Fast sechzig Jahre ist es her, als das Phänomen Večerníček (etwa “das Abendmännchen”) geboren wurde: Am 2. Januar 1965 wurde die erste Folge dieser abendlichen Märchensendung im Tschechischen Fernsehen ausgestrahlt. Večerníček ist ein fester Bestandteil des tschechischen Kulturerbes und wurde von fast jedem als Kind gesehen.
Er kann nur „guten Abend“ und „gute Nacht“ sagen, und doch ist Večerníček ein Fernsehstar. Abgesehen von den Nachrichten ist es die am längsten laufende Sendung im Tschechischen Fernsehen. Außer dem Logo des Tschechischen Fernsehens, das sich nach der Trennung der Tschechoslowakei änderte, und kosmetischen Änderungen am Jingle blieb Večerníček über die Jahre unverändert. Die Märchensendung ist mit der deutschen Sendung “Unser Sandmännchen” vergleichbar: Genauso wie das Sandmännchen präsentiert das tschechische “Abendmännchen” jeden Abend einen kurzen, meist animierten Film, eine Art Gute-Nacht-Geschichte.
Phänomen Večerníček
Večerníček als solcher ist eine gezeichnete Figur aus der Werkstatt des Künstlers Radek Pilař. Seine Stimme stammt vom damals fünfjährigen Michal Citavý. Der Jingle wurde von Ladislav Simon komponiert und er ist ebenfalls der älteste Jingle in Tschechien. Die Figur des Večerníček leitet das Märchen, das sich in den nächsten etwa zehn Minuten abspielen wird, ein und schließt es ab.
Zu Beginn fliegt Večerníček ein, verbeugt sich, nimmt seinen Papierhut ab und sagt „guten Abend“. Dann steigt er die Treppe hinauf, fliegt hinunter, schwingt sich auf ein Schaukelpferd, fährt mit einem Auto, das er nur mit einer Hand lenkt, und schließlich fährt er Einrad. Die ganze Zeit über wirft er Zettel, bis der letzte auf einer Leinwand landet, auf der „Večerníček“ steht. Dann geht es los mit einem der beinahe 400 Märchengeschichten, die das „Abendmännchen“ schon aufgeführt hat. Ganz am Ende verbeugt sich Večerníček wieder, sagt „gute Nacht“ und verschwindet ins Unbekannte. Večerníček ist also sowohl eine gezeichnete Figur als auch der Titel der Märchensendung des Tschechischen Fernsehens.
Seit dem Jahr 1973 wird Večerníček täglich ausgestrahlt und die Kleinsten können sich die Märchensendung auch in Farbe ansehen. 99 Prozent aller Märchen sind entweder Zeichen- oder Marionettenmärchen, bis auf eines, die “Krkonošské pohádky” (Märchen aus dem Riesengebirge) aus dem Jahr 1974, das heute wahrscheinlich der beliebteste Večerníček ist. Dem entspricht auch die Meinungsumfrage aus dem Jahr 2007, laut welcher 48 Prozent aller Teilnehmenden der Meinung waren, “Krkonošské pohádky” sei das beliebteste Märchen. Weitere beliebte Märchen sind “Krtek” (Der kleine Maulwurf), “Bob a Bobek – králíci z klobouku” oder “Mach a Šebestová”.
Die Märchensendung unserer (tschechischer) Kindheit
Bereits mehrere Generationen haben die Kindersendung verfolgt. Um 18.45 Uhr setzen sich heute die Enkel derer vor die Fernsehbildschirme, die im Jahr 1965 die Ehre hatten, die allererste Folge zu erleben. Viele Tschechinnen und Tschechen sind mit elterlichen Sprüchen wie „nach Večerníček gehst du ins Bett“ oder „bis Večerníček anfängt, musst du dein Zimmer aufräumen“ aufgewachsen. Das „tschechische Sandmännchen“ ist sogar so berühmt, dass er am 2. Januar 2011 Teil des Logos der Google-Suchmaschine wurde. Nach ihm wurde auch ein Asteroid benannt, den der Astronom Petr Pravec im Jahre 1999 entdeckt hat. Die Kosten für eine Folge belaufen sich heutzutage auf über eine halbe Million tschechische Kronen (ca. 20 Tausend Euro).
Eine lustige Anekdote zum Večerníček kommt aus dem Jahr 2007, als sich ein Zuschauer beim Tschechischen Fernsehrat über den Jingle beschwerte. Er behauptete, der Jingle verstoße gegen die Grundsätze der Umwelterziehung, ermutige zu Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung, verleite die Menschen dazu, ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen und ignoriere die in der gesamten Europäischen Union geltenden Sicherheitsvorschriften.
Večerníček ist ein Phänomen und die Wurzeln der Sendung reichen tief in die tschechische Kultur. Im vergangenen Jahr haben täglich im Durchnschnitt 43 Tausend Zuschauerinnen und Zuschauer im Alter von vier bis zwölf Jahren das Abendmännchen gesehen.
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