergehend mit „Zerbrechlichkeiten“ befassen.
Schon beim Betreten des ersten Raumes fällt einem der „Regen“ ins Auge. Tausende Filmbänder hängen von der Decke herab und flattern im Saal des Rudolfinums, es fühlt sich an, als wäre es echt. Man scheint eins mit der Natur zu sein und genießt diesen angenehmen Moment.
Ein zerbrechlicher Grashüpfer versteckt sich im Film von Francis Alÿs, der in der Ausstellung gezeigt wird, im hohen Gras. Foto: Kseniia Pulargina
Die Autoren der Ausstellung behandeln das Thema Fragilität vor allem aus der Perspektive der Umwelt. In dem zentralen Saal sticht ein Film über einen Grashüpfer ins Auge, mit dem Kinder gnadenlos auf der Straße spielen. Er ist so zerbrechlich, und die Kinder im Video entscheiden sich dafür, ihn anstelle eines Balls zu verwenden. Sofort stoppt das Herz, und man versteht, wie wichtig es ist, mit den allerkleinsten Kreaturen vorsichtig umzugehen.
Ein weiterer sehr interessanter Film namens „Sibyl“ von William Kentridge wollte zu einem gewissen Umdenken anregen. Der Film wurde in Form eines Buches mit umblätternden Seiten gemacht, wobei die Hauptidee darin bestand, den gegenwärtigen Moment zu genießen und zu schätzen und darüber nachzudenken, was nach uns bleiben wird. Besonders fiel mir ein Zitat des Autors dieses Films, William Kentridge, auf: „Deine Tage werden zu Jahren. Deine Jahre werden zu Orten. Aber kein Ort wird der Zerstörung widerstehen.“
Auf Stoffleinwänden sah ich dann den ökologischen Fußabdruck eines Menschen, der sich in schmutzigen Stellen ausdrückte. Dadurch wurde für mich besonders deutlich, wie wichtig es ist, unsere Umwelt zu schützen.
Die Stoffleinwände von Vivian Suter. Foto: Kseniia Pulargina
Die Schnecke am Bogen aus dem Film von Anri Sala. Foto: Kseniia Pulargina
Auch die Schnecken am Bogen eines Cellos berührten mich. Im Film von Anri Sala sind sie die Hauptfiguren, aber wieder wirken sie so zerbrechlich und hilflos. Die winzigen, fragilen Schnecken ließen mich auch nachdenken, wie zerbrechlich die Natur ist und wie man sich um sie kümmern muss.
Die fragile Frau. Foto: Kseniia Pulargina
Der letzte, aber ein durchaus wichtiger Teil der Ausstellung behandelte die Zerbrechlichkeit des Menschen und seine Gefühle. So stellten die Autoren zum Beispiel eine zerbrechliche Frau vor. Ich stellte mir vor, dass sie gerade erschöpft von der Arbeit nach Hause gekommen ist. Sie schien so zart und zerbrechlich, dass ich Mitleid mit ihr hatte und mich um sie kümmern wollte.
Aber das denkwürdigste Objekt der Ausstellung war für mich ein einsames Mädchen mit einem abgetrennten Arm. Wie mir in diesem Moment das Herz sank! Und eine Frage tauchte in meinem Kopf auf: Wer braucht die Hilfe von Erwachsenen nicht mehr als Kinder?
Das Mädchen mit dem abgerissenen Arm. Foto: Kseniia Pulargina
Die Ausstellung „Fragilités“ hatte mich beeindruckt. Der Besuch war eine willkommene Pause vom Alltag und regte mich zum Nachdenken über Dinge an, die mir vorher noch gar nicht in den Sinn gekommen waren. Die Ausstellung ist noch bis zum 29. Januar geöffnet. Genießen Sie die Zerbrechlichkeit!
Mehr Informationen über die Ausstellung gibt es hier: https://www.galerierudolfinum.cz/en/exhibitions/current-exhibitions/fragilites/
Hallo, liebe Leserinnen und Leser,
ich heiße Kseniia Pulargina und genieße meinen zweiten Aufenthalt in der Tschechischen Republik. Ich finde dieses Land so spannend und attraktiv und ich wollte schon immer hier wohnen, um mich in die tschechische Atmosphäre einzufühlen. Nun habe ich diese Möglichkeit erhalten, da ich im Rahmen meines Studiums der Osteuropastudien an der Universität Hamburg ein Pflichtpraktikum beim LandesEcho in Prag absolviere. Ursprünglich stamme ich aus der russischen Stadt Samara an der Wolga.
Ich bin sehr aufgeregt wegen dieser Praktikumsstelle und ich freue mich, neue Erfahrungen zu sammeln, Informationen zu recherchieren und meine Ideen mit Ihnen zu teilen. Das ist eine gute Chance, die tschechische Kultur und die deutsche Minderheit kennenzulernen.