Der Fremdsprachenerwerb an tschechischen Grundschulen ist seit Jahren immer wieder Gegenstand von Diskussionen. Nun steht die Frage nach der Abschaffung einer zweiten Fremdsprache wieder im Raum. Bildungsminister Bek findet klare Worte für die Wichtigkeit des Fremdsprachenerhalts.

Der Bildungsminister Mikuláš Bek (STAN) kündigte über das X-Netzwerk an, sich im Rahmen der Überarbeitung des Bildungsprogramms für den Fremdsprachenerhalt an Grundschulen einzusetzen. Demnach sollen Schülerinnen und Schüler ab der ersten Klasse verpflichtend Englisch lernen und ab der sechsten Klasse eine zweite Fremdsprache wählen. Außerdem soll das Fremdsprachenniveau von A2 auf B1 für Schülerinnen und Schüler bis zur neunten Klasse angehoben werden, sowie auf B2 für die Oberstufe. „Für unsere Schüler sind Fremdsprachenkenntnisse ein großer Vorteil im weiteren Berufs- und Privatleben. In vielen europäischen Ländern beginnen Kinder früher mit dem Erlernen von Sprachen und das erforderliche Niveau an Sprachkompetenz ist höher“, so der Bildungsminister. 

Abschaffung der zweiten Fremdsprache lange diskutiert

In der Vergangenheit sorgte das Bildungsministerium mit seinen Plänen zur Abschaffung einer verpflichtenden zweiten Fremdsprache für Aufregung. Besonders die deutsche Minderheit war von dem Vorhaben betroffen, immerhin ist Deutsch die meistgewählte zweite Fremdsprache in der Tschechischen Republik. Aktuell ist der Erwerb der ersten Fremdsprache ab der dritten Klasse verpflichtend, die zweite Fremdsprache muss spätestens ab der achten Klasse erlernt werden. Eine einheitliche Regelung besteht jedoch nicht, da die Grundschulen nach den Rahmenbildungsprogrammen (RVP) des Bildungsministeriums keinem einheitlichen Lehrplan unterliegen. Auch das könnte sich durch die angekündigte Überarbeitung ändern.

Die erneuten Änderungen am Rahmenbildungsprogramm für Grundschulen sollen laut Bildungsministerium bis Ende des Jahres ausgearbeitet sein. Ausschlaggebend für die zügige Umsetzung waren ihm zufolge die alarmierenden Ergebnisse tschechischer Schülerinnen und Schüler im internationalen Vergleich. Mit der Überarbeitung der Bildungsprogramme soll dann auch die Frage nach dem Erhalt einer verpflichtenden zweiten Fremdsprache endgültig geklärt werden. Nachdem das Ministerium vor einiger Zeit erklärt hatte, dass diesbezüglich noch nichts entschieden sei, hatten Fachkräfte und Organisationen in einem offenen Brief die Wichtigkeit von Fremdsprachenpflichtfächern zum Ausdruck gebracht. Auch das von der Grundschule der deutsch-tschechischen Verständigung und dem Thomas-Mann-Gymnasium in Zusammenarbeit mit der Landesversammlung ins Leben gerufene Projekt „DEUKS“, setzte sich in der Vergangenheit bereits für den Fremdsprachenerhalt ein.

Botschaften in Prag befürworten Fremdsprachenerhalt

In einer gemeinsamen Presseerklärung gaben die deutsche, österreichische, schweizerische, französische und spanische Botschaft ihren Zuspruch für die Pläne des Bildungsministers bekannt. Die Entscheidung, die zweite Fremdsprache zu erhalten, stehe im Einklang mit der Sprachenpolitik der EU, die den Erwerb von mindestens zwei Fremdsprachen für alle EU-Bürger gewährleisten soll. „Mehrsprachigkeit ist ein wesentlicher Eckpfeiler einer erfolgreichen Zusammenarbeit innerhalb der EU und der weiteren europäischen Integration. Wir sind überzeugt, dass dies ein Schritt in die richtige Richtung ist“, heißt es in der Presseerklärung.

Nicht zuletzt ist ein umfassender Fremdsprachenerwerb auch maßgeblich für die wirtschaftlichen Beziehungen zu Tschechiens Nachbarländern und ein tiefgreifendes gegenseitiges Verständnis – nicht nur für Kultur, Geschichte und Gesellschaft, sondern eben auch auf sprachlicher Ebene.

Werden Sie noch heute LandesECHO-Leser.

Mit einem Abo des LandesECHO sind Sie immer auf dem Laufenden, was sich in den deutsch-tschechischen Beziehungen tut - in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft oder Kultur. Sie unterstützen eine unabhängige, nichtkommerzielle und meinungsfreudige Zeitschrift. Außerdem erfahren Sie mehr über die deutsche Minderheit, ihre Geschichte und ihr Leben in der Tschechischen Republik. Für weitere Informationen klicken Sie hier.