Ein nationales Programm soll den Erhalt deutscher Gräber in Tschechien sichern. Der Start der ersten Förderphase ist für 2026 geplant.
Die tschechische Regierung hat am 22. Mai 2025 offiziell den Startschuss für ein neues Förderprogramm gegeben, das der Restaurierung und Pflege vernachlässigter deutscher Gräber gewidmet ist. Das Vorhaben wurde vom Ministerium für regionale Entwicklung gemeinsam mit der Regierungsbeauftragten für Menschenrechte, Klára Šimáčková Laurenčíková, erarbeitet und am Donnerstag auf einer Pressekonferenz vorgestellt.
Der neue Förderfonds, der zunächst für die Jahre 2026 bis 2029 geplant ist, soll dazu beitragen, deutsche Friedhöfe und Grabstätten, insbesondere in den ehemaligen Sudetengebieten, wieder instand zu setzen. „Schon 1992 haben wir uns im Rahmen des Vertrags über gute Nachbarschaft mit Deutschland verpflichtet, uns um diese Gräber zu kümmern – aber erst diese Regierung lässt den Worten Taten folgen“, erklärte Regionalentwicklungsminister Petr Kulhánek (STAN) in einer Pressemitteilung.

10 Millionen Kronen für den Start
Die erste Förderausschreibung ist für Ende 2025 oder Anfang 2026 vorgesehen. 10 Millionen Kronen (ca. 400.000 Euro) sollen hierfür zur Verfügung stehen. In den Jahren bis 2029 sollen – je nach Haushaltslage – jährlich bis zu 20 Millionen Kronen bereitgestellt werden. Langfristig soll das Programm nach 2029 aus EU-Mitteln finanziert werden.
Verantwortlich für die Durchführung ist das Zentrum für regionale Entwicklung (CRR). Dessen Direktor Petr Štěpánek, der zugleich Leiter des zugrunde liegenden Forschungsprojekts ist, betonte: „Diese Gräber sind Teil unseres kulturellen Erbes – sie geben Orten Identität. Ihre Vernachlässigung führt oft zu tieferliegenden gesellschaftlichen Problemen.“
Ein kulturelles und historisches Zeichen
In der Praxis soll das Programm unterschiedliche Maßnahmen ermöglichen, etwa die Restaurierung einzelner Grabsteine, die Sanierung historisch bedeutsamer Ruhestätten oder die Schaffung integrierter Gedenkorte.
Hinsichtlich der schätzungsweise Hunderttausenden Gräber der ehemaligen deutschen Bevölkerung auf dem Gebiet des heutigen Tschechiens sind die vorgesehen Mittel allerdings begrenzt. „Eine flächendeckende Sanierung aller deutschen Gräber in Tschechien ist unrealistisch“, betonte Leo Steiner vom Ministerium für regionale Entwicklung. „Allein die Restaurierung von 50.000 Gräbern würde etwa 2,5 Milliarden Kronen kosten. Aber ein gezieltes Vorgehen ist möglich.“
Vorgesehen ist, dass sich Antragsteller – ob Gemeinden, Vereine oder Privatpersonen – mit 30 Prozent an den förderfähigen Kosten beteiligen sollen. Eine Ko-Finanzierung könnte dann etwa beim Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds oder anderen Stiftungen beantragt werden.
Ergebnis langjährigen Engagements
Der Weg zu diesem Förderprogramm war lang: Seit 2016 besteht beim Regierungsamt eine Arbeitsgruppe, die sich mit der Problematik deutscher Gräber befasste. Grundlage des nun vorgestellten Programms ist eine Forschungsstudie, die 2023 unter der Leitung der Firma GEOtest entstand. Ein zentraler Impuls kam dabei von der Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik. Deren Präsident, Martin Herbert Dzingel, begrüßt das Programm als Durchbruch: „Zahlreiche Menschen – Deutsche wie Tschechen – sehen diese Gräber nicht nur als historische Zeugnisse, sondern als Teil unseres gemeinsamen kulturellen Erbes. Ich bin sehr dankbar, dass der tschechische Staat uns in diesem Anliegen nun aktiv unterstützt.“
Unterstützung von weiteren Partnern
Auch der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds hat sich über Jahre hinweg für die Sanierung deutscher Friedhöfe engagiert. Direktor Tomáš Jelínek erinnerte daran, dass seit der Gründung des Fonds Hunderte Projekte dieser Art gefördert wurden. Besonders wertvoll sei, dass viele Initiativen von heutigen Bewohnern der Grenzregionen ausgehen, die sich aktiv mit der Geschichte ihrer Orte auseinandersetzen: „Diese Friedhöfe werden zu Orten der Erinnerung, der Begegnung und der Versöhnung. Der neue Förderrahmen wird solche Projekte künftig spürbar erleichtern.“
Unterstützung erhielt das Projekt auch von der sudetendeutschen Seite. Auf eine Arbeitsgruppe der Sudetendeutschen Landsmannschaft ging letztlich die Empfehlung zurück, die Finanzierung, die erst ab 2029 durch EU-Mittel vorgesehen war, bis dahin aus Mitteln des tschechischen Staatshaushaltes zu überbrücken und damit besonders gefährdete Grabstätten vor dem Verfall zu retten sowie ein Handbuch für Gemeinden herauszugeben. Ulf Broßmann, Bundeskulturreferent der Sudetendeutschen Landsmannschaft, begrüßt das von der tschechischen Regierung beschlossene Förderprogramm: „Das ist gerade für uns von sehr großer Bedeutung, insbesondere für die Achtung und Würde der Verstorbenen, aber auch für die Nachgeborenen und künftigen Generationen der Vertriebenenen, die ihre Wurzeln in ihrer Heimat suchen.“
Als positiv für die deutsch-tschechischen Beziehungen bewertet das Förderprogramm auch die Deutsche Botschaft Prag. „Es ist ein sehr wichtiger Schritt, um die Erinnerung an die Deutschen im Land wachzuhalten. Nicht zuletzt trägt es zur Umsetzung der Verpflichtung aus dem deutsch-tschechischen Nachbarschaftsvertrag von 1992 bei“, erklärte die stellvertretende Botschafterin Petra Dachtler.