Zwei Wochen lang absolvierte ifa-Redakteur Lennard Halfmann vom LandesEcho eine Hospitanz im Bundestag. Nun geht es wieder zurück nach Prag – mit jeder Menge Eindrücken.
Ein persönliches Treffen sei leider nicht möglich – ich solle Natalie die Fragen schriftlich zukommen lassen, heißt es auf meine Anfrage, die ich netterweise vom Mailaccount meines Abgeordnetenbüros abschicken durfte. Im Rahmen des zweiwöchigen Bundestagshospitanzprogramms #Insidebundestag der Friedrich-Ebert-Stiftung habe ich als Journalist zwei Wochen lang die Möglichkeit, den Abgeordneten Adis Ahmetovic und die Arbeit der SPD-Bundestagsfraktion zu begleiten. Um die Zeit im Bundestag – ganz nah dran am Politikbetrieb – auch für meine eigenen journalistischen Zwecke zu nutzen, habe ich SPD-Politikerin Natalie Pawlik, die ehemalige Beauftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten zum LandesEcho-Interview angefragt. Doch der Terminkalender der Staatsministerin ist voll – wie die Kalender der übrigen Abgeordneten im Bundestag. Das wird auch im Rahmen des Programms deutlich, welches wir in der zweiten Woche der Bundestagshospitanz, zwischen dem 10.11. und dem 14.11. absolvieren dürfen.
Der ständige Vorbehalt
Das Bild mit Olaf Scholz kurz vor Beginn der SPD-Fraktionssitzung am Dienstag, zu der wir als Gäste hinzkommen dürfen, ist eine Sache von weniger als einer Minute. Ein kurzes Hallo zur Gruppe – Ist das wirklich Olaf Scholz, der da gerade vor mir steht? – die vor den Aufzügen bereits darauf wartet, den Bundeskanzler a. D. in ihre Mitte zu nehmen, der Auslöser einer Fotokamera, und schon wird Scholz weitergebeten. Umweltminister Karsten Schneider sagt sein geplantes Treffen mit der Gruppe ab und lässt sich durch seinen Staatssekretär vertreten – etwa um auf die zeitgleich stattfindende Geburtstagsfeier von Friedrich Merz zu gehen? – und Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius, der am Donnerstagmorgen eigentlich auf der von langer Hand geplanten Tiergartenkonferenz der FES sprechen soll, muss in einer kurzfristigen Pressekonferenz stattdessen die Einigung bezüglich der Wehrpflicht verkünden, über die bis spät in den Mittwochabend hinein verhandelt wurde. Sein Auftritt – gecancelt. Im Bundestag ist kein Termin in Stein gemeißelt.
Eine Person, mehrere Rollen
Bemerkenswert auch, ein Kennenlernabend mit Vertreterinnen und Vertretern der verschiedenen SPD-Strömungen: Den konservativen Seeheimern, den Parlamentarischen Linken und den (progressiven) Netzwerkern. Das enge Korsett, in dem sich jeder Abgeordnete bewegt, ergibt sich nicht nur aus der Begrenztheit der Zeit und den entsprechend vollen Terminkalendern, sondern auch aus den unterschiedlichen Positionen und Rollen, die sich in einzelnen Abgeordneten vereinen. Abgeordnete sind in der Regel nicht nur Teil einer parteiinternen Strömung, sondern vor allem Vertreter ihres Wahlkreises und ihres Landesverbandes, Mitglieder einer Landesgruppe sowie einer Arbeitsgruppe und/oder eines Ausschusses. Hinzu kommen mögliche Ämter innerhalb der Fraktion, die ebenfalls berücksichtigt werden müssen. Klartext reden? Für die meisten Abgeordneten scheint das schwer bis unmöglich. Wer in Berlin Antworten sucht, muss zwischen den Zeilen lesen.

Die zwei Wochen sind vorbei
Am Freitag, nach Verabschiedung der übrigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, vervollständige ich meine Notizen müde, aber mit dem guten Gefühl, der Berliner Politik und dem journalistischen Geschehen vor Ort ein Stück näher gekommen zu sein. Ich notiere:
- Die Termine eines Politikers können sich blitzschnell ändern
- Abgeordnete sprechen immer in mehrere Rollen
- Manchmal muss man sein Gegenüber auch unterbrechen dürfen
- Auf einer Fraktionssitzung geht es informeller zu als man denkt
- Netzwerken kostet Zeit: Investiere sie weise
- Im politischen Betrieb geht es neben dem Diskurs auch immer um Selbstdarstellung
- Wer ein Interview will, muss am Büro vorbeikommen
- Der Bundestag ist ein beeindruckender Arbeitsplatz
Danke für das Interesse an meiner Zeit in Berlin, und bis zum nächsten Mal – dann wieder aus der LandesEcho-Redaktion in Prag.
das könnte sie auch interessieren
How to Hauptstadtjournalismus: Willkommen in der Politik
Bis Mitte November absolviert der beim LandesEcho tätige ifa-Redakteur Lennard Halfmann eine Hospitanz im Bundestag – ganz nah dran am Politikbetrieb. Hier berichtet er in unregelmäßigen Abständen von seinen Erkenntnissen.
Mehr…How to Hauptstadtjournalismus: Einfach ist anders
Bis Mitte November absolviert ifa-Redakteur Lennard Halfmann vom LandesEcho eine Hospitanz im Bundestag – ganz nah dran am Politikbetrieb. Seine erste Woche im Bundestag ist geschafft.
Mehr…



