Auf dem Weg in die Prager Innenstadt mit der Metro-Linie A fiel unserer Landesbloggerin Verena etwas auf, was jede Metrostation zu was Besonderem macht: Farben, Formen und Muster, die nicht nur schön aussehen, sondern auch eine Bedeutung haben. Sie hat nachgeforscht, was dahintersteckt.
Für mein dreimonatiges Praktikum beim LandesEcho habe ich mich entschieden, mit dem Auto anzureisen. Das war für mich die praktischste Option, denn sowohl im Urlaub als auch beim Packen für längere Aufenthalte fällt es mir schwer, mich auf das Nötigste zu beschränken. So konnte ich meinen kleinen Polo bis oben hin füllen und bin jetzt auf jede Wettersituation bestens vorbereitet.
Schon beim Schreiben mit meiner Mitbewohnerin war klar: In der Altstadt für länger als ein paar Minuten zu parken, würde teuer werden. Also entschied ich mich für einen Park + Ride Parkplatz am Rande der Stadt – eine Lösung, die sich eher am Wochenende empfiehlt, da es auch dort bei längerem Parken unter der Woche teuer werden kann. Von dort aus wollte ich dann mit der U-Bahn zurück in die Innenstadt fahren.
Nachdem ich meine Sachen in der WG ausgeladen hatte, fuhr ich also zu dem Parkplatz außerhalb der Stadt. Von der Station Depo Hostivař hatte ich das Glück, ohne Umstieg mit der Linie A ins Zentrum fahren zu können. Schon während der Fahrt fielen mir die schönen U-Bahnhöfe mit ihren bunten Fliesen ins Auge. Bis in die Altstadt zur Station Staroměstská konnte ich an jeder Station ein neues Kunstwerk entdecken, das mich begeisterte: Wände bedeckt mit Fliesen, die mit nach innen und außen gewölbten Kreisen geprägt sind und das in verschiedenen Farben. Jede Station glänzte in ihren eigenen Farben und faszinierte mich sofort. Da stellte ich mir die Frage: Was steckt eigentlich hinter dieser besonderen U-Bahn-Gestaltung?

Das Geheimnis der Metro-Fliesen
Die Wände der Prager Metro gehören zu den fotogensten in ganz Europa. Mit ihren einzigartigen Aluminium-Fliesen gehören die Prager U-Bahnhöfe zu den außergewöhnlichsten überhaupt. Der Hauptarchitekt dahinter war Jaroslav Otruba, ein tschechischer Designer, Architekt und Künstler. Er wurde 1916 in Olmütz (Olomouc) geboren und zog 1927 mit seiner Familie nach Prag. Dort machte er auch sein Abitur und studierte an der Akademie für Architektur und Bauwesen, der heutigen Fakultät für Architektur der Technischen Universität in Prag. Zu seinen wichtigsten Projekten gehören der Atlaspalast in Karlín und das Gebäude des Staatlichen Instituts für Verkehrsplanung in Žižkov. Seit 1971 arbeitete Otruba als Chefarchitekt am Projekt der Prager Metro – sogar bis über seine Pension hinaus blieb er daran beteiligt. Gemeinsam mit Kollegen entwarf er das Design der Metrostation.
Die Fliesen bestehen aus einer Aluminiumlegierung. Die einen Millimeter dicken, aus Italien importierten Platten werden in nach innen und nach außen gewölbte Formen gepresst und bekommen so ihre charakteristische Form. Eingefärbt werden die Fliesen mit dem Eloxal-Verfahren, einem elektrochemischen Verfahren, mit dem Aluminiumoberflächen veredelt werden. Dabei wird Aluminium in ein säurehaltiges Bad gelegt und elektrisch als Anode geschaltet, sodass eine schützende Oxidschicht auf der Oberfläche des Aluminiums erzeugt wird und diese gleichzeitig einfärbt. Die Farbe liegt dadurch nicht nur auf der Oberfläche, sondern zieht in das Material ein. Zum einen ist die Fliese damit von Umwelteinflüssen geschützt und zum anderen rostet sie dadurch nicht. Durch dieses Verfahren wird jede Fliese zu einem Unikat. Die Fliesen haben eine Größe von 48 × 48 cm und in jeder Station sind davon bis zu 5000 Stück verbaut.

Mehr als Ästhetik
Nicht nur die Form der Fliesen ist besonders, sondern auch die Farben. Da Aufbau und Struktur in allen Stationen ähnlich sind, dienen die Farben als Orientierung. Gleichzeitig tragen die Farben auch symbolische Bedeutung, die einen Bezug zur Umgebung oder zur Geschichte des jeweiligen Ortes herstellt.
So verweist das Violett der Station Flora auf die Trauben der historischen Weinberge. Die Station Jiřího z Poděbrad ist grünblau und gold gehalten und erinnert damit an die Herrschaft von Georg von Podiebrad. Die Station Náměstí Míru hat blaue Fliesen – Farbe des Friedens. Schließlich heißt die Station in deutscher Übersetzung auch „Platz des Friedens“. Die Station Muzeum trägt braun und symbolisiert die Mauern der Stadtbefestigung an diesem Ort. Můstek ist in champagnerfarben und goldgelb und steht für den Handel. Staroměstská ist in Rot gestaltet und verweist auf den kommunistischen Umsturz im Februar 1948. Malostranská zeigt sich grün und erinnert an die Kleinseitner Gärten. Hradčanská glänzt in Gold und soll damit auf die nahegelegene Prager Burg hinweisen, den früheren Sitz der böhmischen Könige.
Tief unter Prag
Auf der Linie A befindet sich mit Náměstí Míru übrigens die tiefste Station der Prager Metro Sie liegt 53 Meter unter der Erde und zählt damit zu den tiefsten U-Bahn-Stationen weltweit. Das Prager Metronetz umfasst insgesamt 65 Kilometer und 61 Stationen. Alle drei Linie (A, B und C) verlaufen unter der Moldau, wobei die Linie C dabei sogar zwei Tunnel unter dem Fluss besitzt. In den kommenden Jahren wird Netz zudem um eine Linie D ergänzt, die vom Náměstí Míru über insgesamt zehn neue Stationen in den Süden der tschechischen Hauptstadt führen soll.
Die Prager Metro fährt täglich von 5 bis 24 Uhr. Nachts müssen Fahrgäste auf Bus und Straßenbahn ausweichen. Tagsüber sind die Bahnen jedoch pünktlich und zuverlässig. Zur Hauptverkehrszeit fährt alle zwei bis drei Minuten eine Bahn und auch außerhalb der Hauptverkehrszeit müssen Fahrgäste selten mehr als zehn Minuten auf die nächste Bahn warten.

Liebe Leserinnen und Leser, mein Name ist Verena Kurzke und von Oktober bis Dezember werde ich die Redaktion des LandesEcho unterstützen. Zurzeit studiere ich Journalismus in Magdeburg, komme aber ursprünglich aus Helmstedt.
Erste Einblicke in den Redaktionsalltag konnte ich bereits in Mainz beim Südwestrundfunk sammeln, wo ich Praktikantin in der Redaktion „Regionale Unterhaltung und Filmische Formate“ war. Seit diesem Sommer bin ich viel mit meinem Gravelbike an der Elbe unterwegs und genieße die Natur auf dem Rad. An Regentagen werde ich kreativ beim Häkeln oder treffe mich mit Freunden zum Plaudern in Cafés.
Während meiner Zeit beim LandesEcho freue ich mich mehr über die deutsche Minderheit in Tschechien zu erfahren, tiefere Einblicke in deutsch-tschechische Geschichte zu gewinnen und Prag jenseits der touristischen Seiten kennenzulernen. Besonders freue ich mich darauf, die Weihnachtszeit in Tschechien zu erleben und die Weihnachtsmärkte in Prag zu entdecken.




