Am 14. Februar 1945 wurde Prag von einem folgenschweren Luftangriff getroffen. Durch einen Navigationsfehler warfen etwa 60 amerikanische Bomber ihre Last nicht über Dresden, sondern über Prag ab. Sowohl die Nazis als auch die Kommunisten nutzten das tragische Ereignis für propagandistische Zwecke.

Es ist kurz nach Mittag an jenem 14. Februar 1945, als plötzlich die Sirenen aufheulen. Doch nur wenige Prager nehmen das Signal wirklich ernst. Luftangriffe auf die von den Nazis besetzte Stadt hatte es seit Beginn des Krieges kaum gegeben, und so bleibt die Panik aus.

„Wir sind nie in den Luftschutzkeller gegangen, meine Eltern haben sich immer über die Nachbarn lustig gemacht, die immer in den Luftschutzkeller gingen. Wir haben überhaupt nicht geglaubt, dass hier in Prag Flugzeuge mit Bomben auftauchen könnten“, erinnert sich Jiřina Bendová, die bei Kriegsende sechs Jahre alt war, gegenüber dem Tschechischen Rundfunk.

Luftangriff auf Prag fordert 701 Todesopfer

Doch diesmal handelt es sich nicht um einen Fehlalarm. Um 12.25 Uhr verdunkelt ein Geschwader amerikanischer Bomber den Himmel. 62 Maschinen der Eigth Air Force, die eigentlich die Bombardierung Dresdens unterstützen sollten, waren vom Kurs abgekommen. Navigationsfehler und schlechte Sicht haben sie irrtümlich nach Prag geführt, wo sie nun ihre tödliche Last abwerfen. Der Angriff dauert nur zwei Minuten. Der Bombenteppich trifft Bereiche in der Prager Neustadt, die Königlichen Weinberge (Vinohrady) und Pankrác, aber auch Nusle und Werschowitz (Vršovice). Die menschlichen Verluste sind groß: 701 Menschen sterben, etwa 1400 werden verletzt. 68 Häuser werden zerstört, darunter das gotische Emmaus-Kloster, dessen Türme seit Jahrhunderten das Stadtbild geprägt hatten, und die prachtvolle Synagoge in den Weinbergen.

„Als der Luftangriff losging, gingen wir in die Küche, wo die Bombe eingeschlagen war, um meine Mutter zu suchen. Auf mein Rufen hin kam sie wieder zu sich, als drei oder vier Stockwerke auf sie fielen. Sie war nur leicht verletzt, keine gebrochenen Knochen, nichts, es war ein Wunder, könnte man sagen“, wie sich Bendová erinnert. Vier Menschen starben in ihrem Haus.

Propaganda und Gedenken

Die Nationalsozialisten instrumentalisierten den Vorfall sofort für ihre Zwecke. In der Propaganda wird der Angriff als bewusste Zerstörung Prags durch die Alliierten dargestellt. Später nutzten auch die Kommunisten den Angriff für ihre Zwecke und schüren antiamerikanische Stimmung. Dennoch ist sich die Mehrzahl der Historiker heute einig, dass es sich bei dem Ereignis um einen tragischen Irrtum handelte, verursacht durch eine fehlerhafte Navigation und widrige Wetterbedingungen.

Um die Erinnerung an das Unglück wachzuhalten, wurde 2015 am Karlsplatz (Karlovo náměstí) eine Gedenktafel angebracht. 701 Kreuze stehen dort für die Opfer jenes verhängnisvollen Tages, an dem der Krieg die Menschen in Prag auf brutalste Weise einholte.

„Dieses Jahr ist es zehn Jahre her, dass die Gedenktafel aus den Bomben, die auf Prag gefallen sind, angebracht wurde. Ich denke, sie ist wichtig. Ich glaube, dass sich ohne sie die Geschichte wiederholen könnte“, sagte Aleš Knížek, der Direktor des Militärhistorischen Instituts, bei einer Gedenkveranstaltung am heutigen Freitag.

Luftangriff Prag 1945 Bombardierung
Am Karlsplatz erinnert seit 2015 eine Gedenktafel an die 701 Menschen, die bei dem Luftangriff auf Prag am 14. Februar 1945 ums Leben kamen. Foto: Wikimedia Commons

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