Egon Erwin Kisch war der "rasende Reporter". An seiner Ruhestätte auf dem Friedhof von Vinohrady zeigt ihn seine Figur mit Zigarette im Mund. Foto: Detmar Doering

Als Ende des 19. Jahrhunderts in den ehemaligen königlichen Weinbergen der heutige Stadtteil Vinohrady angelegt wurde (der erst 1922 Teil von Prag wurde), waren die Stadtväter sehr an einer modernen und großzügig gestalteten Infrastruktur interessiert. Dazu gehörte natürlich auch ein großer und ausbaufähiger Friedhof.

Im Jahre 1885 begann man damit, den Friedhof Vinohrady (Vinohradský hřbitov) anzulegen. Er gehört zu den größeren der rund 90 Friedhöfe im heutigen Prager Stadtgebiet und liegt nur einen kurzen Fußweg vom großen zentralen Friedhof Prags entfernt, den Olšany Friedhöfen (Olšanské hřbitovy). Weitsichtig hat man damals neben dem Friedhof unbebautes Land bestehen lassen, so dass der Friedhof 1912 und dann noch einmal 1922 erweitert werden konnte.

Der Friedhof von Vinohrady ist einer der etwa 90 größeren im heutigen Prager Stadtgebiet. Foto: Detmar Doering

Friedhof im Jugendstil

Der ursprüngliche (und größte) Teil lädt durch seinen wunderschönen Baumbewuchs und die Schönheit und künstlerische Vielfalt der Gräber zum Spazieren ein. Neben vielen neogotischen, aber auch moderneren kubistischen Grabsteinen findet man vor allem imposante Grabmäler in einem symbolistisch aufgeladenen Jugendstil. Die überlebensgroße Grabstatue auf dem Bild unten, mit der mystischen Gestalt, die Tod und Erotik miteinander zu verbinden scheint, zieht den Betrachter in ihren Bann durch ihre erschütternde Rätselhaftigkeit. Ein bemerkenswertes Kunstwerk.

Das Zentrum des Friedhofs ist die große Kapelle des Heiligen Wenzel (Kaple svatého Václava). Der Architekt Antonín Turek, der sie 1897 fertigstellte, war ein Spezialist für Neorenaissance-Architektur, der in Vinohrady zahlreiche öffentliche Gebäude in diesem Stil erbaut hatte. Hier schuf er jedoch ein sehr authentisches Werk der Neogotik.

Die überlebensgroße Grabstatue scheint Tod und Erotik auf rätselhafte Weise zu verbinden. Foto: Detmar Doering

Ruhestätte des „rasenden Reporters“

Etliche berühmte Persönlichkeiten sind auf dem Friedhof von Vinohrady beerdigt, darunter der erste demokratische Präsident des Landes nach dem Ende des Kommunismus, der Schriftsteller und Dramaturg Václav Havel. Oder der Komponist Julius Fučík, dem die Welt den wundervollen Marsch Einzug der Gladiatoren verdankt. Direkt beim Eingang begrüßt einen der Journalist und „rasende Reporter“ Egon Erwin Kisch. Nach heutigen Maßstäben kommt er eher politisch inkorrekt daher, hat er doch keck eine Zigarette im Mundwinkel stecken.


Ahoj aus PragAhoj aus Prag! Seit September 2016 leben wir berufsbedingt in Prag. Wir – eigentlich Rheinländer – haben sie schon voll in unser Herz geschlossen, diese Stadt! Deshalb dieser Blog, in dem wir Fotos und Kurzberichte über das posten, was diese Stadt so zu bieten hat und was wir so erleben. Wir, das sind:

Lieselotte Stockhausen-Doering und Detmar Doering

… und unser Hund Lady Edith! Wer sich in Prag einmal umschauen möchte, wird auf diesem Blog nach einiger Zeit sicher Interessantes finden, was nicht jeder zu sehen bekommt, der die Stadt besucht. Viel Spaß beim Lesen!

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