Am Sonntag, den 18. Mai 2025, fand auf dem Nationalfriedhof von Theresienstadt (Terezín) die jährliche Gedenkfeier für die Opfer des Nationalsozialismus statt. Die Zeremonie wurde zugleich zu einem Appell gegen das Vergessen – und gegen heutige Formen von Propaganda und Gewalt.
Die Veranstaltung erinnerte an die rund 155.000 Menschen, die zwischen 1941 und 1945 in das Ghetto Theresienstadt deportiert wurden. Etwa 35.000 von ihnen starben aufgrund von Hunger, Krankheiten und unmenschlichen Bedingungen. Die Mehrheit der Gefangenen wurde später in Vernichtungslager wie Auschwitz deportiert.
An der Zeremonie nahmen hochrangige Vertreter des tschechischen Staates teil, darunter Präsident Petr Pavel und Premierminister Petr Fiala (ODS). In ihren Ansprachen betonten sie die Bedeutung des Gedenkens und warnten vor aktuellen Formen von Propaganda und Desinformation. Fiala zog Parallelen zwischen der NS-Propaganda und heutigen politischen Narrativen, insbesondere im Kontext des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. „Es ist unsere Pflicht, die Lügen und zynischen Euphemismen von damals mit denen von heute zu vergleichen“, betonte er. Auch heute gebe es aggressive Diktatoren und besetzte Gebiete. „Der Diebstahl ukrainischen Territoriums wird zum Schutz der Russen, die Invasion wird zur Entnazifizierung, und unsere Aufrufe zur Einhaltung des Völkerrechts werden vom Kreml als Konfrontationsrhetorik bezeichnet. Das alles wissen wir bereits. Wir dürfen nicht auf dieses Spiel hereinfallen“, fügte er hinzu.
Mahnung gegen das Vergessen
Die Gedenkveranstaltung in Theresienstadt diente nicht nur dem Erinnern, sondern auch als Appell an die Gesellschaft, aus der Geschichte zu lernen und sich aktiv gegen das Vergessen und für die Wahrung demokratischer Werte einzusetzen. Die Redner riefen dazu auf, die Lehren aus der Vergangenheit in der Gegenwart anzuwenden, um zukünftige Gräueltaten zu verhindern. „Die Anzeichen für das Böse, das damals zu den Konzentrationslagern führte, zeigen sich heute in verschiedenen Ländern zu verschiedenen Zeiten, und wir sollten diesen Anzeichen gegenüber nicht gleichgültig sein“, sagte Präsident Pavel.
Auch der slowakische Politiker und Soziologe Fedor Gál, der im März 1945 in Theresienstadt geboren wurde, egriff im Rahmen der Gedenkveranstaltung am Sonntag das Wort. In seiner Rede erinnerte er an seine Mutter und an die Freundlichkeit und das Mitgefühl der hungernden und oft kranken Theresienstädter Häftlinge. „Ich muss sagen, dass einige von ihnen für uns in jeder Krisensituation ein Vorbild sein sollten“, sagte Gál. Er schickte auch einen imaginären Gruß in die Slowakei. „Wo die Vergangenheit mit unglaublicher Geschwindigkeit und unglaublicher Kraft wieder auftaucht. Gebt nicht auf, verteidigt euch, leistet Widerstand, rebelliert“, schickte Gál eine Botschaft über die Grenze.
das könnte sie auch interessieren
Mit der MemoMap auf den Spuren jüdischen Lebens in Prag
Anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung von Auschwitz hat sich unsere Landesbloggerin Hannah Meurer auf die Spuren jüdischen Lebens in Prag begeben: mithilfe der interaktiven Karte MemoMap.
Mehr…