Ende 2022 teilte die Eisenbahnverwaltung (Správa železnic) mit, dass die alte Vyšehrad-Eisenbahnbrücke über die Moldau (Vyšehradský železniční most) durch eine moderne weiße Brücke ersetzt werden soll. Diese Nachricht rief einigen Streit hervor. Sogar die britische Zeitung „The Guardian“ wurde darauf aufmerksam.
„Die historische Prager Brücke, deren Bedeutung für die Skyline der Stadt mit dem Pariser Eiffelturm verglichen wurde, soll abgerissen werden, was von Architekten und Denkmalschützern verurteilt wurde“, schrieb die britische Zeitung „The Guardian“ am 21. Januar. Die Zeitung entlehnte diesen Vergleich einer Aussage des Direktors des „Clubs für das alte Prag“ (Klub Za starou Prahu), Richard Biegel. „Das ist ein Teil, der symbolisch für Prag ist. Die Bedeutung der Brücke für die Hauptstadt ist ungefähr so wichtig wie der Eiffelturm für Paris. Es ist auch eine wichtige Erinnerung an die industrielle Revolution“, sagte Biegel der Zeitung „The Guardian“.
Neubau im weißen Design
Laut der Eisenbahnverwaltung (Správa železnic), entspreche die alte Eisenbahnbrücke nicht mehr den heutigen Anforderungen, weil die Stahlkonstruktion in einem schlechten Zustand ist. Dem tschechischen Kulturministerium zufolge sei eine Rekonstruktion jedoch möglich. Deshalb hatte die Eisenbahnverwaltung einen Architekturwettbewerb ausgerichtet, bei dem Architekten selbst entweder einen Um- oder Neubau wählen und ein Projekt vorschlagen konnten.
Nach den Ergebnissen des Architekturwettbewerbs gewann die Firma „2T Engineering“ mit dem Projekt einer neuen, weißen Brücke, welche noch die Brückenpfeiler der alten Brücke nutzen würde. Gleichzeitig versprach die Eisenbahnverwaltung, dass die alte Brücke definitiv nicht auf einem Schrottplatz landen und man und eine andere Verwendung dafür finden werde. Schließlich stehe die alte Brücke unter Denkmalschutz.
Die Eisenbahnverwaltung rechnet aktuell mit einem Baubeginn im Jahr 2026 und geht von einer Dauer von etwa 20 Monaten aus. Eingeplant ist auch ein Steg für Fußgänger und Radfahrer. Die Kosten der neuen Brücke werden vorläufig auf etwa zwei Milliarden Kronen (ca. 84 Millionen Euro) geschätzt.
Der Entwurf der Firma „2T Engineering“ gewann den Architekturwettbewerb. Foto: Eisenbahnverwaltung (Správa železnic)
Der Kampf für den Erhalt der Brücke geht weiter
Allerdings rief der angekündigte Abriss der Vyšehrad-Eisenbahnbrücke Ablehnung hervor. Bis Ende Januar 2023 kamen etwa 9700 Unterschriften in einer Petition zum Erhalt der Brücke zusammen. Der Stadtbezirk Prag 5, in dem die Brücke endet, erhob offiziell Einspruch gegen die Pläne.
Für den Erhalt der Brücke setzt sich vor allem auch der scheidende Verkehrsstadtrat Adam Scheinherr (parteilos, für Praha sobě) ein. Scheinherr schlägt vor, das notwendige zusätzliche Gleis sowie den von der Metropole gewünschten Haltepunkt direkt danebenzubauen. Die Eisenbahnverwaltung (Správa železnic) lehnt das ab und argumentiert, dass die Brücke in einem zu schlechten Zustand sei. Sie wiederholte dies auch noch einmal für die Zeitung „The Guardian“. „Der Zustand der Brücke ist in einem so schlechten Zustand, dass selbst, wenn wir die Reparaturvariante umsetzen würden, es eine Replik wäre, die zu 60 Prozent neu wäre. Gleichzeitig wäre es viel teurer, es gäbe keine notwendige Erhöhung des Verkehrs und die Lebensdauer der Brücke würde sich nur um Jahrzehnte verlängern“, so Jan Nevola, Pressesprecher der Eisenbahnverwaltung.
Die Eisenbahnbrücke verbindet die Ufer der Moldau in Prag bei Výtoň (früher Podskalí) unterhalb von Vyšehrad und Smíchov. Die Moldau quert die Eisenbahn an dieser Stelle seit 1872. Die heutige Brücke stammt jedoch aus dem Jahr 1901. Die ursprüngliche Brücke war nur eingleisig und wurde dem wachsenden Eisenbahnverkehr um die Jahrhunderwende nicht mehr gerecht.