Nach 15 Jahren an der Spitze der tschechischen Piratenpartei gab Ivan Bartoš sein Amt als Parteivorsitzender an Zdeněk Hřib ab. Der ehemalige Bürgermeister von Prag soll der Partei bei der kommenden Abgeordnetenhauswahl 2025 zu neuem Erfolg verhelfen.

Hřib setzte sich beim nationalen Parteitag der Piraten am vergangenen Samstag in einer spannenden Wahl durch und gewann in der zweiten Runde das Vertrauen der Mehrheit. Damit geht eine Ära zu Ende: Bartoš war nicht nur Gründungsmitglied, sondern prägte die Partei durch seine Führung maßgeblich und führte sie in die tschechische Politik.

Piraten in der Krise

Die Wahl des 43-jährigen Arztes Hřib kommt zu einem entscheidenden Zeitpunkt. Die Piratenpartei, die ursprünglich als eine progressive Kraft für Bürgerrechte, Transparenz und Digitalisierung auftrat, musste in den letzten Jahren Verluste hinnehmen. Insbesondere bei den letzten Wahlen zum Abgeordnetenhaus 2021 konnte sie nicht an frühere Erfolge anknüpfen, auch bei folgenden Wahlen, etwa zum Europaparlament oder bei den Regionalwahlen im September, erlitt die Partei Schlappen. Kurz nach den Regionalwahlen folgte zudem der Bruch mit der Regierungskoalition: Weil die geplante Digitalisierung im Bauwesen nicht vorankam, entließ Regierungschef Petr Fiala (ODS) Ende September Ivan Bartoš als Minister für regionale Entwicklung und Digitalisierung. Daraufhin zogen sich die Piraten komplett aus der Regierungskoalition zurück.

„Wir werden Alltagsproblemen die maximale Aufmerksamkeit schenken.“

Nun suchen die Piraten unter neuer Führung nach einer Möglichkeit, ihre Position im politischen Spektrum Tschechiens wieder zu festigen. Hřib, der als ehemaliger Bürgermeister von Prag in der Öffentlichkeit bekannt ist, bringt Erfahrung in der Verwaltung und Reformen mit, die den Piraten neuen Schwung verleihen sollen.

Bartoš übergab Hřib symbolisch das „Steuerrad“ der Partei und betonte die Bedeutung von Einheit und Stabilität. Hřib kündigte an, die Partei strategisch neu auszurichten und sich stärker auf die drängenden gesellschaftlichen Themen zu konzentrieren, um bei den kommenden Parlamentswahlen wieder an Boden zu gewinnen: „Die Piraten haben gezeigt, dass sie den Weg der klaren Mitte gehen wollen. Wir werden uns unseren Wählern gegenüber öffnen und deutlich machen, dass wir hinter ihnen stehen. Wir werden ihren Alltagsproblemen maximale Aufmerksamkeit schenken. Von der Qualität der Bildung über die unsinnige Bürokratie bis hin zur rückständigen Wirtschaft. Wir werden eine zuversichtliche Wirtschaftsagenda vorlegen. Damit sie und ihre Kinder nicht von Schulden leben müssen. Die Wirtschaft sollte fair sein. Eine, in der es sinnvolle Regeln für alle gibt, ohne unnötige Bürokratie und sinnlose Regulierung. Jetzt ist nicht die Zeit für Stillstand. Packen wir es an!“, so Hřib nach seiner Wahl.

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