Es ist der größte und teuerste Auftrag in der modernen tschechischen Geschichte: In Dukovany sollen zwei neue Atomblöcke gebaut werden. Die Ausschreibung gewann das südkoreanische Unternehmen KHNP. Das Projekt wird voraussichtlich 400 Milliarden Kronen (etwa 16 Milliarden Euro) kosten.

Tschechien setzt zum Erreichen der Klimaziele auf eine Kombination aus erneuerbaren Energien und neuen Atomblöcken bei gleichzeitiger Abschaltung der Kohlekraftwerke. Mit dem Bau des ersten Atomreaktors soll 2029 begonnen werden. Der Betrieb kann dann voraussichtlich probehalber ab 2036 aufgenommen werden. Aktuell rechnet die tschechische Regierung mit Kosten in Höhe von 200 Milliarden Kronen (etwa 8 Milliarden Euro) pro Einheit. Die Preise könnten zukünftig jedoch noch steigen. Der Bau der beiden Atomblöcke soll zukünftig wettbewerbsfähige Strompreise garantieren.

Weitere Atomblöcke sind in Planung

Derzeit verfügt Tschechien noch über insgesamt sechs Atomblöcke, aufgeteilt auf zwei Standorte. In Dukovany sind bislang vier kleinere Blöcke mit einer Leistung von 510 Megawatt aktiv. „Wir brauchen den Bau von zwei neuen Kernkraftblöcken, von denen jeder etwa zwölf Prozent unseres derzeitigen Jahresverbrauchs produzieren wird. Daher glaube ich, dass die Kernenergie und dieses Projekt einen nachhaltigen Verlauf des Dekarbonisierungsprozesses gewährleisten werden“, sagte der Minister für Industrie und Handel, Jozef Síkela (STAN), über das Bauvorhaben. Bislang hat sich die tschechische Regierung nur auf den Bau neuer Reaktoren in Dukovany geeinigt. Weitere Atomblöcke könnten aber ebenfalls in Temelín entstehen.

Streit um Ausschreibung

Für KHNP ist dieses Projekt der erste Auftrag in Europa. Wie der KHNP-Direktor Chu Ho-wang mitteilte, solle die langfristige Zusammenarbeit beider Länder vom Bau bis zum Betrieb der neuen Reaktoren ebenfalls die Freundschaft und eine Partnerschaft in unterschiedlichen Bereichen ermöglichen. Neben dem koreanischen Unternehmen legten auch die französische EDF und das amerikanische Unternehmen Westinghouse Electric Company ein Angebot vor. Wie Premierminister Petr Fiala (ODS) auf einer Pressekonferenz mitteilte, habe KHNP die anderen Angebote in allen Bewertungskriterien übertroffen.

Westinghouse Electric legte beim Amt für den Schutz des wirtschaftlichen Wettbewerbs (ÚOHS) Berufung gegen die Auswahl ein. KHNP solle über keine Lizenzen für ihre angebotene Technologie verfügen. Die APR1000 Reaktortechnologie, mit der das südkoreanische Unternehmen die Ausschreibung gewann, nutzt lizensierte Technologie von Westinghouse. „KHNP ist nicht Eigentümer der zugrunde liegenden Technologie und hat auch nicht das Recht, sie ohne Zustimmung von Westinghouse an Dritte zu unterlizenzieren“, sagte das US-Unternehmen am vergangenen Montag. Der Streit soll nun durch ein internationales Schiedsverfahren beigelegt werden.

Regierung lässt Risiken prüfen

Um die Sicherheit für alle an dem Bauvorhaben Beteiligten zu gewährleisten, hat die Regierung eine Studie beauftragt, die potenzielle soziale und wirtschaftliche Risiken des Baus neuer Blöcke in Dukovany aufdecken soll. Die Ergebnisse sollen bis Ende Oktober vorliegen. Wie Fiala bei einer Konferenz am Montag mitteilte, bedeute der Bau der neuen Dukovany-Blöcke einen wichtigen Impuls für die tschechische Wirtschaft und Industrie, gleichzeitig stelle das Projekt aber auch eine Belastung für die Region dar. „Unser Interesse ist es, diese Risiken so weit wie möglich in Chancen und Erfolge für alle Beteiligten zu verwandeln“, so der Premierminister.

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In Tschechien soll ein aktualisiertes Energiekonzept zur Erreichung der Klimaziele bis 2050 in Kraft treten. Dafür reichte das Ministerium für Industrie und Handel einen Vorschlag zur neuen Ausrichtung der Energiewirtschaft ein. Der Ausstieg aus der Kohle soll bis 2033 kommen.

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