Die mögliche Ernennung des Gründers und Vorsitzenden der Motoristen-Partei, Petr Macinka, zum künftigen Umweltminister stößt in Tschechien auf Kritik. Umweltorganisationen und Wissenschaftler warnen vor einem schwerwiegenden Fehler.

Am Freitag, den 17. Oktober, trafen sich führende Vertreter von Umweltorganisationen mit dem Vorsitzenden der ANO-Partei, Andrej Babiš, aus Sorge um die Zukunft des Umweltministeriums. Das Treffen fand statt, nachdem bekannt wurde, dass der Vorsitzende der Motoristen (Motoristé sobě), Petr Macinka, möglicherweise das Amt des Umweltministers übernehmen könnte. Mehr als 400 Wissenschaftler, 50 Professoren und 20 Umweltorganisationen wandten sich in zwei offenen Briefen an Babiš und warnten vor den Konsequenzen. Das Programm der Motoristen widerspreche grundlegend den Wahlversprechen der ANO, die den Ausbau erneuerbarer Energien vorsieht.

Das Programm der Motoristen legt einen Schwerpunkt auf günstigere Kraftstoffe und Energie, wobei fossile Brennstoffe laut den Motoristen unersetzbar seien. Die Entwicklung erneuerbarer Energiequellen wollen sie nicht weiter unterstützen, das aktuelle Umweltministerium sei ein Hindernis für die Entwicklung der tschechischen Industrie. Im Wahlkampf hatte Macinka erklärt, dass „grünes Blut fließen“ werde, sollten die Motoristen das Umweltministerium übernehmen. Bei der Parlamentswahl am 3. und 4. Oktober erreichte die Partei einen Stimmenanteil von 6,8 Prozent.

ANO, SPD und Motoristen hatten sich vergangene Woche darauf geeinigt, dass letztgenannte in einer möglichen gemeinsamen Regierung das Umweltministerium erhalten sollen. Die Verhandlungen über einen Koalitionsvertrag sollen kommenden Montag beginnen.

Umweltschützer empört

Trotz massiver Kritik verteidigte Babiš seine Entscheidung und bezeichnete die Einwände als „unsinnig“. Petra Kolínská, Vorsitzende der Grünen, bezeichnete das Parteiprogramm der Motoristen „das umweltfeindlichste aller Parteien“. Umweltschützer und Experten halten die Entscheidung, Macinka das Umweltministerium zu überlassen, als fundamentalen Fehler mit schwerwiegenden Folgen für die tschechische Natur.

Für kommenden Sonntag, den 19. Oktober, planen Umweltschützer eine Demonstration auf dem Prager Hradschin-Platz (Hradčanské náměstí) zur „Rettung des Umweltministeriums“. Tschechien brauche einen Umweltminister, der die Natur schützt und nicht zerstört, so die Organisatoren. Macinka selbst bezeichnete die geplante Demonstration als Versuch, das Wahlergebnis umzuschreiben. Zudem ist ein weiteres Treffen zwischen Babiš in Planung, der Termin ist jedoch noch unklar.

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