Bei den Wahlen zum Präsidium verabschiedete sich ein Gründungsvater. Zwei neue Gesichter und zwei bekannte rückten nach. Martin Herbert Dzingel wurde als Präsident wiedergewählt.
Eine Frage beschäftigte die Herbsttagung der Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik am Ende besonders: Sollte der Geschäftsführer der Landesversammlung zugleich auch Präsident sein? Die Debatte in dem Tagungsraum des ibis Hotels in Prag Smíchov schwang buchstäblich hin und her. Einen freute es besonders: Hans D. Korbel, Vorsitzender des Schlesisch-Deutschen Vereins in Troppau (Opava), erster Vizepräsident und an diesem Tag Versammlungsleiter. „Da gibt es eine Wortmeldung auf der anderen Seite. Da muss der Versammlungsleiter schnell und viel laufen. Aber das ist gut für mich, da bleibe ich in Bewegung“, sagte er. Die Anwesenden erfreute die souveräne Kondition ihres Versammlungsleiters. Zu denen gehörten übrigens auch die Ehrengäste Hartmut Koschyk, früherer Bundesbeauftrager für Minderheiten und heute Vorsitzender des Stiftungsrates der Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland, Sebastian Machnitzke, Geschäftsführer der Stiftung, sowie Andrea Dahmen vom Kulturressort der Deutschen Botschaft in Prag.
Mit 80 ist Schluss
Hans Korbel leitete mit schwungvoller Leichtigkeit, gepaart mit milder Strenge mit Blick auf die Uhr und liebenswürdiger Selbstironie die Herbsttagung, dass bei manchen Wehmut aufkam. Denn es könnte die letzte Versammlungsleitung des früheren Präsidenten und langjährigen Vizepräsidenten gewesen sein. Er kandidierte bei den Wahlen am Samstag nicht mehr für das Präsidium und werde auch sein Mandat als Delegierter seines Heimatvereins abgeben, wie er sagte. „Ich habe immer gesagt, mit 80 ist Schluss, und das halte ich ein“, begründete er.
Ehrengäste bei der Herbsttagung der Landesversammlung: Hartmut Koschyk und Sebastian Machnitzke von der Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland und Andrea Dahmen von der Deutschen Botschaft in Prag. Ganz links der alte und neue Präsident Martin Herbert Dzingel. Foto: Magdalena Moser
Der Zeitpunkt war am letzten Samstag im November gekommen. Denn einmal in drei Jahren wird die Herbsttagung zur Wahltagung und das Präsidium neu gewählt. Neben Korbel hatte auch die Vorsitzende des Vereins der Deutschen des Teschner Schlesiens, Hana Slížová, ihr Ausscheiden nach drei Jahren bekannt gegeben. Auch der ehemalige Vorsitzende des Jugend- und Kulturvereins JUKON, Michal Urban, trat nicht mehr an. So waren drei Plätze in dem siebenköpfigen Gremium vakant.
Mehr Kandidaten als Plätze
Schnell zeigte sich, dass es kein Problem werden würde, diese Plätze zu füllen. Denn gleich zehn Kandidatinnen und Kandidaten wurden aufgestellt oder erklärten selbst ihre Kandidatur. Gewählt wurden der bisherige Präsident Martin Herbert Dzingel, die bisherige zweite Vizepräsidentin und Vorsitzende des Vereins der Deutschen in Nordböhmen, Petra Laurin, und Milan Neužil vom Deutschen Kulturverein Brünn (Brno) aus dem alten Präsidium. Erika Vosáhlo, Geschäftsführerin des Begegnungszentrums in Mährisch-Schönberg (Šumperk), Štěpánka Šichová, Geschäftsführerin des Begegnungszentrums in Trautenau (Trutnov), Richard Neugebauer, Geschäftsführer der Bohemia Troppau, sowie Maximilian Schmidt von JUKON rücken neu ins Präsidium.
Die weiteren Kandidaten Richard Šulko vom Bund der Deutschen in Böhmen aus Plachtin (Plachtín), Simon Römer vom Verband der Deutschen Prag und Mittelböhmen sowie Marie Rončka, Leiterin des Begegnungszentrums in Hultschin (Hlučín), landeten in der Wählergunst deutlich hinter den sieben Gewählten. Insofern war das Ergebnis eindeutig und es war keine Stichwahl nötig.
Junge und mittlere Generation meldet sich zu Wort
Das neue Präsidium geht damit in eine weitere Runde der Verjüngung. Ältestes Mitglied ist nun der neue zweite Vizepräsident Richard Neugebauer mit Anfang 60, der übrigens wie Erika Vosáhlo bereits auf eine frühere langjährige Präsidiumserfahrung zurückblicken kann. Ganz neu vertreten sind Štěpánka Šichová mit Mitte 40 und Maximilian Schmidt, der mit 28 Jahren das jüngste Mitglied ist.
Gute Stimmung bei den Delegierten der Herbsttagung der Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik am letzten Novembersamstag in Prag. Foto: Magdalena Moser
Für die Zusammensetzung des neuen Präsidiums war die Bereitschaft so vieler Kandidaten eine gute Basis. Mehrfach wurde der Wunsch nach einem aktiven Präsidium geäußert, das damit in der Lage ist, auch den Präsidenten zu entlasten. Betont wurde auch die Wichtigkeit der deutschen Sprache. In der sind alle neuen Mitglieder sicher zu Hause. Und dass sie sich aktiv einbringen, haben sie sowohl im Präsidium als auch in ihren Heimatvereinen schon gezeigt. Außerdem ergibt sich eine gesunde Mischung aus Jung und Alt, Erfahrung und frischem Blut. Wobei die Erfahrenen Erika Vosáhlo und Richard Neugebauer nach einer Auszeit ebenfalls mit frischen Ideen und Kräften antreten.
Martin Herbert Dzingel bleibt Präsident
Das Verhältnis von Frauen und Männern bleibt unverändert bei 3:4. Von der regionalen Herkunft her hat sich der langjährige schlesisch-mährische Schwerpunkt etwas mehr nach Böhmen verschoben.
Bleibt die Frage nach der Personalunion von Geschäftsführer und Präsident. Kritiker hielten das Arbeitsaufkommen für eine Person zu hoch. Befürworter wiesen allerdings darauf hin, dass das Nebeneinander in einer Person gerade erst ermögliche, dass die herausfordernde Funktion des Präsidenten auch von jüngeren, noch berufstätigen Personen bewältigt werden kann. Das Thema führte dazu, dass mit Petra Laurin eine zweite Kandidatin für das Amt des Präsidenten vorgeschlagen wurde. Die Antwort gaben die Delegierten am Ende in der Wahl. Martin Herbert Dzingel wurde mit 23 von 34 gültigen Stimmen für eine fünfte Amtszeit wiedergewählt. Auf Petra Laurin, die in den kommenden drei Jahren das Amt der ersten Vizepräsidentin innehaben wird, entfielen 11 Stimmen.