Mit der neuen Partnerschaft zu Taipeh setzt sich die Führung von Prag bewusst von der prochinesischen Politik von Staatsoberhaupt Zeman und Regierungschef Babiš ab. China, das Taiwan als eine seiner Provinzen betrachtet, ist verärgert und zog erste Konsequenzen.
Einträchtig standen am Montag der Prager Oberbürgermeister Zdeněk Hřib (Piraten) und sein Amtskollege aus Taiwan, Ko Wen-je, vor dem berühmten Glockenspiel der Prager Rathausuhr und lächelten in die Kameras. Kurz zuvor hatten sie den Partnerschaftsvertrag unterzeichnet, der neben einer Zusammenarbeit der beiden Hauptstädte im wirtschaftlichen sowie kulturellen Bereich auch eine Kooperation der Zoos vorsieht.
Aufgezwungene Klausel
Trotz der unbestreitbaren geografischen Entfernung gebe es eine Reihe von Dingen, die beide Städte verbinde, unter anderem die Achtung von Demokratie und Menschenrechten oder das Interesse an intelligenter Technologie und Bestrebungen, diese in der öffentlichen Verwaltung einzusetzen, sagte Hřib. „Die Wahl zwischen dem, was richtig und was einfach ist, ist vor allem eine moralische Wahl“, kommentierte Hřib die Warnung Chinas, einen solchen Vertrag mit Taipeh zu unterzeichnen. Taipehs Oberbürgermeister Ko Wen-je erinnerte an Hřibs Reise nach Taiwan im März letzten Jahres: „Damit haben Sie gezeigt, dass Sie Taiwan unterstützen, was die Menschen in Taiwan aber auch auf der ganzen Welt sehr schätzen.“
Schon im letzten Jahr führten die intensivierten Beziehungen der tschechischen Hauptstadt zu Taipeh – vorangetrieben vor allem von den im Prager Rathaus regierenden Piraten – zu Konflikten. So scheiterte im vergangenen Oktober eine seit 2016 bestehende Partnerschaft zwischen Prag und Peking aufgrund eines Streits über eine Klausel im diesbezüglichen Partnerschaftsvertrag. Prag hatte sich damals mit einer Vertragsklausel zur Ein-China-Politik bekennen müssen. Die im November 2018 angetretene neue Prager Stadtführung wollte das nicht länger mittragen und die entsprechende Textstelle streichen. Der Streit eskalierte und China kündigte den Partnerschaftsvertrag.
Strafmaßnahmen gegen Künstler
Der Zeitpunkt der Vereinbarung über die neue tschechisch-taiwanesische Städtepartnerschaft hat zudem Symbolwirkung: Erst am vergangenen Sonntag wurde die als China-Kritikerin bekannte taiwanesische Staatspräsidentin Tsai Ing-wen bei Wahlen in ihrem Amt bestätigt. Die kommunistische Staatsführung in China möchte die Unabhängigkeit Taiwans nicht akzeptieren.
Als Reaktion auf die tschechisch-taiwanesische Städtepartnerschaft zog China nun erste Konsequenzen: Am Dienstag kündigte auch die chinesische Finanzmetropole Shanghai die mit Prag bestehende Partnerschaft. Bereits letztes Jahr reagierte China rigoros auf die intensivierten Beziehungen Prags zu Taiwan und verbot tschechischen Künstlern, wie der Prager Philharmonie, Auftritte in China.
Die Prager Stadtführung vertritt damit eine politische Haltung, die sich deutlich von der des Staatspräsidenten Miloš Zeman und der tschechischen Regierung unterscheidet. Zeman und Regierungschef Andrej Babiš stehen für eine – vor allem wirtschaftliche – Annäherung an China. Doch auch in nationalen Gremien finden sich China-Kritiker. So kündigte Senatspräsident Jaroslav Kubera (ODS) für Ende Februar zusammen mit Unternehmern eine Reise nach Taiwan an. Die Reise sei nicht im wirtschaftlichen Interesse Tschechiens, äußerte sich Präsident Zeman am Dienstag dazu. Kubera dagegen betonte, die Reise sei nicht gegen China gerichtet.