Gerade im Herbst ist Burčák überall zu finden – ob auf Weinfesten, in kleinen Vinotheken oder auf Wochenmärkten. Landesbloggerin Alesia erklärt, was diese Art tschechischen Federweißer so besonders macht.
Rein durch Zufall bin ich mit der typisch tschechischen Spezialität in Kontakt gekommen. Nicht weit von meiner Wohnung befindet sich eine kleine Weinboutique. Klein und süß, dachte ich immer, wenn ich vorbeiging. Und dann abends auf dem Rückweg immer wieder dieselbe Frage: Warum diese lange Schlange?
Wie bei einer Weinverkostung standen die Menschen dicht gedrängt um den kleinen Verkaufsstand. Einige hielten elegante Weingläser in der Hand, andere ganze Plastikflaschen mit roter oder weißer Flüssigkeit. Ist das Apfelsaft? Oder doch Traubensaft? So richtig herangetraut habe ich mich aber nie. Das änderte sich an einem Abend, kurz vor Ladenschluss, als ich mit einem tschechischen Freund dort vorbeikam. Das Plakat, das mir bis jetzt sonst immer von der Menschenmenge verdeckt geblieben war, diesmal deutlich zu erkennen: „Burčák – 1 litr 94 Kč.“ Mein Freund grinste nur: „Den musst du probieren!“. Und damit kauften wir kurzerhand eine Flasche.

Burčák mit Vorsicht lagern… sonst macht es Bumm!
Doch was ist Burčák überhaupt? Burčák ist ein junger Wein, der sich noch mitten im Fermentierungsprozess befindet. Genau das macht ihn so besonders und unterscheidet ihn deutlich von voll gereiften Weinen. Die Herstellung beginnt mit frisch geernteten Trauben, die direkt gepresst werden. Dabei beginnt der gewonnene Traubenmost durch zugesetzte Hefe zu gären. Noch bevor die Gärung vollständig abgeschlossen ist, wird dieser halbfertige Wein nach nur wenigen Tagen bereits verkauft. Dadurch enthält Burčák zum einen aufgrund des hohen Zuckergehalts nur wenig Alkohol (meist zwischen 4 und 6 %). Zum anderen wird er nicht filtriert, weshalb er nur wenige Tage haltbar ist.
Am besten lagert man Burčák gekühlt. Wie mein Freund es charmant ausdrückte: „Deckel lieber offen lassen – sonst macht es Bumm.“ Das hat den Hintergrund, dass die Gärung auch nach dem Kauf weiterläuft und ständig Kohlendioxid (CO₂) entsteht, das sich in der Flasche sammelt. Wird er nicht gekühlt, beschleunigt sich dieser Prozess – mehr CO₂, mehr Druck. Deshalb lieber vor dem Kühlen den Deckel einmal locker aufdrehen, damit das Gas entweichen kann. Ich glaube, niemand von uns möchte eine klebrige Weinexplosion im Kühlschrank erleben.
Der Name kommt übrigens aus der mährischen Umgangssprache: Das Wort burkať heißt dort so viel wie „stürmen“ oder „brodeln“ und bezieht sich auf den Gärungsprozess. Damit ist der tschechische Burčák auch eine Analogie zum „Sturm“, wie das Getränk in Österreich heißt.
Roter, weißer oder doch rosaroter Burčák?
Ich musste erst lernen, dass es nicht nur eine Sorte dieses kohlensäurehaltigen Getränks gibt, sondern gleich drei. Was ich zunächst für Apfel- oder Traubensaft hielt, waren in Wirklichkeit verschiedene Abstufungen des Weines, die sich nicht nur in der Traubenwahl, sondern vor allem im Reifegrad unterscheiden. Am häufigsten ist der weiße Burčák – er stellt die erste Stufe dar und ist somit am „ungereiftesten“. Er wird aus weißen Rebsorten hergestellt, genau wie klassischer Weißwein. Dann gibt es noch den rosafarbenen Burčák, den ich bisher leider noch nicht probieren konnte. Er entsteht aus hellroten Trauben und liegt im Reifegrad zwischen dem weißen und dem roten Burčák. Und schließlich der rote Burčák: Er wird aus blauen Trauben hergestellt und gärt von allen Sorten am längsten.
Ich weiß noch genau, wie ich meinen ersten Schluck Burčák getrunken habe und direkt dachte: „Ahhh, wie Federweißer!“ Ich glaube, das ist tatsächlich das treffendste Wort, um jemandem den jungen Wein zu beschreiben. Burčák schmeckt wie eine Mischung aus fruchtig, sauer und spritzig, wobei der weiße definitiv saurer als der rote ist. Und da ich wirklich schon immer ein Fan von Süßem war, würde ich sagen: Der rote Burčák ist mein Favorit. Im Vergleich zum weißen wirkt er etwas herb und ist gleichzeitig süß wie Traubensaft. Ich bin schon gespannt, wie der rosafarbene Burčák schmeckt, der eine Mischung aus beiden sein soll – etwas milder und weniger sauer.
Burčák empfiehlt sich mit Gesellschaft
Wer den jungen Wein probieren möchte, sollte nicht zu lange warten, denn er ist nur saisonal von Ende August bis Oktober erhältlich. In Tschechien gilt er als Auftakt der Weinlese und ist jedes Jahr ein kleines Herbsthighlight. Während der Burčák-Saison findet man diesen jungen Wein an vielen Orten. Ob auf Weinfesten, in kleinen Vinotheken oder auf Wochenmärkten – überall wird frischer Burčák angeboten. Die vollen Flaschen mit dem trüben Getränk sind eine typisch tschechische Spezialität und werden meist in Gesellschaft genossen.

Am schönsten ist es meiner Meinung nach, sich mit Freunden ein Glas Burčák einzuschenken und den Sonnenuntergang zu genießen. Gerade im Spätsommer, wenn die Abende noch warm sind, ist dieser Wein perfekt, um den Tag entspannt ausklingen zu lassen. Hier sind weitere Getränkeempfehlungen!

Mein Name ist Alesia Kussmaul und ich freue mich, von August bis Oktober Teil des LandesEcho zu sein. Den restlichen Teil des Jahres verbringe ich in Berlin, wo ich an der Freien Universität Sprachwissenschaften und Kulturanthropologie als Kombibachelor studiere. Gelegentlich zieht es mich auch in meine Heimatstadt Düsseldorf, um Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Meine ersten journalistischen Erfahrungen habe ich in der deutsch-polnischen Redaktion des Wochenblatts, der Zeitschrift der Dachorganisation der deutschen Minderheit in Oppeln gesammelt und so bin ich schließlich auch auf das LandesEcho gestoßen.
Ich bin gespannt, in den nächsten Monaten nicht nur mehr über die deutsche Minderheit in Tschechien zu erfahren, sondern auch in das Leben hier einzutauchen: von leckerem Essen über Kultur bis hin zu eigenen Highlights.
Neben dem Schreiben liebe ich es zu Reisen und Neues auszuprobieren: Ich sehe mich schon vor der Villa Tugendhat in Brünn oder in einem der Prager Jazzclubs stehen, oder gespannt ein tschechisches Theaterstück verfolgen. Natürlich werde ich Sie an all diesen Eindrücken teilhaben lassen!