Russische Medien fielen auf eine Satire herein und widerlegten damit aus Versehen den russischen Anspruch auf ukrainische Gebiete. Ein Referendum in Kaliningrad gab die russischen Großmachts-Fantasien der Lächerlichkeit preis.

Es brodelt seit ein paar Tagen in den tschechisch-polnischen sozialen Netzwerken. Tschechien und Polen machten ihre Gebietsansprüche an Kaliningrad geltend und sie einigten sich auf eine Aufteilung des Gebiets unter den beiden Staaten. Nach einem erfolgreichen Referendum hat die Tschechische Republik nun endlich einen Zugang zum Meer. So weit die Satire, die momentan über die sozialen Netzwerke verbreitet und von russischen Medien tatsächlich ernstgenommen wurde.

„Kaliningrad gehört uns!“

„Kaliningrad wurde 1255 zu Ehren des böhmischen Königs Přemysl Ottokar II. gegründet“, erläuterte der Prag-Korrespondent der BBC, Rob Cameron, auf Twitter. Nach russischen Maßstäben wären die Ansprüche auf das Gebiet damit also vollkommen legitim. Putin argumentiert in Bezug auf die Ukraine ähnlich. Das Ziel dieser Satire ist offensichtlich, sie zeigt die Absurdität der russischen Ansprüche auf die östliche und südliche Ukraine auf.

Die sozialen Netzwerke sprangen sofort auf die Satire an und erstellten zahlreiche Bilder, Slogans und Geschichten. Wo genau dieser Trend seinen Ursprung fand, ist unklar. Besondere Aufmerksamkeit bekam die Aktion aber durch einen Retweet des tschechischen Europa-Abgeordneten Tomáš Zdechovský (KDU-ČSL).

Aufrufe wie „Macht Kaliningrad wieder tschechisch!“, „Kaliningrad ist Tschechien“ oder „Královec je náš!“ (Kaliningrad gehört uns!) machten die Runde. Das Ganze gipfelte in einem angeblichen Referendum, in welchem mit über (!) 100 Prozent für einen Beitritt Kaliningrads zu Tschechien gestimmt worden sei. Auf Twitter tauchte sodann ein „offizieller Account“ von Královec auf, dem inzwischen ca. 26.000 Menschen folgen.

Russland gibt sich dem eigenen Revanchismus preis

Die Reaktionen gipfelten in Begeisterungsstürmen. Endlich kann die tschechische Bevölkerung Urlaub am eigenen Meer im „Bezirk Královec“ genießen. Auch das litauische Außenministerium war begeistert. „Es ist eine große Erleichterung, keine Grenze zu Russland zu haben. Wir freuen uns sehr auf unsere neuen tschechischen Nachbarn“, hieß es aus dem neuen Nachbarland. Die Satire wurde stetig weitergespinnt, Experten erklärten die Legitimität der vermeintlichen Annexion und ein Reiseunternehmen änderte sogar sein Angebot auf die geänderten Verhältnisse.

Weniger begeistert waren russische Medien, die auf die Satire aufmerksam wurden. Vor allem, da sie diese nicht als solche erkannten. Die Internetseite EurAsia Daily nahm die angeblichen Gebietsansprüche ernst und nannte diese Position revanchistisch. Andere russische online-Portale wie PolitExpert verwiesen auf den Militäranalyst Michail Timoschenko, der sofort erklärte, dass Russland Kaliningrad nicht hergeben werde. Tschechien und Polen sollen nicht auf eine Teilung des Gebietes hoffen.

Die Satire hatte sich damit selbst überboten. Sie schaffte es nicht nur, russisch-imperiale Argumentationsmuster ins Lächerliche zu ziehen. Am Ende bezeichneten sogar russische Medien diese als revanchistisch und entblößten damit unfreiwillig die eigenen absurden Großmachts-Fantasien.

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