Die Bohemia Troppau bietet jedes Jahr für Angehörige der deutschen Minderheit Kuraufenthalte an, besonders die Orte im böhmischen Bäderdreieck sind dabei sehr beliebt. Hans Korbel, Vorsitzender des Schlesisch-Deutschen Vereins Troppau, berichtet von seinem diesjährigen Kuraufenthalt in Franzensbad.
Auch in diesem Jahr nutzte ich das Angebot der Bohemia Troppau für einen dreiwöchigen Rehabilitationsaufenthalt in einer Kuranstalt. In diesem Jahr konnte auch meine Frau das Angebot erstmalig nutzen. Interessierten, die zwar vor 1948 geboren aber nicht deutscher Abstammung sind, war dies bisher nicht möglich. Wir wählten Franzensbad (Františkovy Lázně) für unseren Kuraufenthalt, da mir die Einrichtung von vielen Vereinsmitgliedern wärmstens empfohlen wurde. Meine Frau besuchte den Kurort bereits während der Zeit des Kommunismus, weshalb wir uns ein Bild davon machen wollten, wie sich der Ort seitdem verändert hat.
Verlassene Kurhäuser
Seit unserem letzten Besuch vor mehr als 30 Jahren hat sich Franzensbad zu einer schönen Stadt entwickelt. Damals waren die Fassaden der Kurhäuser in schlechtem Zustand und das Gebäude des heutigen Casinos eine Ruine. Bei einem Spaziergang durch die Stadt fällt jedoch auf, dass viele der schönen Kurhäuser leer stehen. Wie konnte es dazu kommen, dass renovierte Häuser, die damals zwar nicht so schön aussahen, aber alle besetzt waren, heute leer stehen? Ist vielleicht das Interesse an Kuraufenthalten in Franzensbad in den letzten Jahren zurückgegangen? Sicher, in diesem Jahr hatte die Corona-Pandemie großen Einfluss auf die Auslastung der Kurhäuser und führte zu einem Rückgang der Besucherzahlen, besonders derjenigen aus dem Ausland. Die Kurhäuser stehen allerdings schon einige Jahre leer.
BGZ Eger
Unseren Aufenthalt in Franzensbad nutzen wir auch zum Besuch des Begegnungszentrums in Eger (Cheb). Während meiner Tätigkeit bei der Landesversammlung der deutschen Vereine in Prag habe ich das BGZ Eger bereits mehrmals besucht. Bei meinem letzten Besuch erstreckte sich das BGZ noch über ein ganzes Haus am Franziskanerplatz in Eger. Ein ganzes Haus zu bespielen und zu finanzieren war langfristig allerdings nicht möglich, weshalb das BGZ in das Stadtzentrum Egers umgezogen ist und hier in günstigeren Räumlichkeiten ein neues Zuhause gefunden hat. Einmal in Monat treffen sich hier Vereinsmitglieder zum geselligen Beisammensein. Während unseres Aufenthaltes haben uns die Egerer Landsleute zum Besuch des Wallfahrtsortes Maria Loreto in Altkinsberg (Starý Hrozňatov) eingeladen.
Mit Mitgliedern des Bunds der Deutschen – Landschaft Egerland auf einem gemeinsamen Ausflug. Foto: Hans Korbel
Wallfahrts- und Begegnungsort Altkinsberg
Das Dorf Altkinsberg (Hrozňatov) wurde erstmals 1217 erwähnt, als in der örtlichen Burg Hroznata von Ovenec, u.a. Gründer des Stifts Tepls, als Märtyrer den Hungertod starb. Der heutige Wallfahrtsort mit der Wallfahrtskirche Maria Loreto wurde nach 1664 vom Rektor des Jesuitenkollegs Jan Georg Dasselmann errichtet. In den Jahren 1675 bis 1683 wurden Kreuzgänge erbaut und ein rechteckiger Innenhof mit Arkaden geschaffen. Man erzählt sich, dass einst ein Blitz das Loreto-Haus traf und das Gebäude teilte. Nur dort, wo sich das Bild der Jungfrau Maria befand, blieb der Putz unbeschädigt. Die Spuren und Risse des Blitzeinschlages blieben im Innern des Gebäudes zurück. Der Kreuzweg mit den ursprünglich 29 Stationen führt durch das Tal des Baches zum Fuße des Bergs Loreto. Die einzelnen Gebäude sind in ihren Abständen den Gedenksteinen in Jerusalem nachempfunden.
Die Wallfahrtskirche Maria Loreto in Kiensberg. Foto: Wikimedia Commons/ Richard Huber (CC BY-SA 3.0)
Ab 1945 befand sich der Ort in der Grenzzone des Eisernen Vorhangs, die deutschsprachigen Bewohner des Dorfes wurden vertrieben. 1964 brannte der Glockenturm nieder und Grenzschutzbeamte nutzten das Loreto-Haus bis es einstürzte. Der Wiederaufbau des Wallfahrtsortes ist hauptsächlich Anton Hart zu verdanken, der aus Altkinsberg stammte und nach dem Zweiten Weltkrieg aus Eger vertrieben wurde. Er setzte sich zum Ziel, die Wallfahrtskirche Maria Loreto nicht nur als Pilgerort, sondern als ein gemeinsames Werk von Tschechen und Deutschen wiederaufzubauen: Ein Treffpunkt, an dem sich Menschen kennenlernen, näherkommen und neue Beziehungen knüpfen können. Dies ist ihm gelungen.
Die drei Wochen Aufenthalt vergingen wie im Flug und wir kehrten nach Hause zurück. Es folgten prosaische Feiertage. Das Leben änderte erst der 5. Oktober mit neuen Maßnahmen gegen die Coronavirus-Pandemie, aber das ist ein anderes Kapitel.