Die Einwanderung ukrainischer Flüchtlinge wirkt sich positiv auf den tschechischen Arbeitsmarkt aus. Das zeigt eine neue Studie des Ministeriums für Arbeit und Soziales.

Aktuell leben über 1,07 Millionen Ausländerinnen und Ausländer in der Tschechischen Republik. Dazu zählen nach Angaben des tscheschischen Innenministeriums neben 364.600 Geflüchteten mit vorübergehendem Schutzstatus auch Menschen mit befristeter oder dauerhafter Aufenthaltserlaubnis. Bis 2035 könnte die Zahl der Migrantinnen und Migranten auf rund 1,36 Millionen steigen – etwa 260.000 davon könnten Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sein. Das geht aus einer aktuellen Studie der Boston Consulting Group (BCG) und des Aspen Institute hervor, die im Auftrag des Ministeriums für Arbeit und Soziales (MPSV) erstellt wurde. Der Studie nach wirke sich die Migration aus der Ukraine insgesamt positiv auf den tschechischen Arbeitsmarkt aus. Rund 70 Prozent der aktuell in Tschechien lebenden Ukraine-Flüchtlinge könnten sich vorstellen, dauerhaft in Tschechien zu bleiben. Sie würden eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung des Fachkräftemangels spielen.

Integration entlastet Arbeitsmarkt

In Tschechien herrscht ein langfristiger Mangel an Arbeitskräften. Durch den Zustrom von Arbeitskräften aus dem Ausland habe dieser Mangel in der Vergangenheit zumindest in einigen Sektoren bereits deutlich gelindert werden können, heißt es in der Studie. Die BCG-Studie hebt hervor, dass der Zuzug insbesondere dem Baugewerbe, der Industrie und dem Dienstleistungssektor helfe. Zusätzlich setzten Flüchtlinge neue Nachfrageimpulse in der Wirtschaft. Auch in Zukunft hofft das Arbeitsministerium auf Arbeitskräfte von außerhalb. „Wir werden sie brauchen“, sagte Co-Autor Tomáš Wiedermann bei der Vorstellung der Studienergebnisse gegenüber der tschechischen Presse. Auch bei steigender Zahl bleibe der Fachkräftemangel, so die Studie, eine Herausforderung für die tschechische Wirtschaft. Als Hürden für eine erfolgreiche Integration zeigt die Studie Sprachbarrieren und Schwierigkeiten bei der Anerkennung von Qualifikationen und Fachkenntnisse auf.

Geflüchtete bereit zu bleiben

Laut einer anderen Langzeitstudie, mit dem Titel „Stimme der Ukrainer“ wächst die Bereitschaft ukrainischer Flüchtlinge, dauerhaft im Ausland zu bleiben. Während Ende 2022 noch rund 33 Prozent eine Rückkehr in die Heimat planten, war es ein Jahr später nur noch etwa jeder Zehnte. Der Anteil derer, die sich ein dauerhaftes Leben in Tschechien oder einem anderen Land vorstellen können, ist mittlerweile auf über 75 Prozent gestiegen. Nach Angaben des tschechischen Innenministeriums lebten Ende März zusätzlich zu den ukrainischen Geflüchteten auch über 90.000 Ukrainerinnen und Ukrainer in Tschechien, die bereits einen befristeten Aufenthaltstitel besäßen. Die Studie geht davon aus, dass die Zahl derjenigen mit befristeter oder sogar dauerhafter Bleibeperspektive bis 2035 auf 237.000 Menschen steigen könnte. Viele Kinder der Neuankömmlinge werden bis dahin das arbeitsfähige Alter erreichen – ein weiterer Faktor, der zur Stabilisierung des Arbeitsmarkts in Tschechien beitragen könnte.

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