2020 war ein turbulentes Jahr! Wir werfen einen Blick zurück und präsentieren Ihnen noch einmal unsere in diesem Jahr meistgelesenen Beiträge – größtenteils abseits von Meldungen über Corona-Maßnahmen, Lockdowns oder die neusten Infektionszahlen. Auf Platz 4: „Wir bauen die Balzhütte wieder auf.“ Das beliebte Ausflugsziel liegt noch in Schutt und Asche, aber Eigentümer Ivo Goedhart gibt nicht auf.
Der tschechische Kartenserver „mapy.cz“ hat die Balzhütte schon gestrichen. Man kann unter der Adresse Rynartice 81 zwar noch etwas finden. Aber die Ortsmarke landet nur auf einer grauen, kahlen Fläche. Die zwei Gebäude, die hier bis Mitte Mai noch standen, sind nicht mehr eingezeichnet.
„Aber wir sind noch da“, sagt wie zum Trotz Eigentümer Ivo Goedhart. „Alle glauben, es hat gebrannt und hier gibt es nichts mehr“, so sein Eindruck. Doch der stimmt nicht. Goedhart steht vor einem Fass, das als einziger „Bau“ den Brand überlebt hat. Dort hat er eine kleine Werkstatt, in der er gerade das Hinterrad einer seiner Roller wieder mit Luft versorgt. „Ein Teil der Rollerflotte hat den Brand überstanden, 15 haben wir neu gekauft, so dass wir wieder vermieten“, erzählt er stolz. Da die Roller an Orten in der Umgebung abgegeben werden können, ergibt sich für Besucher eine attraktive Rundtour: „Hoch zu uns wandern und zurück nach unten einfach nur rollen“, so Goedhart.
Außerdem hat er einen Anhänger aufgestellt, aus dem er Getränke und Snacks verkauft. „Die Varnsdorfer Brauerei Kocour hat uns den Wagen, die Biertischgarnituren und die Schirme fast geschenkt. Wir zapfen Kocour-Bier und Limonade“, erzählt Goedhart. Es gibt auch Gulaschsuppe und auf der Terrasse steht ein Grill, auf dem man Hamburger grillen kann. Goedhart lädt alle ein, auch die Ausflügler aus Sachsen: „Kommt rüber! Bei uns ein Bier zu trinken, ist der beste Weg, uns zu unterstützen“, fordert er auf.
80 Prozent weniger Besucher
Dieses Provisorium ist nicht mit der gemütlichen Hütte vorher vergleichbar. Aber für Goedhart geht es ans Eingemachte. „Natürlich haben wir gerade viele Probleme, aber unser größtes ist, dass bis zu 80 Prozent weniger Besucher kommen. Und das liegt auch an Corona, aber vor allem daran, dass uns hier keiner mehr erwartet“, so der Niederländer, der schon über 20 Jahre in Tschechien lebt.
Am Morgen nach Himmelfahrt brannte die Balzhütte ab. Foto: Nationalpark Böhmische Schweiz
Die Unterstützung haben er und seine Frau Barbora Laštůvková dringend nötig. Denn was die Bauden angeht, steht tatsächlich kaum noch etwas. Das ganze Elend ist mit Flatterband abgesperrt. Mitten im Wald, wo Graf Kinsky einst ein Wildgehege für Auerhähne betrieb, weshalb die hier von ihm errichteten Blockhäuser den Namen Balzhütte tragen, ist von dem historischen Holzhaus nur noch der Rest eines Schornsteins und die Terrasse zu sehen. Vom Nebengebäude stehen nur noch die Umfassungsmauern.
Als die Hütten am Freitagmorgen nach Himmelfahrt abbrannten, stand Goedhart unter Schock. Anfragen der Presse lehnte er ab. „Ich hätte noch nicht darüber sprechen können. Das war zu emotional“, sagt er. Doch inzwischen hat er sich gefasst und neuen Mut gewonnen. Er will es noch einmal wissen. „Wir bauen die Balzhütte wieder auf. Dieses Baudenkmal muss für die nächste Generation geschützt werden“, erklärt er.
Das ist ihm schon einmal gelungen. „Es kann nicht sein, dass was ich 20 Jahre aufgebaut habe, so endet“, sagt er und erinnert daran, wie er die Bauden vor fast 21 Jahren kaufte. „Die standen zehn Jahre leer und waren damals völlig zerstört“, erinnert er sich. Der 48-jährige hatte sich in den 1990ern in die Berge Nordböhmens verliebt. Erst kam er zu Besuch, dann studierte er in Ústí (Aussig) und dann baute er ein Reisebüro auf. „Ich veranstaltete Reisen nach Böhmen für niederländische Touristen und brauchte natürlich immer Unterkünfte, bis ich etwas eigenes suchte“, erzählt er, wie er zum Kauf der Balzhütte kam.
So soll die Balzhütte wieder aussehen. Foto: privat
Das Geschäft lief gut. Doch nach zehn Jahren zog er sich zurück und überließ die Hütte einem Betreiber. Nun übernimmt er gemeinsam mit seiner tschechischen Frau wieder die Regie. „Das ist auch eine wichtige Botschaft, denn die Qualität hatte in den letzten zehn Jahren etwas gelitten“, räumt er ein.
Für den Aufbau der größeren Hütte von 1906 sieht er weniger Probleme. Die sei aus Holz und damit schnell wieder aufgebaut. Schwieriger wird es bei dem Nebengebäude, das in den 1930er-Jahren zwar auch mit Holz verkleidet wurde, aber ein Ziegelskelett hat. „Hier ist die Frage, ob das Denkmalamt moderne Materialien zulässt oder auf der historischen Bauweise besteht. Im ersten Fall wäre es natürlich günstiger und würde schneller gehen“, sagt Goedhart.
Es war keine Brandstiftung
Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Zunächst muss er den Abschluss der polizeilichen Ermittlungen abwarten. „Die dauern noch. Wir warten auf die Gutachten. Wann sie eintreffen, ist nicht abzusehen“, sagt Polizeisprecher Daniel Vítek. Aber Fremdeinwirkung, also Brandstiftung, könne er schon mal ausschließen.
Erst wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind, kann Goedhart mit der Versicherung verhandeln. Und die eigentliche Herausforderung steht noch bevor. „Ich muss mich mit den Behörden einigen: mit dem Denkmalschutzamt, dem Bauamt. Der wichtigste Faktor ist aber der Nationalpark“, weiß er. „Mit dem Nationalpark sind die Beziehungen angespannt. Als ob ich nicht schon genug Probleme hätte, haben sie mir nach dem Brand das Wasser abgestellt und die Sondererlaubnis entzogen, hierher mit dem Auto zu fahren“, sagt er.
„Die Ausnahme vom Einfahrverbot bezog sich auf Gäste, die es nicht mehr gibt. Eigentümer einer Immobilie brauchen die nicht. Denen steht die Zufahrt zu ihrem Eigentum vom Gesetz her zu“, versteht Nationalparksprecher Tomáš Salov die Aufregung nicht. Auch mit dem Wasser ist es anders. „Die Firma Bohemian outdoor sports GmbH schuldet seit Jahren die Gebühren für das Wasser. So lange es die Balzhütte gab, haben wir zwar auf Zahlung bestanden, das Wasser aber nicht abgestellt. Sobald die Schulden beglichen sind, können wir auch wieder über den Wasseranschluss verhandeln.“ Salov betont, dass der Nationalpark keine Hürden erhebt, die Hütten wieder aufzubauen, erst recht nicht, wenn es tatsächlich um Repliken der früheren Bauten geht. Dennoch scheint es ein Kommunikationsproblem zwischen Goedhart und dem Nationalpark zu geben. „Eine direkter Austausch findet praktisch nicht statt. Die an Goedhart gesandte Post kommt zu uns zurück. Und wenn wir ihn um eine Telefonnummer gebeten haben, lehnte er immer ab“, räumt Salov ein. Auch Goedhart scheint sich bewusst zu sein, dass er etwas ändern muss. „Ich muss jemand finden, der mit dem Nationalpark sprechen kann“, sagt er.