„Eifelovka“ – so wird der Aussichtsturm auf dem Prager Hausberg Laurenzi (Petřín) von den Pragern liebevoll und voller Stolz genannt. / Foto: Peggy Lohse

„Eifelovka“ – so wird der Aussichtsturm auf dem Prager Hausberg Laurenzi (Petřín) von den Pragern liebevoll und voller Stolz genannt. Jährlich lockt er unzählige Touristen an.

Knapp 400 Meter über dem Wasserspiegel der Moldau erscheinen die Burg, die Kleinseite, die Altstadt und selbst der Vítkov-Hügel wie eine fein geformte, städtische Puppenstube. Wenn Sie die im Wind sanft schaukelnden 299 Stufen der doppelläufigen Wendeltreppe, ähnlich einer Doppelhelix, erklimmen oder gegen Aufpreis den vorhandenen Lift benutzen, liegen Ihnen plötzlich die gesamte tschechische Hauptstadt und ihr Umland zu Füßen. Dann stehen Sie auf Prags eigenem Eiffelturm, der sogenannten „Eifelovka“ auf dem Laurenziberg.

Aber wie kam Prag zu seiner Eiffelturm-Kopie? 1889 besuchten Mitglieder des Tschechischen Touristenklubs die Weltausstellung in Paris. Dort begeisterte sie der echte Eiffelturm so sehr, dass sie genau so einen Aussichtsturm haben wollten – pünktlich zur bevorstehenden tschechischen Jubiläums-Landesausstellung zwei Jahre später in Prag.

Traumblick über ganz Prag! / Foto: Peggy Lohse

Sie gründeten eine Genossenschaft für den Bau auf 324 Meter Höhe auf dem Laurenziberg. Vom Magistrat erwarben sie das Grundstück. Schon nach einem Jahr waren die Vorbereitungen beendet und ausreichend finanzielle Mittel bereitgestellt. Am 16. März 1891 dann wurde der Grundstein für das Werk des Architekten Vratislav Pasovský sowie der Konstrukteure František Prašil und Julius Souček von den Böhmisch- Mährischen Maschinenfabriken gelegt. Die Bauarbeiten dauerten ein knappes halbes Jahr. Am 20. August desselben Jahres wurde die im Maßstab 1:5 verkleinerte Kopie des Pariser Eiffelturms – nur 65,5 Meter hoch – in Prag feierlich eingeweiht.

Bewegte Zeiten

Der Eiffelturm, nur ein Fünftel so groß wie das Original / Foto: Peggy Lohse

Seitdem hat der Turm schon etliche „Stürme“ erlebt. Anfang Juli 1938 löste ein Kurzschluss in einer Kabine des Fahrstuhls einen Brand aus. Aufgrund der Turmhöhe waren die Löscharbeiten äußerst kompliziert. Hunderte Besucher mussten evakuiert werden. Letztendlich konnte der Brand unter dem Dach nach einer halben Stunde gelöscht werden. Aber erst Mitte August nahm der Turm wieder seinen Betrieb auf.

Doch bald schon folgte die nächste Bedrohung: Adolf Hitler soll bei seinem Besuch im März 1939 im bereits von den Nationalsozialisten okkupierten Prag den Abriss angeordnet haben, weil der Turm seiner Meinung nach nicht ins Stadtbild passe. Glücklicherweise konnte dies verhindert werden.

Ab Mai 1953 wurde ein Fernsehsender im Turm installiert und deshalb der Fahrstuhlbetrieb eingestellt. In den sechziger Jahren kamen dann weitere Antennen für Fernsehen und Rundfunk hinzu. Ab September 1979 war der Turm wegen schlechten technischen Zustands für die Öffentlichkeit gesperrt. Erst anlässlich des 100. Jubiläums der Landesausstellung im Mai 1991 wurde er nach ersten Sanierungsarbeiten wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

1998 übernahm der Prager Informationsdienst die Verwaltung. Im darauffolgenden Jahr wur- de der Turm wieder gesperrt. Diesmal für eine echte Generalüberholung. Bis März 2002. Da die Fernsehstation im Tubus entfernt wurde, konnte sogar der Fahrstuhl wieder eingebaut werden. Im Erdgeschoss wurde die Eingangshalle mit Imbiss und Ausstellung eingerichtet.

Renaissance der „Eifelovka“

Im August 2009 übernahm den Turm vorü- bergehend die Gesellschaft Mark Corparation Czech (MC.C), seit Ende Januar 2013 ist der Museenbund der Hauptstadt Prag zuständig. Im Souterrain wird so nun auch die Geschichte des tschechischen Touristenklubs und des Aussichtsturms selbst dargestellt. Ebenfalls sind historische Fotografien und Zeichnungen vom Turm in der Eingangshalle und auf der unteren, in 20 Metern Höhe befindlichen Platt- form zu sehen.

Seit seiner Einweihung im Jahre 1891 gehört der Prager Eiffelturm neben der Prager Burg zu den beliebtesten Zielen für in- und ausländische Touristen. Der Grund dafür ist nicht nur die herrliche Aussicht, sondern auch seine Lage. In seiner Umgebung befinden sich Parkanlagen und ein Rosengarten. Auch das benachbarte Observatorium ist einen Besuch wert.

Dorthin auf den Gipfel gelangt man entweder per halbstündigen Spaziergang von der Prager Burg über das berühmte Stráhov-Kloster mit seiner äußerst wertvollen Bibliothek. Oder mit der Standseilbahn von der Kleinseitener Stra- ßenbahnhaltestelle Újezd. Hier gelten sogar die üblichen Tickets der Prager Verkehrsbetriebe. Der Besucherstrom hat sich in den letzten Jahren vervielfacht. Allein im Jahre 2014 beförderte die Standseilbahn über zwei Millionen Fahrgäste. Wer kann, nutze also noch die aktuelle Nebensaison.

„Eifelovka“ – so wird der Aussichtsturm auf dem Prager Hausberg Laurenzi (Petřín) von den Pragern liebevoll und voller Stolz genannt.  / Foto: Peggy Lohse


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