Bei ihrer ersten regulären Sitzung hat die neue Regierung unter Premierminister Andrej Babiš zentrale politische Weichen gestellt. Die Beschlüsse betreffen unter anderem europäische Vorhaben, Energiepreise, den Staatshaushalt sowie soziale und institutionelle Fragen.

Die neuernannte Regierung unter Andrej Babiš (ANO) hat am Dienstagnachmittag die Ergebnisse ihrer ersten Arbeitssitzung vorgestellt. Nach Angaben des Premiers wurden mehrere politische Vorhaben aus der Zeit vor dem Regierungswechsel ausdrücklich verworfen, zugleich beschloss das Kabinett eine Reihe kurzfristiger Maßnahmen mit finanziellen Auswirkungen. Ein Schwerpunkt der Sitzung lag zudem auf den Vorbereitungen für den Staatshaushalt des kommenden Jahres.

Ablehnung europäischer Vorhaben

Zu den ersten Entscheidungen der neuen Regierung gehört die klare Zurückweisung des europäischen Migrationspakts. Auch das geplante System neuer Emissionszertifikate im Rahmen von ETS 2 will das Kabinett nicht mittragen. Nach Angaben von Babiš soll sich die Regierung auf europäischer Ebene um Unterstützung bemühen, um eine Umsetzung dieser Regelungen zu verhindern. Eine Übernahme in das nationale Recht komme aus Sicht der Regierung nicht infrage.

Entlastungen bei Energie und Beiträgen

Industrie- und Handelsminister Karel Havlíček kündigte an, dass der regulierte Anteil des Strompreises mit sofortiger Wirkung gesenkt wird. Künftig übernimmt der Staat die Kosten für die Förderung erneuerbarer Energien. Verbraucher sollen diese Änderung ab Januar auf ihren Rechnungen bemerken. Für den Staatshaushalt bedeutet die Maßnahme Mehrausgaben in Höhe von rund 17 Milliarden Kronen (rund 700 Millionen Euro).

Darüber hinaus beschloss das Kabinett, die geplante Erhöhung der Sozialbeiträge für Selbstständige auszusetzen. Finanzministerin Alena Schillerová (ANO) erklärte, dass bereits geleistete, höhere Zahlungen nach Inkrafttreten des Gesetzes rückerstattet werden sollen. Betroffene müssten daher keine Nachteile befürchten.

Baugesetz, Gesundheit und Personalfragen

Die Regierung brachte außerdem einen parlamentarischen Entwurf zur Änderung des Baugesetzes auf den Weg. Ziel ist es, Genehmigungsverfahren deutlich zu vereinfachen und zu beschleunigen. Vorgesehen sind unter anderem eine zentrale Bauverwaltung sowie die Einstufung des Baus von Massenwohnungen als Vorhaben im öffentlichen Interesse.

Im Gesundheitsbereich genehmigte das Kabinett die Übertragung von 7,9 Milliarden Kronen (etwa 320 Millionen Euro) aus den Rücklagen der Allgemeinen Krankenversicherung (VZP) an kleinere Krankenkassen. Gesundheitsminister Adam Vojtěch (ANO) bezeichnete dies als notwendige Übergangslösung, um finanzielle Engpässe zu vermeiden, schloss aber strukturelle Veränderungen in Zukunft nicht aus.

Weitere Beschlüsse betrafen die Organisation der Regierung: Die Gehälter von Politikern sollen ab Januar eingefroren werden, auch wenn eine rechtzeitige Umsetzung fraglich ist. Zudem bestätigte das Kabinett den Diplomaten Hynek Kmoníček als nationalen Sicherheitsberater und berief Milena Hrdinková zur Beraterin des Premierministers für EU-Fragen. In mehreren Regierungsräten wurden Vorsitzende bestimmt, während einzelne Posten vorerst unbesetzt bleiben. Auf Vorschlag des Sportministers entließ die Regierung zudem die Führung der Nationalen Sportagentur.

Die Sitzung am Dienstag war die erste reguläre Arbeitssitzung der neuen Regierung, nachdem sie unmittelbar nach der Ernennung der Minister bereits kurz zusammengetreten war. Ihr vorausgegangen war eine Beratung des Koalitionsrates. Die Gespräche über den Haushalt für das kommende Jahr wurden noch bis Ende der Woche fortgesetzt. Eine Verabschiedung des Haushalts ist für den 19. Januar vorgesehen.

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