Die Münchner Museumslandschaft hat Zuwachs bekommen. Am Montag, den 12. Oktober, wurde das lang erwartete Sudetendeutsche Museum mit einem Festakt eröffnet.
Unter den Anwesenden waren der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU), die Bundeskulturbeauftragte Monika Grütters (CDU) sowie Bernd Posselt (CSU), Sprecher der Sudetendeutschen. Für Ministerpräsident Söder war es ein „besonderer emotionaler Tag und Moment“. Auf 1200 Quadratmetern wird in einer multimedialen Ausstellung an die Geschichte, Kultur und das Schicksal der Sudetendeutschen erinnert.
Vertreibung der Deutschen nach 1945
Rund drei Millionen Deutsche wurden nach dem Zweiten Weltkrieg aus der damaligen Tschechoslowakei vertrieben und waren fortan besonders in Deutschland und Österreich beheimatet. Fast die Hälfte der Vertriebenen fand in Bayern eine neue Heimat und gilt mittlerweile als „vierter Stamm“ des Freistaates, der außerdem die Schirmherrschaft der Sudetendeutschen trägt. Die Dauerausstellung in einem Neubau, der dem bereits bestehenden Sudetendeutschen Haus angegliedert wurde, beleuchtet die Geschichte, Kultur und das Schicksal der Volksgruppe.
Auf fünf Etagen, die sich den Bereichen Heimat und Glaube, Wirtschaft und Kultur, Nationalismus und Nationalstaat, Verlust und Vertreibung sowie Nachkriegszeit und Neubeginn widmen, wird das Schicksal der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien thematisiert. Der Ausstellung vorangestellt ein Zitat Václav Havels aus seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag im Jahr 1997: „… nichts Geringeres und nichts Größeres als das Erlebnis namens Heimat“. Der Heimatbegriff bildet den Kern der Ausstellung. Dabei sei die Ausstellung „kein begehbares Schulbuch“ geworden, betonte der Leiter des Planungsstabes, Michael Henke.
Neben rund 1.000 Exponaten, Zeitzeugenberichten und vielen interaktiven Elementen, stellt ein besonderes Highlight ein Motorrad der Marke Böhmerland dar, wobei es sich mit einer Länge von 2,75 um das längste Motorrad der Welt handelt. Auf Deutsch, Tschechisch und Englisch werden die Besucher durch das Museum geführt.
„Überfällige“ Eröffnung
Bereits vor 20 Jahren kündigte der damalige Ministerpräsident Bayerns, Edmund Stoiber (CSU), an, dass ein Museum, das sich mit dem Schicksal der Sudetendeutschen auseinandersetzt, entstehen solle. Zwei Jahre nach der geplanten Eröffnung ist es nun soweit und die Dauerausstellung öffnet ab dem 30. Oktober ihren Besuchern die Türen. Die Kosten für den Neubau beliefen sich auf rund 25 Millionen Euro, von denen circa zwei Drittel der Freistaat Bayern und ein Drittel der Bund trug.
Auch die Staatsministerin Monika Grütters bezeichnet die Entstehung des Museums als „überfällig“, da das Wissen über das Schicksal der Menschen in Vergessenheit zu geraten drohe. Laut Bernd Posselt, dem obersten Repräsentanten der Sudetendeutschen, handle es sich um „ein Leuchtturmprojekt der deutsch-tschechischen und sudetendeutsch-tschechischen Beziehungen, das die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und die Partnerschaft mit der Tschechischen Republik weiter verstärken wird“.
Der Vorsitzende der Sudetendeutschen Stiftung, Ortfried Kotzian, bezeichnet die Ausstellung als „Kristallisationspunkt“ der sudetendeutschen Geschichte und Kultur und beschreibt das neue Museum als einen Ort, „der über Mit- und Gegeneinander, über Flucht, Vertreibung und Versöhnung berichtet“.
Ableger in Tschechien
Bei der Vorbereitung der Ausstellung wirkten neben deutschen auch zahlreiche tschechische Akteure mit. Auch auf tschechischer Seite, in Aussig (Ústí nad Labem), plant das „Collegium Bohemicum“ nach jahrelanger Verzögerung zu Beginn des nächsten Jahres die Eröffnung einer Dauerausstellung zur Geschichte und Kultur der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien.
Bernd Posselt wertet die grenzübergreifende Zusammenarbeit als ermutigendes Zeichen, dass dieses „modernsten Kriterien entsprechende Museum von Anfang an unter Mitarbeit tschechischer Wissenschaftler gestaltet wurde. Umgekehrt soll bald im nordböhmischen Aussig an der Elbe eine Dauerausstellung über die Geschichte der Deutschen in den böhmischen Ländern der Öffentlichkeit übergeben werden, an der deutsche Historiker mitgewirkt haben.“
Ab dem 30. Oktober haben Sie die Chance, das Museum von Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr kostenlos zu besuchen. Bis zum Jahresende dürfen sich maximal 75 Personen gleichzeitig in den Ausstellungsräumen aufhalten, weshalb bei Gruppenbesuchen um Vorabanmeldung gebeten wird. Mehr Informationen finden Sie hier.