Die tschechische Eishockey-Nationalmannschaft bei dem Olympischen Turnier im japanischen Nagano 1998. Foto: Canadaolympic989, Nagano 1998-Russia vs Czech Republic, CC BY-SA 3.0
Die tschechische Eishockey-Nationalmannschaft bei dem Olympischen Turnier im japanischen Nagano 1998. Foto: Canadaolympic989, Nagano 1998-Russia vs Czech Republic, CC BY-SA 3.0

Anfang Mai beginnt in Tschechien die Eishockey-Weltmeisterschaft. Viele Tschechen fiebern diesem Sportereignis eifrig entgegen. Ein geeigneter Anlass, um zu erklären, wie Eishockey in Tschechien eigentlich zum Nationalsport wurde? Zu tun hat das vor allem mit einem großen Erfolg im Jahr 1998. 

“Ať žije hokej!” Lang lebe das Eishockey! Diese einfache, aber kraftvolle Aussage drückt die Begeisterung und Leidenschaft aus, die viele Menschen in Tschechien für diesen Wintersport empfinden. Ab 10.. Mai findet in Prag und Ostrau (Ostrava) die 87. Eishockey-Weltmeisterschaft statt und kehrt damit nach fast zehn Jahren nach Tschechien zurück. Ein Sportereignis, das niemand verpassen will, zumindest nicht die Tschechen. 

Eishockey ist der Nationalsport Tschechiens. Laut einer Studie von Český národní panel sind 67 Prozent aller Tschechinnen und Tschechen der Meinung, dass Eishockey als tschechischer Nationalsport gilt. Gefolgt von Fußball mit 23 Prozent und Biathlon mit 3 Prozent, die restlichen 7 Prozent gehören anderen Sportarten. Warum ist in diesem Land mit etwas mehr als zehn Millionen Einwohnern ausgerechnet Eishockey der Sport Nummer Eins? 

Es gibt zahlreiche Gründe, warum dieser Wintersport bei den Tschechen so außerordentlich beliebt ist. Eishockey birgt in der tschechoslowakischen Geschichte eine lange Tradition. Den ersten Weltmeistertitel  im Eishockey gewann die damalige Tschechoslowakei schon im Jahre 1947, den letzten, fast 40 Jahre später, im Jahre 1985. Insgesamt gelang es der tschechoslowakischen Nationalmannschaft sechsmal, Weltmeister zu werden. Und auch nach der Aufteilung der Staaten im Jahre 1993 erwies sich die tschechische Nationalmannschaft als äußerst erfolgreich. Von insgesamt 29 Teilnahmen an Weltmeisterschaften zwischen den Jahren 1993 und 2023 holte die tschechische Nationalmannschaft sechs Goldmedaillen, eine Silber- und sechs Bronzemedaillen. Die letzte, die Bronzemedaille, gewann das tschechische Team bei der Weltmeisterschaft in Finnland im Jahre 2022, nach einer langen Wartezeit von zehn Jahren. Es gibt jedoch ein Sportereignis des tschechischen Eishockeys, das so stark in die Geschichte eingegangen ist, dass es wohl niemanden auf dem Staatsgebiet gibt, der darüber nicht Bescheid wüsste. 

Das Turnier des Jahrhunderts: Nagano 1998

Mehr als ein Vierteljahrhundert ist es her, seit die tschechische Eishockeynationalmannschaft bei den Olympischen Winterspielen 1998 im japanischen Nagano die Goldmedaille gewann. Dieses Spiel des Jahrhunderts, wie es genannt wird, hat eine Geschichte zu erzählen. Damals einigten sich das Internationale Olympische Komitee und die IIHF (der Internationale Eishockey-Verband) mit dem NHL-Management darauf, die NHL-Hockey Wettbewerbe in Übersee während der Spiele auszusetzen, damit die besten Spieler der damaligen Zeit anreisen konnten. Es war das erste Mal, dass die NHL-Spiele während der Olympischen Spiele ausgesetzt wurden, was die Aufmerksamkeit für dieses Turnier unter den fünf Ringen umso größer machte. Die tschechische Mannschaft gehörte damals zu den Außenseitern und es wurde erwartet, dass vor allem die Teams aus Kanada und den USA dominieren würden, ebenfalls wurde mit dem russischen Team gerechnet. Aber wer sonst sollte das Jahrhundert-Turnier gewinnen, wenn nicht Kanada, die Wiege des Eishockeys? 

Doch das Team von Trainer Ivan Hlinka, angeführt von Stars wie Vladimír Růžička, Jaromír Jágr und vor allem dem großartigen Torwart Dominik Hašek, besiegte im Viertelfinale das Team aus den USA, schlug im Halbfinale die Eishockey-Supermacht Kanada in einem spannenden Penaltyschießen und schaffte es, das Team aus Russland im Finale zu besiegen. Es war auch eine Art Genugtuung für jahrelange politische und eishockeytechnische Demütigungen seitens Russland gegenüber der damaligen Tschechoslowakei. „Schreiben Sie die Geschichte neu, die Tschechische Republik hat die Olympischen Winterspiele im Eishockey gewonnen.“ Der Satz des Kommentators Robert Záruba gehört heutzutage fast zur tschechischen Allgemeinbildung. 

Eishockey: Teil der tschechischen Identität

Obwohl dieses große Gelingen dazu maßgeblich beitrug, dass sich die Beliebtheit des Eishockeys zu der Zeit auf dem Vormarsch in Tschechien befand, sind Erfolge jedoch nicht das Einzige, was Eishockey in Tschechien derzeit so populär macht. Viele Leute sehen den Sport als Teil der eigenen Identität. Eishockey kann tatsächlich als integraler Bestandteil der tschechischen Kultur betrachtet werden. Denn jedes Jahr, wenn im Mai die Weltmeisterschaft stattfindet, interessieren sich nicht nur eingefleischte Fans für das Turnier, sondern plötzlich auch Leute, die normalerweise kaum etwas mit Eishockey zu tun haben. Die Begeisterung für Eishockey hat die Tschechische Republik dann plötzlich vollkommen im Griff. Eishockey ist in Tschechien ein Lebensstil. Eishockey ist ein gesellschaftliches Ereignis, bei dem persönliche Unterschiede in den Hintergrund treten. Wenn es darum geht, die Nationalmannschaft bei Ereignissen wie der Weltmeisterschaft oder den Olympischen Spielen zu unterstützen, vereinen sich alle wie Brüder. 

Wenn Sie das Ganze nicht glauben können, besuchen Sie Anfang Mai Prag oder Ostrau, die vom 10. bis 26. Mai Gastgeber der 87. Eishockey-Weltmeisterschaft sind. Mehr über die kommende Eishockey-Weltmeisterschaft in Prag-Ostrau können Sie auf den offiziellen Seiten der Eishockey-Weltmeisterschaft erfahren. Tickets für die Turniere der tschechischen Mannschaft sind leider schon ausverkauft. Für andere Turniere sind noch Tickets auf der Website des Ticketportals verfügbar.

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