Schülerinnen und Schüler des Thomas-Mann-Gymnasiums adaptierten „Frühlings Erwachen“ von Frank Wedekind und brachten unter dem Titel „Probuzení“ ein Musical über das Erwachsenwerden auf die Bühne. Am 22. November fand das Stück seine erfolgreiche Premiere im Theater „Na Fidlovačce“.
Es ist keine leichte Zeit im Leben eines Menschen. Plötzlich verändert sich der Körper, das andere oder manchmal auch das gleiche Geschlecht wecken ein vorher unbekanntes Interesse, es folgen die ersten Kontakte mit Alkohol und neue Freiheiten müssen mitunter hart von den Eltern erkämpft werden. Mit all diesen und darüber hinaus gehenden Themen wie häusliche und sexuelle Gewalt oder Suizid setzten sich die Schülerinnen und Schüler des Prager Thomas-Mann-Gymnasiums auseinander und brachten unter dem Titel „Probuzení“ eine Adaption des Stückes „Frühlings Erwachen“ von Frank Wedekind auf die Bühne. Am 22. November feierte diese im Theater „Na Fidlovačce“ ihre Premiere.
Adaption eines „Skandalwerks“
In dem 1891 erschienenen Drama hatte Frank Wedekind (1864-1918) die bürgerliche Sexualmoral und Tabuisierung im Wilhelminischen Kaiserreich angeprangert, woran Jugendliche zerbrechen konnten. Als Vorbild für einige der in dem Drama auftretenden Figuren dienten Wedekind ehemalige Mitschüler, die Suizid begingen. 1906 wurde das Werk erstmals in den Berliner Kammerspielen uraufgeführt. Wedekinds Werk galt damals als obszön, wurde lange zensiert oder war verboten, heute wird es in Deutschland, Österreich und der Schweiz häufig im Schulunterricht gelesen.
Auch die Schülerinnen und Schüler des Thomas-Mann-Gymnasiums nahmen sich der Lektüre und den Themen des Werks an und entwickelten zusammen mit dem Dramaturg Martin Šimek eine Bühnenadaption in der Form eines Musicals und passten Wedekinds Werk an die heutige Zeit an. Die Figuren und ihre Probleme bleiben aber die gleichen: Vendula ist ein wohlerzogenes Mädchen, wird aber laufend von seiner Mutter kontrolliert. Außerdem ist sie verliebt in den arroganten und egozentrischen Melchior (gespielt von Keno Kirsch), der sich oft nicht im Zaum halten kann. Dessen bester Freund ist wiederum der fleißige Mořic (gespielt von Jakub Smolka), der regelmäßig von seinem Vater verprügelt wird und noch dabei ist, seine sexuelle Identität zu entdecken, nach außen hin aber so tut als sei alles „normal“. Somit nimmt die Handlung ihren Lauf und nicht für alle Figuren gibt es an diesem Abend ein „Happy End“.
Außer ihrem schauspielerischen Können boten die Schülerinnen und Schüler auch die eine oder andere Tanzchoreographie dar und heizten dem Publikum ordentlich ein. Die dazu passende musikalische Begleitung übernahm die Live-Band „Gin in Jam“ unter der Leitung von Jakub Žídek.
Keine leichten Themen
Neben der Performance auf der Bühne war es für die Schülerinnen und Schüler natürlich auch eine Herausforderung, dass die im Stück behandelten Themen sie selbst betreffen oder betreffen können. Damit auf der Bühne vor einem Publikum umzugehen, ist eine Leistung, die auch Schuldirektorin Zuzana Svobodová besonders würdigte: „Einige der Themen kamen mir aus meiner eigenen Jugend bekannt vor, aber niemals hätte ich das damals auf der Bühne spielen können“, sagte sie anerkennend nach der Vorstellung und dankte allen Schauspielern auf, aber auch jenen Mitwirkenden hinter der Bühne. Auch Regisseur Šimek zeigte sich überaus zufrieden mit den Schülerinnen und Schülern: „Ihr habt wirklich 100 Prozent und mehr gegeben, eine tolle Leistung!“
Im Anschluss an die Vorstellung folgte ein Gespräch zwischen einigen Darstellern, der Schulpsychologin des Thomas-Mann-Gymnasiums und dem Publikum, das sich darum drehte, inwiefern die auf der Bühne behandelten Themen die Jugendlichen selbst betreffen und wie es für die Schülerinnen und Schüler war, sich in die Figuren des Stücks hineinzufühlen.
Zehn Prozent der Einnahmen aus dem Ticketverkauf spendete das Thomas-Mann-Gymnasium an das Hilfetelefon „Linka bezpečí“. Die Vorstellung wurde aufgezeichnet und ist auf dem YouTube-Kanal der Schule zu sehen.