Richard Neugebauer ist neuer Präsident der Landesversammlung. Das Amt möchte er nur
kommissarisch führen. Im Interview mit dem LandesEcho äußert er sich zu seinen Beweggründen.
LE: Vor der Annahme ihrer Wahl zum Präsidenten der Landesversammlung hatten Sie um eine zehnminütige Bedenkzeit gebeten. Was mussten Sie abwägen?
Ich bin bereits Vorsitzender des Schlesisch-Deutschen Vereins in Troppau, sowie Leiter der Wirtschaftsstiftung der deutschen Minderheit Bohemia Troppau. Auf lange Zeit ist das mit dem Präsidentenamt nicht vereinbar. Außerdem bin ich gar nicht geeignet für das Amt, ich bin kein Amtsträger. Diese Vereinsmeierei ist nicht mein Ding. Außerdem bin ich kein guter Redner. Ich bin eher der Krisenmanager.
LE: In einem Jahr möchten Sie schon wieder zurücktreten, um einem längerfristigen Nachfolger Platz zu machen. Welche Rückmeldung haben Sie auf Ihre Entscheidung bekommen?
Wenn ich sage, dass ich spätestens im Juni weg bin, glauben mir die meisten nicht, dass ich das ernst meine.
LE: Sie meinen es aber ernst, oder?
Im schlimmsten Fall mache ich noch einige Monate weiter, aber ich meine es ernst. Einige sehen meine nur vorübergehende Präsidentschaft auch als Chance: Ich bin Betriebswirt und möchte meine Präsidentschaft nutzen, um einen frischen Blick auf die Strukturen zu werfen, um diese effektiver zu gestalten. Ich habe den Vorteil, dass ich mich nicht darum kümmern muss, wiedergewählt zu werden.
LE: Welche Akzente möchten Sie bei Ihrer Präsidentschaft setzen?
Allein schon wegen meiner totalen Auslastung und der Entfernung zwischen Troppau und Prag möchte ich die Gemeinschaft stärker einbinden, sodass formelle Termine auch mal vom Vizepräsidenten übernommen werden können. Insgesamt wünsche ich mir mehr Initiative. Wir müssen nach draußen gehen, an Kindergärten, Grundschulen, Gymnasien, Universitäten, stärker mit der Mehrheitsgesellschaft zusammenarbeiten.
LE: Haben Sie noch weitere Vorhaben für die Zukunft?
Neben einer Verbesserung der Effektivität möchte ich den Grundstein dafür legen, dass auch in 20 Jahren noch Leute da sind, die das Andenken der deutschen Minderheit in Tschechien lebendig halten.
LE: Was sollte ihr möglicher Amtsnachfolger mitbringen?
Eine Vision, Durchhaltevermögen und Konsequenz.
Das Gespräch führte Lennard Halfmann
Dieser beitrag erschien zuerst in der landesecho-ausgabe 12/2025
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