Wer ist die deutsche Minderheit in Tschechien und wo trifft sie sich? In dieser Ausgabe stellen wir Ihnen das Begegnungszentrum (BGZ) im schlesischen Havířov vor.
Mit dem Aufbau einer Bergbausiedlung entstand im Jahr 1955 die Stadt Havířov. Das macht sie zu einer noch recht jungen Stadt. Den Namen verdankt die Gemeinde einer öffentlichen Ausschreibung. Der Begriff „Havíř“ bedeutet auf Tschechisch „Bergmann“. Die Stadt in der Mährisch-Schlesischen Region (Moravskoslezský kraj) liegt im Industriegebiet um Ostrau (Ostrava) und gilt als typische sozialistische Planstadt, deren Struktur auf dem Reißbrett entstand.
Die Region Teschner Schlesien diente einst als Beispiel für das friedliche Zusammenleben verschiedener Nationalitäten. So war die Region einst gemeinsame Heimat für Deutsche, Tschechen, Polen und Juden. Nach der gewaltsamen Trennung der Nationalitäten ist seit der Samtenen Revolution aber wieder ein Annäherungsprozess zu beobachten.
Grenzüberschreitende Zusammenarbeit
Auch in Havířov trifft sich die örtliche deutsche Minderheit in einem an die Landesversammlung der deutschen Vereine angeschlossenen Begegnungszentrum (BGZ). Dieses befindet sich etwas abseits des Stadtzentrums und wird vom Verein der Deutschen des Teschner Schlesiens (VdD) betrieben. Dieser wurde 1992 gegründet, hat heute rund 320 Mitglieder und besitzt Zweigstellen in Teschen (Český Těšín), Trzynietz (Trinec), Oderberg (Bohumín) und Ostrau (Ostrava). Der Verein setzt sich laut eigenen Angaben für die politische, bürgerliche, gesellschaftliche und kulturelle Rehabilitation der Bürger deutscher Abstammung und Nationalität ein.
Geleitet wird das BGZ in Havířov seit etwa einem Jahr von Hana Slížová. Foto: Manuel Rommel
Das Zentrum in Havířov veranstaltet für seine Mitglieder und andere Interessierte u.a. Deutschkurse, Seminare für Jugendliche und Senioren, Kinderfreizeiten in Tschechien und Deutschland, Bildungsreisen, Workshops und Ausstellungen. Zuletzt veranstaltete das BGZ Havířov ein Bildungsseminar in den Beskiden. Im Bereich der Jugendarbeit pflegt der Verband die Zusammenarbeit mit Schulen und organisiert Deutschkurse. Durch eine grenzüberschreitende Kooperation mit Studierenden aus Deutschland wird das Deutschlandbild bei den Jugendlichen auf tschechischer Seite aktualisiert und das Wissen über Deutschland erweitert.
„Ältere sollen von den Jüngeren lernen“
„Das Besondere an unserem BGZ ist unser Chor ‚Die Haselnuss‘, der ca. 15 Mitglieder hat und sich bei uns jeden Mittwoch trifft. Außerdem gibt es in Teschen und einigen anderen Städten ein Minderheitenfestival, an dem wir als BGZ teilnehmen“, erzählt die BGZ-Leiterin Hana Slížová, die sich seit mehr als zwölf Jahren im BGZ engagiert und vor etwa einem Jahr die Leitung von Wilma Mattis übernahm.
Der Chor „Die Haselnuss“ bei einem Auftritt auf der Nikolausfeier im vergangenen Jahr. Foto: Verein der Deutschen des Teschner Schlesiens
„Ich möchte zukünftig mehr mit dem Gymnasium zusammenarbeiten, damit die Älteren von den Jüngeren lernen können, z. B. wie man am Computer arbeitet“, sagt Slížová über ihre Zukunftspläne. Zusammen mit dem Gymnasium veranstaltet das BGZ bereits seit mehreren Jahren einen deutschsprachigen Wettbewerb, bei dem Schüler Präsentationen darüber halten sollen, was „typisch Deutsch“ ist. Eine Jury, der auch Vereinsmitglieder angehören, bewertet die einzelnen Vorträge. Zur Motivation erhalten die besten Schülerinnen und Schüler Büchergutscheine.
Die Teilnehmer des letzten Deutsch-Wettbewerbs zusammen mit Mitgliedern des Vereins der Deutschen im Teschner Schlesien. Foto: Vdd
Seit einigen Monaten betreibt das BGZ eine Webseite, um seine Mitglieder sowie Interessierte bessern zu erreichen: http://vdd-teschner-schlesien.cz
Neugierig geworden? Mehr über das BGZ und die deutsche Minderheit in Havířov erfahren Sie in der Broschüre „Begegnungen. Die deutsche Minderheit in Tschechien“, erhältlich in den BGZ oder auf Anfrage als elektronische Ausgabe unter redaktion@landesecho.cz