Zeichnung: Jiří Bernard

Čauky mňauky, allerseits! Ich muss an dieser Stelle mal auf einen Tag im Juni zurückkommen, der mir bis heute zentnerschwer in meinem kleinen Kater-Magen liegt. Es geht um den 21. Juni, auf den ich mich ein ganzes Jahr gefreut hatte. Weshalb? Nun, am 21. Juni jeden Jahres hat ein gewisser Alois in unserem eigentlich so feierwütigen Land den sogenannten Namenstag. Loisl ist eine liebevolle Version von Alois. Also habe auch ich an jedem 21. Juni Namenstag. 

Weshalb der mir bis heute so schwer im Magen liegt? Ganz einfach: weil weder mein Butler, der Herr Schmidt, noch sonst jemand daran gedacht hat, mir von Herzen zu gratulieren, geschweige denn ein rauschendes Fest zu spendieren. Keine frisch gefangene Maus zum Frühstück, die eine brennende Kerze auf dem Rücken trägt, kein fröhliches Lied am Vormittag mir zu Ehren, keine nette nachmittägliche Runde bei lecker Granulat und Wasser, nur normaler Büchsenfraß zum Abendbrot, keine in Butter geschwenkte Jakobsmuschel an einem netten Sträußchen Dill, nicht einmal eine Gute-Nacht-Geschichte aus dem hübschen Buch von Josef Čapek über Hündchen und Kätzchen. 

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Niemand, gar niemand hat an mich gedacht und mir gratuliert. Ich bin als sehr trauriger Kater nur sehr schwer in den Schlaf gekommen und habe zu allem Unglück die ganze Nacht schwer atmend davon geträumt, dass mich niemand auf der großen weiten Welt lieb hat. Wenn ich das so formuliere, rinnen mir neuerlich Tränen aus meinen hübschen Äuglein. Seufz! Ist da niemand, der meinen tiefen Schmerz verstehen kann?

Dass mein Butler, der Herr Schmidt, nicht an meinen Namenstag gedacht hat, kann ich in gewisser Weise noch verstehen. In Tschechien gratuliert ihm auch nie jemand zu seinem Namenstag. Dabei hat er sogar zwei davon. Hans-Jörg bedeutet auf Tschechisch ja nichts anderes als Jan-Jiří. Aber daran denkt keiner seiner tschechischen Mitbürger. Auch seine Nachbarn nicht, obwohl die ihn sonst duzen und ganz genau wissen, wie er heißt. Der Herr Schmidt verdrängt seinen tiefen Schmerz immer hinter der (wahren) Behauptung, dass man in Deutschland den Namenstag nicht feiert. Maximal in abgelegenen Bergdörfern oder nebligen Hochtälern Oberbayerns. Mein Butler stammt aber aus Halle an der Saale, mit anderen Worten aus Preußen, wo man für derlei Firlefanz wie Namenstage nie auch nur annähernd Verständnis aufbringen konnte. 

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In Preußen wurde jeder unnötige Feiertag vermieden. Da wurde vor allem immer richtig hart gearbeitet. Da wurden Kartoffeln und Rüben angebaut, „lange Kerls“ zu Soldaten ausgebildet, Kriege geführt usw. Sie hatten dort einen sehr intelligenten König Friedrich II., der sich selbst als „Friedrich der Große“ begriff, während ihn das Volk den „Alten Fritz“ nannte. Er reformierte Preußen ebenso grundlegend wie Kaiserin Maria Theresia Österreich/Ungarn, spielte mehr als passabel Flöte und komponierte sogar mehrere Flötenkonzerte und Sinfonien, die ich auch schon mit Vergnügen gehört habe, weil mein Butler sie sehr mag und öfter die entsprechenden Platten auflegt. Der „Alte Fritz“ liebte es, in den nach seinen Ideen von dem Architekten Knobelsdorff in der Residenzstadt Potsdam erbauten Schlössern des Parks Sanssouci zu lustwandeln. Das wunderschöne Ensemble wird bis heute mit dem französischen Versailles verglichen.

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Leider hatte der Alte Fritz eher eine positive Einstellung zu Hunden. Katzen waren nicht so sein Ding, weshalb jetzt auch Schluss ist mit der Lobhudelei für ihn. Mehr würde sich auch deshalb nicht schicken, weil er im Siebenjährigen Krieg mit 50 000 Soldaten mein hübsches Prag belagerte, es bombardierte und auszuhungern versuchte, bis er doch den Rückzug antreten musste. Seine Truppen standen unter anderem am Ufer des Botič-Bachs, dort, wo ich heute mein „Schloss“ mit meinem Butler habe.

Was den Namenstag angeht: Ich habe mit Herrn Schmidt verabredet, dass wir auf den pfeifen. Wir beide feiern künftig gemeinsam den 8. August. Das ist der Welttag der Katzen. Und der ihrer Butler. Čauky mňauky! 

?Schmidts Kater Loisl und sein Butler Hans-Jörg Schmidt ??

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