Seit Freitagmorgen um 11 Uhr hat die Tschechische Republik eine neue Regierung. Auf die Fünf-Parteien-Koalition um Petr Fiala kommen arbeitsintensive erste Wochen zu.

Um 11 Uhr vereidigte Präsident Zeman das Kabinett Petr Fiala (ODS) auf Schloss Lány. Die neuen Regierungsmitglieder der Tschechischen Republik unterzeichneten ihre Ernennungsurkunden und lösten damit zwei Monate nach der Wahl die bisherige Regierung aus ANO und Sozialdemokraten ab. „Am einfachsten wäre es, Ihnen nur Erfolg zu wünschen, aber das wäre nicht allzu konkret. Deshalb möchte ich Ihnen wünschen, dass Sie etwas Sinnvolles hinterlassen. Das klingt zwar selbstverständlich, aber selbstverständlich ist das nicht“, sagte Zeman.

Die Bündnisparteien der konservativen Vereinigung SPOLU stellen 11 Regierungsmitglieder, Piraten und die Bürgermeisterpartei (STAN) ziehen mit sieben Mitgliedern in die Regierung ein. Somit besteht die aktuelle Regierung Tschechiens aus fünf Koalitionsparteien. Mitte Januar will das Kabinett schließlich das Parlament um sein Vertrauen bitten. Bis zu diesem Zeitpunkt möchte die Koalition ihr Regierungsprogramm fertigstellen.

Hinauszögern bei der Beauftragung zur Regierungsbildung

Damit hat sich in der Tschechischen Republik ein großer demokratischer Akt vollzogen, ein friedlicher Regierungswechsel. Der Weg dorthin gestaltete sich allerdings holprig. Wiederholt kam es zu Unklarheiten seitens Präsident Zeman. Vor der Wahl hatte das Staatsoberhaupt angekündigt, denjenigen mit der Regierungsbildung zu beauftragen, der die stärkste Partei stellt, und nicht das stärkste Bündnis. Dies wäre somit die Partei ANO des bisherigen Premierministers Andrej Babiš gewesen. Dem fehlte es allerdings an Koalitionspartnern, die Mehrheit der Sitze errang das konservative Bündnis SPOLU und das liberale Bündnis aus Piraten und der Bürgermeisterpartei STAN. Diese hatten sich noch am Wahlabend darauf geeinigt, miteinander zu koalieren und keine anderen Parteien als Regierungspartner in Betracht zu ziehen. Die Ausgangslage schien also klar. Zu diesem Zeitpunkt wurde Zeman allerdings ins Krankenhaus eingeliefert und lag auf der Intensivstation. Auf Grund seiner vorherigen Aussagen war vielen Beobachtern unklar, wie sich der Präsident nun verhalten würde.

Zeman kündigte ein Veto bei der Regierungsernennung an

Als sich sein Gesundheitszustand wieder besserte, beauftragte er schließlich Petr Fiala, Spitzenkandidat des konservativen Bündnisses SPOLU, mit der Regierungsbildung. Ein nächster Stolperstein stellte schließlich die Ernennung eines bestimmten Ministers dar. Zeman gab bekannt, den vorgeschlagenen Jan Lipavský (Piraten) nicht zum Außenminister zu ernennen. Als Grund hierfür nannte er dessen distanziertes Verhältnis zu den V4-Staaten und Israel sowie dessen Vorschlag, den Sudetendeutschen Tag in Tschechien zu ermöglichen. Nach einer intensiven Unterredung mit Petr Fiala gab der Präsident schließlich nach und verkündete, dass er die gesamte Regierung wie vorgeschlagen ernennen würde.

Das Kabinett steht vor einem Berg an Aufgaben

Petr Fiala ist somit der neue Ministerpräsident der Tschechischen Republik. Sein Kabinett steht vor großen Herausforderungen, denen es sich unvermittelt stellen muss. Dessen ist sich auch Fiala bewusst. „Wir beginnen nicht in einer einfachen Situation, eine Menge Dinge wurden in diesem Land vernachlässigt und wir begegnen großen Problemen“, äußerte sich der neue Regierungschef. Die neue Regierung muss vor allem die Pandemie, das Haushaltsdefizit und die Energiekrise in den Griff bekommen. Dabei kann sie sich keine lange Einarbeitungsphase erlauben. An dieser ersten Bewährungsprobe wird schließlich auch die Arbeit der neuen Regierung gemessen werden. Bisher stand vor allem die Opposition zu Andrej Babiš im Fokus der Koalition. Jetzt muss sie zeigen, dass die fünf Parteien in den drängenden politischen Fragen zusammenarbeiten können.

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