Kaum aus Magdeburg nach Prag zum Auslandspraktikum abgereist, trifft unser Landesblogger Hendrik wieder auf Zeichen aus Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt. Er nimmt euch mit und zeigt euch die Zusammenhänge beider Städte.

Wo fängt man an, wenn man neu in Prag ist? Viele, die sich in der Stadt nicht auskennen und demnach erstmal den vielen Menschenmassen hinterhertrotten, landen sehr wahrscheinlich, wenig überraschend, an einem der zahlreichen Touristenhotspots. Auch mir, der vor seinem Auslandspraktikum schon öfter in der Stadt war, erging es ähnlich. Doch zugegeben, die Karlsbrücke, der Wenzelsplatz, das Altstädter Rathaus oder die Prager Burg sind immer einen Besuch wert.

„Wie würde meine Studienstadt Magdeburg wohl aussehen, wenn sie im Zweiten Weltkrieg ähnlich glimpflich davongekommen wäre, wie die tschechische Landeshauptstadt? Dann könnte man sich womöglich auch da kaum noch vor Touristen retten.“ Das geht mir durch den Kopf, als ich über die Karlsbrücke in Richtung Kleinseite unterwegs bin.

Blick auf die Karlsbrücke. Foto: Hendrik Heidrich

Dort angekommen, geht mein Blick schnell hinauf zur Prager Burg. Der nachweislich älteste Teil der Stadt, welcher bereits im 9. Jahrhundert von frühen Siedlern errichtet wurde, thront auch heute noch auf dem Hradschin und verspricht einzigartige Fotomotive.

Nicht bewegen und geradeaus gucken

Auf dem Burggelände angelangt, fallen mir direkt die beiden Wachen ins Auge, welche in historischer Uniform vor dem Burgtor stehen und die Anlage bewachen. Kein Job für mich, denn den ganzen Tag nur stillstehen und ohne Mimik nach vorn schauen, da sehe ich mich nicht. Mit respektvollem Nicken gehe ich an ihnen vorbei, hinein in den Burghof.

Vor dem Veitsdom stehend beginne ich, die Infotafeln zu durchstöbern. Und da entdecke ich sie wieder, die Stadt Magdeburg.

Blick auf den Südturm des Veitsdoms. Foto: Hendrik Heidrich

Historisches Uhrwerk aus Sachsen-Anhalt

Die Ziffernblätter am Südturm des Veitsdoms. Foto: Hendrik Heidrich

Das Uhrwerk, welches den Südturm der Kathedrale schmückt und aus zwei verschiedenen Zifferblättern besteht, wurde bereits 1589 vom damaligen Kaiser Rudolf ll. in Auftrag gegeben. Er wandte sich an den berühmten Magdeburger Uhrmacher Hans Bechler. Dieser machte sich auch direkt ans Werk und entwickelte ein System, welches sowohl die beiden Zifferblätter, eines für die Stunden-, das andere für die Minutenanzeige, als auch die Glocken im Südturm steuert. Auch Tschechiens älteste Glocke, die auf den Namen „Zikmund“ lautet und bereits 40 Jahre früher vom berühmten Tomáš Jaroš gegossen wurde, zählt dazu. Auch wenn das Uhrwerk über die Jahre immer wieder restauriert, verbessert und weiterentwickelt wurde, fühlt es sich schon ein bisschen mächtig an, sagen zu können, dass ein Magdeburger System Prags älteste Glocke steuert.

Über 1000 Jahre alter Weg als Grundlage

Auszug aus dem Magdeburger Recht. Foto: Landeshauptstadt Magdeburg

Der Fakt allein hätte mir wahrscheinlich schon ausgereicht, um darüber zu berichten. Doch bei meiner Recherche in der Redaktion fielen mir weitere Verbindungen der beiden Städte auf. Magdeburg und Prag waren im Mittelalter über die sogenannte Salzstraße miteinander verbunden. Ausgehend von Lübeck über Lüneburg und die Ottostadt (Magdeburg) transportierten Händler bereits im Jahr 900 n. Chr. Waren über das Erzgebirge nach Prag und weiter nach Italien. Über diese Route wird einst auch das Uhrwerk seinen Weg in die böhmische Stadt gefunden haben.

Doch nicht nur das. Prag bediente sich auch an Magdeburger Gesellschaftskonzepten. So wurde in Prag zum Beispiel sehr schnell das sogenannte „Magdeburger Recht“ übernommen. Dies entstand im Mittelalter (etwa 1200 n. Chr.) und beinhaltete grundlegende Formulierungen im Zusammenhang mit der persönlichen Freiheit, dem Eigentumsrecht, der Unversehrtheit von Leib und Leben und geregeltem wirtschaftlichem Handeln. Es bildet die Grundlage für heute noch gängige Rechtsgrundsätze.

Was bitte hat Magdeburg also mit Prag zu tun?

Tatsächlich mehr als ich vor Beginn meines Auslandspraktikums glaubte. Und sollte mich in den kommenden Monaten das Heimweh packen, brauche ich wohl nur zur Prager Burg zu laufen, um dort dem Glockenspiel zu lauschen. Gesteuert von einem Uhrwerk aus der Heimat.

Liebe Leserinnen und Leser, mein Name ist Hendrik Heidrich und für mich beginnt ab Oktober mein dreimonatiges Praktikum beim LandesECHO in Prag. Als sportbegeisterter Journalismus-Student aus Magdeburg sind mir Tschechien und Prag natürlich schon länger bekannt. Beim Fußball spielt das Land mit Sparta und Slavia Prag, sowie mit Viktoria Pilsen gleich dreimal europäisch mit, und Dukla Prag dürfte wohl einigen Handballfans in Deutschland ein Begriff sein. Für mich ist das Arbeiten bei einem Printmedium eine gänzlich neue Herausforderung, weil ich in meiner noch kurzen Laufbahn vor allem Erfahrungen im Fernseh- und Moderationsbereich sammeln durfte. So arbeite ich bereits freiberuflich für die MDR-Redaktion Sport im Osten, habe schon die 2. Handball-Bundesliga kommentiert und bin einer von drei Stadionsprechern des 1. FC Magdeburg. Aber genug zu mir. Ich freue mich darauf, Sie in den kommenden Wochen kennenzulernen, gute Unterhaltungen zu führen und die deutsche Minderheit in Tschechien noch sichtbarer zu machen.

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