Mit 430 Kilometern ist sie Tschechiens längster Fluss: Die Moldau. Auch durch Prag zieht sich ihr Weg in Richtung Elbmündung. Ein Fakt, dem die Stadt nicht nur wirtschaftlich viel zu verdanken hat. Doch warum dennoch kaum ein Tscheche etwas mit der „Moldau“ anfangen kann, erklärt Landesblogger Hendrik.
Es ist wohl eine der romantischsten Paarattraktionen Prags. Zumindest im Sommer. Gemütlich mit einem Tretboot über die Moldau schippern und dabei den etwas anderen Blick auf die Stadt genießen. Einziges Problem für manche Touristen: Den Ankersteg mit den entsprechenden Booten zu finden. Wenn man den Tschechen hier aber nach dem Weg zur „Moldau“ fragt, muss man nicht unbedingt Hilfe bekommen.
Der Rhein, der Fluss, der Deutschland am längsten durchfließt, heißt in allen Anrainerstaaten ähnlich. So nennt man ihn im Französischen „Rhin“, auf Niederländisch heißt er „Rijn“ und im Schweizerdeutschen spricht man vom „Rhy“. Alle Bezeichnungen eint die ähnlich klingende Aussprache. Bei der Moldau ist das anders.
Verschiedene Sprachflüsse
Als die Slawen im 6. Jahrhundert ins Gebiet des heutigen Tschechiens strömten und dort die germanische Vorherrschaft beendeten, übernahmen sie einige sprachliche und kulturelle Gebräuchlichkeiten ihrer Vorgänger. So sprachen viele germanische Stämme vom wilden, heftigen Wasser der Moldau, vom Wilth-ahwa. Im Slawischen wurde daraus „Vltava“.
Ganz so wild ist das Wasser der Moldau nicht mehr, was heute durch Prags Innenstadt fließt. Eigens installierte Wellenbrecher beruhigen den Strom so, dass Paddelboote und Kanus entspannt auf ihm treiben können. Hilfreich hierfür ist sicher auch der Fakt, dass die Moldau in Tschechiens Hauptstadt durchschnittlich nur etwa 2,75 Meter tief ist.
Moldau als Garant für erfolgreichen Handel
Viele im Mittelalter entstandene Städte formten sich einst um einen größeren Strom oder Fluss. Warum ist auch schnell erklärt. Die damaligen Handelswege beschränkten sich vor allem auf Flüsse und Meere, was nicht zuletzt die Erfolgsgeschichte der Hanse in dieser Zeit verdeutlicht.
Doch die wirtschaftsstarken europäischen Städte dieser Zeit zeichnete noch etwas anderes aus. Die Städte Erfurt oder Frankfurt tragen sie sogar im Stadtnamen, die sogenannte Furt. Eine Flussstelle, an der die Tiefe so gering ist, dass man durch den Strom hindurchlaufen oder mit Pferdewagen hindurchfahren konnte. Auch Prag hatte damals eine solche Furt, welche beide Seiten der noch jungen Stadt miteinander verband. Sie führte über die Insel Štvanice. Heute verbinden hier drei Brücken die beiden Moldauufer.
Wäre der Prager Stadtname also althochdeutscher Herkunft, würde er ziemlich sicher auf „furt“ enden. Doch die Slawen waren es, die Prag den Namen „Praha“ gaben. Vermutlich aufgrund der hohen Schwellen und Balken (tschechisch práh), die im städtischen Flussbett zur Begradigung der Moldau eingesetzt wurden.
Warum jetzt Moldau?
Die Entstehung des deutschen Namens für den Fluss geht auf den ersten deutsch-tschechischen Sprachkontakt im 11. Jahrhundert zurück. Der Name wurde aus der tschechischen Sprache abgeleitet und lautete erst Moltaua und später Moldau. Genauere Informationen sind hier leider nicht überliefert.
Dass der Fluss europaweit größere Bekanntheit erlangte, liegt nicht zuletzt auch an Bedřich Smetanas gleichnamigem Teil des Opernwerks „Mein Vaterland“ („má vlast“). Das Stück entstand 1874 und wurde im Tschechischen unter dem Namen Vltava, in Europa als Moldau veröffentlicht. Das Werk zeichnet den Fluss der Moldau musikalisch nach. Aufgrund der Themen und Melodien erlangte Smetanas Werk vor allem im deutschsprachigen Raum enorme Beliebtheit.
Jak se dostanu k Vltavě?
Als kleiner Tipp also, falls Sie sich das nächste Mal in Prag verirren sollten und jemanden fragen wollen, wo es zur Moldau lang geht, probieren Sie es doch mal mit „Jak se dostanu k Vltavě“. Nur sollten sie im Vornherein die Aussprache üben.
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