Der kleine Grenzverkehr zwischen Sachsen und Tschechien blieb bisher von Reisebeschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie unberührt. Nun erlaubt Sachsen die Einreise aus Tschechien nur noch, wenn dafür triftige Gründe vorliegen.
Sachsen beendet mit Wirkung zu Dienstag, den 17. November, den sogenannten kleinen Grenzverkehr mit Tschechien und auch Polen. Bisher durften sich Deutsche bis zu 24 Stunden in Tschechien aufhalten, ohne nach der Rückkehr nach Sachsen in Quarantäne zu müssen. Viele nutzten das zum Einkaufen oder Tanken im Nachbarland. Das ist ab Dienstag nicht mehr möglich: Besuche in Tschechien sind dann nur noch für eine Dauer von bis zu zwölf Stunden erlaubt, wenn dafür ein triftiger Grund vorliegt. Dazu zählen berufliche, familiäre oder medizinische Gründe. Auch Bürger aus Tschechien dürfen dann nicht mehr ohne triftigen Grund nach Sachsen kommen. Ausnahmen bestehen weiterhin für Pendler.
Vor allem tschechische Bürger dürften die Möglichkeit genutzt haben, in Sachsen einzukaufen, da in Tschechien die Geschäfte aufgrund der Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus geschlossen haben. Die zuletzt angespannte Corona-Situation in Tschechien schien aber Vorbehalte genährt zu haben, dass Tagestouristen das Coronavirus nach Sachsen einschleppen könnten.
„Ich habe mehrfach deutlich gemacht, dass ich mit Blick auf die hohen Infektionszahlen regen grenzüberschreitenden Einkaufstourismus sehr kritisch sehe. Angesichts der ernsten Lage haben wir entschieden, dass Einkaufs- oder Tankfahrten nicht mehr von der Quarantänepflicht ausgenommen sind. Wir müssen die Kontakte einschränken, um die Pandemie einzudämmen“, so die sächsische Staatsministerin für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt, Petra Köpping (SPD), in einer Pressemeldung der Sächsischen Staatskanzlei am Montagnachmittag.
Der tschechische Botschafter in Deutschland, Tomáš Kafka, äußerte sich zuversichtlich, dass es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme handele und man bald wieder zum kleinen Grenzverkehr zurückkehren könne. „Sachsen reagiert damit auf die gestiegene Zahl der Menschen aus Risikogebieten, die Weihnachtseinkäufe erledigen wollen“, teilte er mit.
Verunsicherung durch widersprüchliche Regelungen
Die Entscheidung der Sächsischen Staatskanzlei läuft damit tschechischen Regelungen konträr und dürfte bei Bürgern beiderseits der sächsisch-tschechischen Grenze weiter für Verunsicherung sorgen. Aus tschechischer Sicht gilt Deutschland seit Montag zwar als Risikogebiet, der tschechische Außenminister Tomáš Petříček (ČSSD) hatte aber mehrfach betont, dass der kleine Grenzverkehr mit Deutschland davon unberührt bleibt. Tschechien erlaubt deutschen Staatsbürgern eine Einreise für zwölf Stunden, ab dem morgigen Dienstag wird diese Regelung sogar auf 24 Stunden ausgedehnt.
Die Ausbreitung des Coronavirus hatte sich in Tschechien zuletzt deutlich verlangsamt. Die Zahl der täglichen Neuinfektionen bewegt sich seit zehn Tagen unterhalb der Schwelle von 10.000. Am Sonntag wurden in Tschechien 1.887 Menschen positiv auf COVID-19 getestet, das ist der niedrigste Tageszuwachs seit Anfang Oktober, an den Wochenenden wird aber generell weniger getestet, weshalb dieser Wert wenig aussagekräftig ist. Ein Indikator für eine deutliche Verbesserung der epidemiologischen Situation ist aber auch die zuletzt deutlich gesunkene Positiven-Rate, die eine Abschwächung des Pandemie-Geschehens andeutet. Nur noch etwa ein Viertel der durchgeführten Tests fallen positiv aus, vor einigen Wochen lag dieser Wert noch bei fast 35 Prozent. Angespannt bleibt die Lage aber nach wie vor in tschechischen Krankenhäusern. 6.592 Menschen müssen aufgrund von COVID-19 stationär behandelt werden, bei 1.051 Menschen nimmt die Erkrankung einen ernsten Verlauf.
Neue Regelungen in Tschechien ab Mittwoch
Seit Montag ist in Tschechien ein neues Corona-Warnsystem namens „PES“ aktiv, aktuell befindet sich Tschechien noch in der höchsten der fünf Risikostufen. Sollte sich die epidemiologische Situation weiter stabilisieren, könnte Tschechien ab nächster Woche in die vierte Stufe wechseln, was die Lockerung einiger Corona-Maßnahmen nach sich ziehen würde.
Neue Regelungen im Rahmen des Corona-Warnsystems gelten ab Mittwoch. Supermärkte dürfen dann eine Stunde länger, bis um 21 Uhr, öffnen. Allerdings wird die Zahl der Menschen, die sich zur gleichen Zeit in einem Geschäft aufhalten darf, begrenzt. Ab Mittwoch ist dann in Geschäften nur noch ein Kunde pro 15 qm Verkaufsfläche zulässig.
„Es ist auch unsere Reaktion auf Fotos von vollen Läden. Ich weiß, dass es schwierig sein wird, aber wenn keine Regeln festgelegt sind, brauchen wir uns nicht wundern, dass sich die Menschen nicht entsprechend verhalten“, erklärte der tschechische Gesundheitsminister Jan Blatný (parteilos, für ANO). Ihm zufolge blieben die Regeln für den Besuch von Geschäften streng, damit sich die epidemiologische Situation nicht erneut verschlechtert.
Um die Corona-Maßnahmen weiter aufrecht erhalten zu können, möchte die tschechische Regierung außerdem den nationalen Notstand, der am 20. November ablaufen würde, um weitere 30 Tage verlängern. Abschließend muss am Donnerstag das tschechische Abgeordnetenhaus darüber entscheiden. Eine Zustimmung gilt als wahrscheinlich.