Mit einem neuen Regelwerk will Prag die Nutzung von gemeinsam genutzten E-Scootern stark einschränken – und orientiert sich dabei an Städten wie Paris. Was sich für Anbieter und Nutzer ändert.

Das Prager Rathaus versucht den Gebrauch von gemeinsam genutzten Fahrrädern, E-Bikes und Scootern  – sogenannten Shared-Mobility-Angeboten – künftig klarer zu regeln. Ziel der Reform ist es, mehr Ordnung im öffentlichen Raum zu schaffen: Speziell Leih-E-Scooter sollen weitgehend aus dem Stadtzentrum verbannt werden. Die Maßnahmen wurden am vergangenen Dienstag auf einer Pressekonferenz von Vizebürgermeister Zdeněk Hřib (Piratenpartei) und dem Direktor der Technischen Straßenverwaltung (TSK), Filip Hájek, präsentiert. Im Zentrum des neuen Systems stehen stärkere Vorgaben für Bolt, Lime und Co. Die Verleiher von Fahrrädern und E-Bikes müssen sich künftig stärker an Regeln halten: Geplant sind verbindliche Parkvorgaben, Nutzungsgebühren für den öffentlichen Raum und die verpflichtende Bereitstellung von Nutzungsdaten für die Stadt.

Eine Frau fährt auf einem E-Scooter eine Straße entlang, im Hintergrund Prager Stadtarchitektur. Das Bild steht im Zusammenhang mit einem Artikel über das mögliche Aus von Leih-Scootern in Prag.
Mobilität im Wandel: Noch gehören E-Scooter zum Stadtbild Prags – doch ihre Zukunft ist ungewiss. Credit: Bolt

Faktisches Verbot für Leih-E-Scooter

Besonders brisant: Die neuen Regelungen zielen auf ein faktisches Verbot von gemeinsam genutzten E-Scootern ab. Zwar wird das Fahren privater E-Scooter nicht untersagt, für kommerzielle Anbieter jedoch wird der Betrieb nahezu unmöglich gemacht: Wer weiterhin E-Scooter vermieten will, muss für das Parken der Roller private Flächen bereitstellen – eine Auflage, die für die meisten Anbieter nicht praktikabel sein dürfte. Schon seit September 2023 dürfen E-Scooter im Stadtzentrum nur noch auf ausgewiesenen Flächen abgestellt werden. Aktuell nutzen sie also noch dieselben Parkplätze wie Leihräder und E-Bikes – das soll sich künftig ändern. Vizebürgermeister Hřib begründet den Schritt auf einer Pressekonferenz mit dem hohen Unfallrisiko und der zunehmenden Unordnung im Stadtbild: „E-Scooter haben sich von einem umweltfreundlichen Verkehrsmittel zu einem Sicherheitsproblem und einer Touristenattraktion entwickelt.“

Eine Frau steht mit ihrem Smartphone vor einer Reihe von Leihfahrrädern in Prag, bereit, ein Fahrrad über eine App zu buchen – ein Beispiel für moderne urbane Mobilität.
Per App aufs Rad: Bikesharing gehört für viele in Prag zum Alltag – doch auch hier stehen Veränderungen bevor. Credit: Bolt

Einheitliche Parkzonen und Gebührenmodell

Auch etablierte Bikesharing-Dienste wie Rekola und Nextbike, deren Leihräder aktuell in das öffentliche Verkehrsangebot PID Lítačka integriert sind, müssen sich anpassen. Zusätzlich sieht das neue Modell eine Gebühr von 25 Tschechischen Kronen (ca. 1 Euro) pro Rad und Monat für die Nutzung öffentlichen Raums vor. Bei Verstößen gegen die Parkregeln drohen gestaffelte Bußgelder, beginnend bei 100 Kronen (ca. 4 Euro), bei Wiederholung bis zu 1000 Kronen (ca. 40 Euro).

Mehr Transparenz durch Datennutzung

Ein zentrales Element der neuen Verträge ist der verpflichtende Datenaustausch. Die Stadt erhält künftig Zugriff auf Nutzungsdaten der Anbieter, um die Einhaltung der Regeln effizient zu überwachen. In Zukunft soll so auch illegales Parken automatisiert erkannt werden.

Bereits im Mai könnte die Stadtverwaltung der TSK die Befugnis zur Vertragsunterzeichnung übertragen. Damit wäre der Weg frei für die Umsetzung der neuen Regeln ab der zweiten Jahreshälfte. Eine Übergangsphase soll den Anbietern Zeit geben, ihre Flotten anzupassen – insbesondere, um E-Scooter abzubauen oder durch E-Bikes zu ersetzen.

Ein Mann steht vor mehreren geparkten E-Scootern und hält ein Smartphone in der Hand, um sich einen Roller auszuleihen – Alltagsszene aus Prag im Kontext der Debatte um E-Scooter-Regelungen.
Mit dem Handy zum Roller: Ein Mann scannt einen E-Scooter in Prag – bald vielleicht keine Selbstverständlichkeit mehr. Credit: Bolt

E-Scooter-Regeln wie in Paris

Mit dem Schritt hin zu strengeren Regelungen für die Mikromobilität folgt Prag einem internationalen Trend. Besonders Paris gilt als Vorreiter in Sachen Regulierung von E-Scootern. Im Jahr 2023 stimmten die Pariser Bürger in einem Referendum mehrheitlich für ein Verbot von Leih-E-Scootern. Seitdem sind in der französischen Hauptstadt nur noch Fahrräder und E-Bikes im öffentlichen Sharing-System erlaubt. Auch dort waren die Gründe ähnlich: zu viele Unfälle, mangelnde Rücksichtnahme und wild abgestellte Fahrzeuge. 

Kritik und Ausblick

Besonders der zentral gelegene Bezirk Prag 1 hatte sich zuletzt für ein generelles Verbot von E-Scootern ausgesprochen – eine Forderung, die innerhalb der Stadtverwaltung lange umstritten war. Vizebürgermeister Zdeněk Hřib (Piratenpartei) bezeichnete diesen Vorstoß zwar öffentlich als „überzogen“, schlägt mit den nun vorgestellten Maßnahmen aber dennoch eine ähnliche Richtung ein. Denn auch wenn kein offizielles Verbot ausgesprochen wurde – auf öffentlichen Flächen, die unter Verwaltung der Stadt stehen, werden bald erstmal keine E-Scooter mehr zu finden sein. Ob die neuen Maßnahmen das Stadtbild Prags tatsächlich nachhaltig verändern werden, bleibt abzuwarten. Klar ist jedoch: Mit der neuen Verordnung setzt die Stadt ein deutliches Signal – für eine sichere, nachhaltige und besser kontrollierte Nutzung geteilten Verkehrsraums.

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