Kilian Kirchgeßner, Sven Müller und Natalie Meyer wurden am Wochenende in Mährisch Schönberg (Šumperk) für ihre Beiträge mit dem nach Hans „Johnny“ Klein benannten Medienpreis der deutsch-tschechischen Verständigung ausgezeichnet.
Der nach dem Journalisten und Diplomaten Hans „Johnny“ Klein benannte Preis wird für besondere publizistische – journalistische wie populärwissenschaftliche – Leistungen für die deutsch-tschechische Verständigung vergeben. 2016 wurde der Preis, der auch an Kleins Lebenswerk erinnern soll, von der Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland und der Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik ins Leben gerufen. Nachdem die letzte Preisverleihung vor zwei Jahren aufgrund der Corona-Pandemie nur im virtuellen Raum stattfand, konnten die Preisträger in diesem Jahr wieder in Kleins Heimatort in einem feierlichen Rahmen ausgezeichnet werden. Eine Neuheit war diesmal auch, dass der „Johnny“-Klein-Preis zum ersten Mal an Kleins Todestag, dem 26. November, vergeben wurde. Bevor die eigentliche Preisverleihung begann, begrüßten Martin Herbert Dzingel, Präsident der Landesversammlung der deutschen Vereine, und Hartmut Koschyk, Vorsitzender des Stiftungsrats der Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland, die Gäste. Grußworte überbrachten auch der zweite Vize-Bürgermeister von Mährisch Schönberg, Karel Hošek, sowie Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft.
Der erste, mit 5000 Euro dotierte Preis ging an den freien Hörfunk-Journalisten Kilian Kirchgeßner für seinen im Magazin “Reportagen” erschienenen Beitrag “Freundliche Übernahme” mit dem Untertitel: “Spukt oben auf dem Dachboden der Deutsche, der hier einmal gewohnt hat?” Darin erzählt er seine ganz persönliche Geschichte vom Kauf eines Hauses in der Böhmischen Schweiz und gibt Einblicke in den heutigen Umgang in Tschechien mit den schwierigen Kapiteln der gemeinsamen deutsch-tschechischen Geschichte. “Es sind die Geschichten in der Geschichte”, die den Beitrag lesenswert machen, so Laudator Hartmut Koschyk. Die Jury wolle Kirchgeßner, der 2018 schon einmal mit dem “Johnny”-Klein-Preis ausgezeichnet wurde, außerdem für seine kontinuierlichen Leistungen für den deutsch-tschechischen Journalismus würdigen. Kirchgeßners Ehefrau Marta nahm den Preis für ihren Mann, der aus gesundheitlichen Gründen nicht in Mährisch Schönberg anwesend sein konnte, entgegen.
Den zweiten Preis, der mit 2500 Euro dotiert ist, erhielt Sven Müller aus Berlin für seine Publikation “Historische Friedhöfe in Weseritz, Plan und Umgebung”, worin er Tausende Gräber der ehemaligen deutschen Bevölkerung in der Heimat auch seiner Vorfahren – vor allem auch fotografisch – dokumentierte. Laudator Bernd Posselt lobte Müllers Dokumentation als “wichtigen Beitrag auf dem Weg der Verständigung” sowie als wertvolle Grundlage bei der Diskussion aktueller Fragen nach dem Umgang mit den Millionen von deutschen Gräbern in der Tschechischen Republik.
Mit dem Nachwuchspreis mit einer Dotierung von 1500 Euro wurde Natalie Meyer, Reporterin für “Zur Sache Baden-Württemberg”, ausgezeichnet. In ihrem Beitrag “Austausch über die Grenzen hinweg? Tschechen und Deutsche zwischen Annäherung und Entfremdung”, der auf Radio Prague International zu hören war, befragte sie junge und ältere Menschen in Tschechien und Deutschland zu ihrem Bezug zum jeweils anderen Land und stieß dabei auf ganz unterschiedliche deutsch-tschechische Geschichten. “In Anlehnung an Johnny Klein würdigen wir Natalie Meyers Beitrag, der mit Präzision, Einfühlungsvermögen und einer ehrlichen Suche nach der Wahrheit diese deutsch-tschechischen Beziehungen beleuchtet hat”, sagte Thomas Konhäuser, wissenschaftlicher Leiter und Geschäftsführer der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, in seiner Laudatio.
Die Preisträger hatte vorab eine neunköpfige Jury ausgewählt, der neben Hartmut Koschyk, Martin Herbert Dzingel und Thomas Konhäuser auch der deutsche Botschafter in Prag, Andreas Künne, der tschechische Botschafter in Berlin, Tomáš Kafka, sowie Urban Beckmann für das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa), Christa Naaß für die Sudetendeutsche Stiftung, die ehemalige Preisträgerin Lucie Römer und Hans “Johnny” Kleins Sohn Alexander Klein angehörten.
Die Preisverleihung in der barocken Klosterkirche Mariä Verkündigung, welche die Stadt Mährisch Schönberg u.a. für Konzerte nutzt, wurde moderiert von Erika Vosáhlo, Leiterin des örtlichen deutsch-tschechischen Begegnungszentrums. Für die gelungene kulturelle Umrahmung sorgten der Kindergesangschor Motýli sowie die Violinistin Lenka Kubičková.
Der feierlichen Preisverleihung am Sonntagvormittag ging am Samstagnachmittag eine Auftaktveranstaltung im “Geschaderhaus”, in dem das BGZ Mährisch Schönberg seinen Sitz hat, voraus. Hartmut Koschyk, Ideengeber des “Johnny”-Klein-Preises, erinnerte in einem Vortrag an Kleins Leben und Verdienst nicht nur für die deutsch-tschechische, sondern auch für die europäische Verständigung und hob die Bedeutung des nach ihm benannten Preises hervor. “Jeder, der sich mit den deutsch-tschechischen Beziehungen beschäftigt, weiß, Politik ist wichtig, noch wichtiger ist die Zivilgesellschaft, aber die Mittler zwischen ihnen sind die Medien”, sagte Koschyk. Seinen Worten folgte eine lebhafte Diskussion über Perspektiven auf den deutsch-tschechischen Journalismus. Im Anschluss fand noch ein Gottesdienst in deutscher Sprache statt, der von Pfarrer Lothar Vierhock von der Prager deutschsprachigen katholischen Pfarrei geleitet wurde.
Neben zahlreichen Gästen hatte auch die Familie Klein, anwesend in vier Generationen, die Preisverleihung in Mährisch Schönberg verfolgt. Hans “Johnny” Kleins Sohn Alexander sprach nach der Auszeichnung der Preisträger das Schlusswort und bedankte sich im Namen der Familie Klein für die “eindrucks- und stilvolle Veranstaltung”. “Es war eine Freude, zu lesen, zu hören und zu sehen, wie mannigfaltig über das deutsch-tschechische Verhältnis berichtet wird”, sagte Klein und lobte die Art und Weise, wie auch die Stadt Mährisch Schönberg seines Vaters gedenkt. “Mein Vater würde Luftsprünge machen.”
Hans “Johnny” Klein wurde 1931 in Mährisch Schönberg (heute Šumperk) geboren. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde er mit seiner Familie aus der Tschechoslowakei vertrieben und fand in Heidenheim an der Brenz im Osten Baden-Württembergs eine neue Heimat. Von 1953 bis 1959 war Klein als Journalist tätig, anschließend trat er in den Auswärtigen Dienst ein. Ab 1976 gehörte Klein als CSU-Politiker dem Deutschen Bundestag an. Nach der Bundestagswahl 1987 wurde er am 12. März 1987 als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit in die von Bundeskanzler Helmut Kohl geführte Bundesregierung berufen. Von 1989 bis 1990 war Klein Leiter des Bundespresse- und Informationsamts. Am 7. November 1996 erlitt Klein während einer Fahrt mit dem Nachtzug von München nach Bonn einen Herzinfarkt, in dessen Folge er trotz unverzüglicher ärztlicher Versorgung ins Koma fiel und am 26. November 1996 verstarb. Bis zu seinem Tod war Klein Vize-Präsident des Deutschen Bundestags.
Foto: Bundesarchiv, B 145 Bild-F083495-0022 / Engelbert Reineke / CC-BY-SA 3.0