In Falkenau-Kittlitz erinnerte der Stein an Opfer der tschechischen Revolutionsgarden. Am Wochenende wurde er brutal zerstört. Das Dorf plant aber schon den Wiederaufbau.
Ein Kreuz zum Gedenken an sechs Opfer im nordböhmischen Falkenau-Kittlitz (Kytlice) östlich von Tetschen (Děčín) wurde am Wochenende geschändet. Unbekannte Täter zerschlugen das Kreuz in mehrere Teile, rissen die Gedenkplatte ab und beschmierten den Rest mit einem Hakenkreuz. Auf der Gedenkplatte waren auf Deutsch und Tschechisch die Worte „Den sinnlosen Opfern“ und das Datum 19. 6. 1945 geschrieben. Sie erinnert an die Erschießung von sechs Deutschen durch tschechische Revolutionsgarden an jenem Tag. Die Männer waren in der Zeit der wilden Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg in einem Akt von Selbstjustiz aus dem Dorf geführt und an der Stelle des Kreuzes erschossen und verscharrt worden. Damaligen Berichten zufolge handelte es sich um Mitglieder der NSDAP, SS sowie „glühende Nazis“. 2013 wurde in Gedenken an die Tat das Kreuz errichtet. Es befindet sich außerhalb des Dorfes nahe der Straße an einem Teich nur fünf Kilometer von der Grenze zu Sachsen entfernt.
Als erste hatte Michaela D. auf ihrer Facebook-Seite Bilder vom zerstörten Denkmal dokumentiert: „Eigentlich sollte es ein schöner Ausflug zum Denkmal ‚Den sinnlosen Opfern’ werden, aber uns erwartete eine böse Überraschung“, schrieb sie. „Ich verstehe, dass jemand zum Thema ‚Vertreibung der Deutschen’ geteilter Meinung sein kann, aber warum muss dann gleich alles zerstört werden?“ Auch Petr Psota aus Kytlice zeigte sich bestürzt. „Ich werde auf jeden Fall für den Wiederaufbau spenden.“
Hass nach so langer Zeit
Dazu wird es auch kommen, wie Monika Hladíková, Bürgermeisterin der 500-Seelen-Gemeinde, versicherte. „Das ist schrecklich und die Art und Weise völlig unverständlich. Das sieht nach einer organisierten und zielgerichteten Aktion aus, so penibel, wie das Denkmal zerstört wurde“, sagt sie und fügt hinzu: „Ich glaube nicht, dass das jemand aus der Gemeinde war. Im Gegenteil, überwältigend viele haben mir signalisiert, für den Wiederaufbau zu spenden. Darauf haben wir uns auch bereits im Gemeinderat verständigt“, so die Bürgermeisterin weiter. Zuvor hatte sie die Zerstörung angezeigt, die Polizei ermittelt.
Ursprünglich war die Errichtung des Kreuzes eine private Aktion des früheren Bürgermeisters Emil Sedláček gewesen. „Mir fehlen die Worte. Sieben Jahre stand das Kreuz unbehelligt. Klar gibt es immer noch einige Unverbesserliche im Dorf, aber die sind inzwischen alt“, sagt Sedláček. Den früheren Bürgermeister freut, dass so viele ihre Unterstützung zugesagt haben. „Das war vor sieben Jahren noch nicht so.“ Damals hatte der Gemeinderat dagegen gestimmt.
„Heute ist die Situation anders“, versichert Hladíková. Das Denkmal soll mit der wortgleichen Inschrift wieder erstehen. Die Bürgermeisterin würde es allerdings lieber als Obelisk gestalten, damit es schwerer wird, das Denkmal zu zerstören.
Darauf, dass es sich bei der Denkmalschändung um eine konzertierte Aktion handelt, weisen weitere Schmierereien im Grenzgebiet hin. So wurde auf einer zweisprachigen Tafel in Malá Veleň bei Tetschen der deutsche Name Klein Wöhlen durchgestrichen. Die rote Sprayfarbe erinnert an jene, mit der das Hakenkreuz in Falkenau-Kittlitz gesprüht wurde. Außerdem wurde die Gedenktafel an den Mineralogen und Geologen Franz Xaver Maximilian Zippe entwendet.
Die mehrheitlich deutschböhmische Bevölkerung wurde nach dem Ende des zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren aus der damaligen Tschechoslowakei vertrieben. Der ersten Phase der wilden Vertreibung mit willkürlichen Tötungen folgte eine zweite der geordneten Vertreibung der insgesamt über drei Millionen Deutschen.