Die schlechte finanzielle Lage der Medien, niedrige Gehälter und Zugeständnisse bei der Karriere. Dies sind nur einige der Herausforderungen, mit denen der tschechische Journalismus konfrontiert ist. Vor allem für Frauen ist der Beruf mit Herausforderungen verbunden. Lohnt es sich noch, in dieser Branche zu arbeiten? 

Für eine Arbeit, die man gewissenhaft erledigt und für die man einen Teil seiner Freizeit opfert, bekommt man selten genug Geld. Im tschechischen Journalismus ist das keine Utopie, sondern die Realität. Dies bestätigt eine kürzlich veröffentlichte Umfrage der Initiative “Frauen in den Medien” (tsch. Ženy v médiích), in der 83 Prozent der 472 befragten Journalisten die niedrige finanzielle Vergütung als Problem bezeichneten. Ist es also in diesen teuren Zeiten überhaupt möglich, diese Arbeit in erster Linie deshalb zu machen, weil sie Spaß macht und man sie sinnvoll findet? 

Wenn Geld einen nicht abschreckt, dann Kinder

Wenn der soziale Hintergrund instabil ist oder der Journalist nicht genügend Unterstützung durch seine Familie hat, genießt er wahrscheinlich nicht den „Luxus“, eine solche Arbeit ausüben zu können. Und was ist, wenn man Kinder haben will und dann sein Privatleben mit der Karriere verbinden möchte? Laut der oben erwähnten Studie sind die Arbeitsbedingungen in Medienunternehmen nicht gerade förderlich für eine Elternschaft. Nur selten bieten die Redaktionen einen Betriebskindergarten, eine Spielgruppe oder Kinderbetreuungszuschüsse an. Das Interesse an diesen Maßnahmen ist jedoch groß: Mehr als die Hälfte der befragten Eltern gab an, dass sie sie gerne in Anspruch nehmen würden, wenn ihr Arbeitgeber sie anbieten würde. 

Eine weitere konkrete Auswirkung der Mutterschaft können Karrierepausen und Nicht-Beförderung sein. Eine Befragte sagte sogar: „Als ich um eine Aufstiegsmöglichkeit bat, wurde mir gesagt, dass ich ein kleines Kind und einen Ehemann habe, der schon länger im Beruf ist, so dass es für die Manager von Nachteil wäre. Obwohl sie meine beruflichen Fähigkeiten schätzen, wäre mein beruflicher Aufstieg nahtlos gewesen und hätte viel früher stattgefunden, wenn ich kein Kind hätte. So war ihnen klar, dass, wenn das Kind krank würde, es eine Mutter bräuchte und ich häufig abwesend sein würde. Der Manager sagte mir auch, dass er bereits zu viele Mütter in der Redaktion habe und dass er eine ‘geschützter Betrieb’ sei.“ Eine Frau muss so etwas doch nicht erleben, oder?

Unsichere Arbeit

Ein weiteres Problem im tschechischen Journalismus ist das sogenannte „švarcsystém“, bei dem manchmal sogar langjährige Redaktionsmitarbeiter keinen festen Arbeitsvertrag haben, sondern als Selbstständige (Freiberufler) arbeiten. Dieses System bedroht potenziell die journalistische Unabhängigkeit und Autonomie, denn wenn Ihnen etwas nicht gefällt und Sie mit Ihren Vorgesetzten in Konflikt geraten, können diese Ihre Zusammenarbeit sofort beenden. Und wenn Sie sich trotz allem für Kinder entscheiden, sind Sie im „švarcsystém“ im Nachteil, denn niemand kann Ihnen eine Rückkehr an den Arbeitsplatz nach Mutterschafts- und Elternurlaub garantieren. 

Trotz Probleme immer noch ein attraktiver Beruf

Auch wenn der Journalismus, nicht nur in der Tschechischen Republik, mit vielen Problemen zu kämpfen hat, ist er immer noch ein attraktiver, altruistischer Beruf, in dem Journalisten an interessante Orte gehen und wichtige Themen ans Licht bringen können. Nicht zuletzt dient der Journalismus als Hüter demokratischer Werte, und seine Qualität ist in der Gesellschaft unerlässlich, auch wenn sie oft unterschätzt wird.

Kein Wunder, dass die Journalisten mit den Bedingungen in einigen Redaktionen nicht sehr zufrieden sind, aber laut der Studie mögen sie den Journalismus als solchen und haben generell Spaß an der Arbeit. Es gibt definitiv eine Menge Themen, die diskutiert werden sollten, und es sollten systemische Änderungen vorgenommen werden. Denn mit Leidenschaft und Liebe zum Beruf lassen sich keine Rechnungen bezahlen.

Die vollständigen Ergebnisse der Umfrage von Frauen in den Medien (tsch. Ženy v médiích) können hier nachgelesen werden.

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