Die Parteien ANO, SPD und Motoristen haben sich nach Angaben von ANO-Vizechef Karel Havlíček auf eingemeinsames Regierungsprogramm geeinigt. Der Entwurf wurde am Sonntag von den Parteiführungen diskutiert und soll heute Präsident Petr Pavel vorgestellt werden. Eine endgültige Einigung wird bis Mittwoch erwartet.
Das Programm, das laut Havlíček die Grundlage für die neue Regierungskoalition bilden soll, ist nach mehreren Wochen intensiver Verhandlungen zwischen den drei Parteien nahezu abgeschlossen. Der Vorsitzende der ANO und voraussichtlich neue Premierminister Andrej Babiš soll es Anfang der Woche offiziell präsentieren. Havlíček betonte, dass der Entwurf zwar noch leichte Anpassungen erfahren könne, die zentralen Punkte jedoch bereits feststünden. Die Verhandlungen seien in enger Abstimmung mit Babiš geführt worden, der sich währenddessen im Urlaub befand, aber regelmäßig informiert wurde.
Kompromisse zwischen Mitte-Rechts und Sozialpolitik
Wie Havlíček erklärte, basiere der Entwurf „zum größten Teil“ auf dem Wahlprogramm der ANO. Dennoch sei es notwendig gewesen, die Vorstellungen der Koalitionspartner zu berücksichtigen. Das Ergebnis sei ein Kompromiss, der „die Mitte-Rechts-Ausrichtung der Regierung mit einer sozialen Kontrollfunktion, die von der ANO-Bewegung gewährleistet wird“, kombiniere. Die geplante Regierung wolle konservativ auftreten, zugleich aber Themen wie Familienförderung, wirtschaftliche Stabilität und soziale Sicherheit stärker betonen. Der genaue Wortlaut wird von den Parteispitzen aktuell noch streng geheim gehalten. Das Tschechische Fernsehen brachte unter anderem in Erfahrung, dass das Regierungsprogramm beispielsweise die Wiedereinführung von Kindergartengebühren, die Erhöhung des Elterngeldes auf 400.000 Kronen und die Senkung der Körperschaftssteuer von 21 auf 19 Prozent vorsieht.
Auch über die Aufteilung der Ministerien herrscht bereits Einigkeit. Von den insgesamt 16 Ressorts sollen neun an die ANO, drei an die SPD und vier an die Motoristen gehen. Die ANO übernimmt neben dem Amt des Premierministers die Ministerien für Finanzen, Industrie, Bildung, Gesundheit, Arbeit, Justiz, lokale Entwicklung und Inneres. Die SPD soll für Verteidigung, Landwirtschaft und Verkehr verantwortlich sein. Die Motoristen erhalten unter anderem die Ministerien für Außenpolitik, Umwelt und Kultur sowie einen neu geschaffenen Posten für Sport, Prävention und Gesundheit.
Fokus auf Digitalisierung und Wissenschaft
Zum Abschluss der Verhandlungen einigten sich die Parteien auf die Bereiche Digitalisierung und Forschung. Laut Havlíček soll die Funktion eines Regierungsbeauftragten für Digitalisierung wieder eingeführt werden, der direkt dem Premierminister oder einem Vizepremier unterstellt ist. Künftig will die neue Regierung insbesondere das digitale Baugenehmigungsverfahren priorisieren.
Zudem wolle die künftige Regierung die Ausgaben für Wissenschaft schrittweise auf über zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöhen. Das ursprüngliche Ziel der ANO, den Anteil innerhalb von vier Jahren auf 2,5 Prozent zu steigern, werde hingegen nicht in das Programm aufgenommen. Vertreter der Motoristen zeigten sich zufrieden mit den erzielten Ergebnissen im Digitalisierungsbereich und betonten, dass zahlreiche eigene Vorschläge in das Programm eingeflossen seien.
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