Die deutsche Ordensschwester Maria Paschalis Jahn soll am 11. Juni 2022 seliggesprochen werden. Sie starb 1945 als Märtyrerin.
Viele Deutschstämmige aus den Ostgebieten, wie Schlesien, Ostpreußen, Pommern, Posen oder aus dem Sudetenland erlebten besonders im letzten Jahr des Zweiten Weltkriegs unsagbar viel Leid und Not. Wer konnte, ergriff vor der anrückenden Roten Armee die Flucht. Grausam waren die Brutalitäten der Rotarmisten gegenüber den Volksdeutschen. Diese „Hölle auf Erden“ durchlitten auch viele Ordensleute. Zu ihnen gehörten Schwester Maria Paschalis (Maria Magdalena) Jahn und neun weitere Mitschwestern der „Kongregation der Schwestern von der heiligen Elisabeth“, die auf Grund ihrer Ordenstracht auch „Graue Schwestern“ genannt werden.
Kindheit und Jugend
Die spätere Märtyrerin wurde am 7. April 1916 im oberschlesischen Neiße (Nysa) als erstes von vier Kindern des Schreiners Karl-Eduard Jahn und seiner Gattin Bertha geboren. Nur wenige Tage darauf wurde sie in der Pfarrkirche St. Johannes der Täufer zu Neiße-Mittelneuland auf den Namen Maria Magdalena getauft. Von 1922 bis 1930 besuchte sie die Schule. Der Familie ging es finanziell so schlecht, dass der Vater bereits 1926 nach Herne in Westfalen umzog, um seiner Familie, die noch in der Ferne lebte, ein Auskommen zu sichern. Am Heiligen Abend 1926 siedelte auch Mutter Jahn mit ihren übrigen drei Kindern Lucia, Erwin und Helmut nach Herne über. Im Winter 1934/35 zog auch sie in den Westen und fand im Wuppertaler Ortsteil Barmen eine Anstellung als Hausgehilfin im dortigen Katholischen Gesellenhaus, welches von Ordensschwestern geleitet wurde. In ihrer neuen Heimatpfarrei, St. Bonifatius in Herne, wurde sie Mitglied der „Jungfrauen-Kongregation“. Zur Eigentümerin ihres Geburtshauses bestand aber weiterhin Kontakt. Als Maria Magdalena von der Hilfsbedürftigkeit dieser Frau erfuhr, packte sie ihren Koffer und reiste zurück in die böhmische Heimatstadt, um sich um sie und ihre blinde Schwester zu kümmern. Dabei kam es auch vermehrt zu Kontakten zum Orden der Schwestern der Heiligen Elisabeth; war doch auch ihr Leben jetzt schon als marianisch und elisabethanisch anzusehen. Sie verehrte in besonderer Weise die Gottesmutter Maria. Gleichzeitig entsprach ihr herzliches Handeln zu Gunsten der Bedürftigen, dem Vorbild der einstigen Thüringischen Landgräfin.
Eintritt in den Orden
Sie war noch keine 22 Jahre alt, da trat sie am 30.3.1938 in die Ordensgemeinschaft ein und erhielt am 3.10.1938 den Ordensnamen Maria Paschalis. Überglücklich schrieb sie ihren Eltern über ihren eigenen Ordenseintritt und den der weiteren neuen Novizen: „Nun gehören wir nicht mehr der Welt an, sondern ganz und gar nur noch unserem himmlischen Bräutigam“. Sie kümmerte sich, dem Ordensideal entsprechend, um die Hilfsbedürftigen und Kranken. Stationen waren hier Kreuzburg und Leobschütz. Ab 1942 kümmerte sie sich als Köchin um die alten und kranken Mitschwestern in Neiße. Ihre Ahnung, die sie am Allerseelentag 1944 ihren Eltern schrieb, sollte sich bewahrheiten: „Vielleicht betet man nächstes Jahr an dem Tage auch für unsere armen Seelen. Unzählige werden in der Erde liegen, die noch gar nicht ans Sterben dachten, welche noch jung und gesund waren. Der Mensch denkt, Gott lenkt.“
Flucht und Märtyrertum
Als 1945 die Rote Armee vorrückte, wurde Schwester Paschalis von der Oberin befohlen, mit der Näh-Schwester des Ordens, Schwester Maria Fides, zu flüchten. Sie gehorchten und kamen in Zöptau (Sobotín) in der Nähe von Mährisch Schönberg (Šumperk) im heutigen Tschechien an. Als im Mai 1945 die Rote Armee auch ins Sudetenland einmarschierte, führte der Ortspfarrer Bruno Esch die beiden Ordensfrauen einer Flüchtlingsgruppe von Ordensschwestern zu, die sich im Ort aufhielten. Der Pfarrer von Zöptau berichtete über das Martyrium von Schwester Maria Paschalis, welches sich mit weiteren Augenzeugenberichten deckte, wie folgt: „Sie stammt aus dem St.-Elisabeth-Haus in Neiße und wohnte mit Schwester Maria M. Fides bei Familie Thiel. Als die Russen ins Dorf kamen, schlossen sie sich den anderen Ordensfrauen an, die im Schulgebäude die alten Leute betreuten. Am Freitag, dem 11. Mai, kam ein Russe mit dem Fahrrad an der Schule vorbei. Er hielt und betrat das Gebäude. Schwester M. Paschalis wollte gerade die Treppe hinuntergehen. Erschreckt lief sie in das Zimmer zurück, wo sich die alten Leute aufhielten, zum Teil lagen sie in den Betten. Im nächsten Augenblick riß der Rotgardist die Tür auf und forderte die junge Schwester auf, ihm zu folgen. Gefaßt sprach sie: „Ich gehöre Christus“ und wies auf ihr Kreuz am Rosenkranz hin. Der Soldat faßte sie an den Armen. Die Schwester riß sich los und lief auf die andere Seite des Tisches. Der Russe gab einen Schuß in die Zimmerdecke ab. Als er die Schwester nochmals aufforderte, mit ihm zu kommen, erwiderte sie entschlossen: „Erschießen sie mich, Christus ist mein Bräutigam, nur ihm gehöre ich!“ Sie kniete nieder, nahm das Kreuz in die Hand, küßte es und betete: „Ich bitte um Verzeihung, sollte ich ihnen weh getan haben. Mein Jesus, gib mir die Kraft zu sterben“ – Der Russe schoß. Die Schwester fiel nach hinten und war sofort tot. Der Mörder verließ eiligst das Zimmer, er rannte, als wäre der Satan hinter ihm her. Voll innerer Ergriffenheit habe ich die junge Schwester an der Friedhofsmauer gegenüber der Sakristei der Zöptauer Kirche begraben. Dies zum Andenken an das tapfere Sterben der Schwester Maria M. Paschalis“ (aus „Letzte Tage im Sudetenland“).
Gedenken an die Ordensschwester
An der Beerdigung dieser Märtyrerin der Reinheit nahmen drei Priester, viele Ordensschwestern und auch viele Gläubige teil. Die gläubige Bevölkerung in Oberschlesien verlieh ihr den Ehrentitel „Die weiße Rose aus Tschechien“. Die Klosterfrau genießt in der Bevölkerung, genauso wie im Orden, eine große Verehrung. An ihrem Grab finden sich häufig Pilger zum Bittgebet ein. Papst Franziskus hat Schwester Maria Paschalis Jahn den heroischen Tugendgrad zuerkannt. Die Seligsprechung dieser Braut Christi und neun weiterer „Grauer Schwestern“, die aus ähnlichen Motiven 1945 ermordet wurden, werden am 11. Juni 2022 in Breslau (Wrocław) seliggesprochen und im Buch der Seligen unter dem Namen „Schwester Maria Paschalis Jahn und Gefährtinnen“ verzeichnet werden.
Schwester Maria Paschalis Jahn und ihre Gefährtinnen. Foto: http://janchrzcicielnysa.pl/
Dieser Beitrag erschien in der LandesEcho-Ausgabe vom April 2022.