Politiker und Diplomaten aus Deutschland und Tschechien diskutierten vergangene Woche in Prag über die deutsch-tschechischen Beziehungen und die aktuelle Sicherheitslage in Europa. Eine Schlüsselrolle kommt dabei dem Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds zu, waren sich die Teilnehmer einig.
„Wir müssen uns fragen, was die Grundlagen für ein friedliches Zusammenleben in Europa sind“, sagte Pavel Fischer (TOP 09), Vorsitzender des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten, Verteidigung und Sicherheit des tschechischen Senats, bei der Eröffnung des Runden Tisches am Mittwoch, den 26. März. Die Veranstaltung im Waldstein-Palais wurde vom Auswärtigen Ausschuss des Senats und dem Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds organisiert. In seiner Rede berichtete Fischer von seinen Reisen in Krisengebiete wie die Ukraine und betonte die Dringlichkeit, die Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zu stärken.
Er würdigte zudem die Arbeit des Zukunftsfonds und hob dessen Bedeutung für die bilaterale Zusammenarbeit hervor. „Es ist eine große Ehre, hier im Senat zusammenzukommen, um über Themen zu sprechen, die nicht nur die Vergangenheit betreffen, sondern auch die Zukunft unserer Zusammenarbeit“, sagte Fischer. Dabei unterstrich er, dass die deutsch-tschechische Partnerschaft ein wertvolles Beispiel für erfolgreiche bilaterale Beziehungen sei, die über die Herausforderungen der Geschichte hinweg gewachsen sind und nun in die Zukunft blicken.
Der Zukunftsfonds als Motor der Zusammenarbeit
Der 1997 gegründete Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds diente ursprünglich der Entschädigung von NS-Opfern, entwickelte sich aber schnell zu einer Plattform für zivilgesellschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit. Heute fördert der Fonds zahlreiche grenzüberschreitende Bildungs- und Kulturprojekte und hilft bei der Sanierung von Kulturdenkmälern. Der deutsche Botschafter in Prag, Andreas Künne, verwies darauf, dass der Zukunftsfonds in den vergangenen Jahren bereits über 14.000 Projekte gefördert habe. „Dieser Fonds hat nicht nur zur Vergangenheitsbewältigung beigetragen, sondern aktiv die Zukunft gestaltet. Gerade in Krisenzeiten hat er geholfen, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern zu stärken“, so Künne. Auch Tomáš Kafka, ehemaliger tschechischer Botschafter in Deutschland, unterstrich die Bedeutung dieser Zusammenarbeit: „Unsere Beziehungen sind keine Selbstverständlichkeit. Wir haben ein beeindruckendes Niveau erreicht.”
Die Teilnehmer hoben besonders die Erfolge im Jugendaustausch und der Bürgergesellschaft hervor. Im Vergleich zu 2017 sei die Anzahl der geförderten Projekte um knapp ein Drittel gestiegen. Ein bedeutender Teil, bis zu 28 Prozent, stammt dabei von Erstantragstellern. Dies zeige, dass immer mehr neue Initiativen und engagierte Bürger in die Zusammenarbeit einbezogen würden, sagte Jindřich Fryč, Mitglied des Verwaltungsrats des Zukunftsfonds. Er betonte, dass dies „viel neues Potenzial, viel frisches Blut für die deutsch-tschechischen Beziehungen“ darstelle.
Die sicherheitspolitische Lage Europas
Neben der bilateralen Zusammenarbeit diskutierten die Anwesenden auch die sicherheitspolitische Lage in Europa. Konrad Max Scharinger, Vorsitzender des Wirtschaftsprüfungsausschusses des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds, zeigte sich besorgt: „Europa ist eingeklemmt zwischen zwei Großmächten oder vielleicht sogar drei, wenn man China miteinbezieht. Auf der einen Seite Washington, ein Allianzpartner, der nicht mehr so sicher ist wie vor einigen Jahren, und auf der russischen Seite ein aggressiver Diktator, der Nachbarländer überfällt und Kriegsverbrechen begeht.“ Er betonte, dass Europa seine Sicherheit sowohl militärisch als auch geistig verteidigen müsse.
Fischer sagte abschließend: „Die weiteren Spielregeln für den europäischen Kontinent müssen mit unseren Verbündeten besprochen werden.“ Er hob hervor, dass Europa eine gemeinsame strategische Ausrichtung brauche, um seine sicherheitspolitischen Interessen selbst vertreten zu können, während es gleichzeitig enge Partnerschaften pflege.
1,4 Millionen Euro für neue Projekte
Anschließend tagte noch der Verwaltungsrat des Zukunftsfonds, der weitere 222 deutsch-tschechische Projekte mit einer Fördersumme von 1,4 Millionen Euro bewilligte. Die Projekte sind vielfältig und reichen von kulturellen Austauschinitiativen bis hin zu Bildungs- und Kunstprojekten, die darauf abzielen, das gegenseitige Verständnis zwischen den beiden Ländern weiter zu fördern.
„Dieses Jahr begehen wir den 80. Jahrestag seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, dessen Memento umso stärker ist in einer Zeit, in der sich die Welt um ein Ende des kriegerischen Konflikts in der Ukraine bemüht. Dies spiegelt sich auch in etlichen Projekten wider, die die Erfahrung aus der Vergangenheit in der Gegenwart reflektieren – ein starkes und lebendiges Thema für deutsche und tschechische Kunstschaffende wie auch für Schüler und Studierende. Sie möchten sich gemeinsam damit auseinandersetzen, bei verschiedenen Aktivitäten, Schulaustauschen oder Studienaufenthalten. Es freut uns, dass wir sie mithilfe des Zukunftsfonds unterstützen können”, so Rita Hagl-Kehl und Jindřich Fryč, die Ko-Vorsitzenden des Verwaltungsrates.