Im Sommer reiste Martina Büchel aus Hessen zusammen mit der Sudetendeutschen Landsmannschaft nach Mährisch-Schlesien. Ein Reisebericht.

In der letzten Augustwoche von Montag, den 25., bis Sonntag, den 31. August 2025, startete ich zu meiner vierten Reise ins das Mährische Kuhländchen (Moravské Kravařsko), im Vorland der Beskiden gelegen. Viele Zeitzeugen zählten zu den Reiseteilnehmern. Erstmals begleitete mich mein Ehemann Thomas auf einer Reise ins Kuhländchen.

Die Reise beginnt

Abfahrtort: Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8 in München. Der Fernreisebus  startete fast pünklich um 09.00 Uhr mit 55 Personen an Bord in Richtung Nordmähren. Die siebentägige Kulturreise organisierte Prof. Dr. Ulf Broßmann, Bundeskulturreferent der Sudetendeutschen Landsmannschaft. Die Reiseleitung lag ebenfalls in seiner Verantwortung. Von der tschechischen Seite übernahm Mgr. Věra Šustková, – die Stellvertretende Bürgermeisterin von Brosdorf (Bravantice ) – die Planung und Reiseleitung. Mit engagierter Unterstützung u.a. von Ehefrau Hildegard Broßmann und Hubert Reiter wurden wir auf unserer Reise informativ durch das Programm geführt und betreut. Ulfs Verbundenheit mit der mährisch-schlesischen Landschaft, der Kultur und den Menschen war spürbar: Ist es doch seine Wurzelheimat und Ulf (Jg. 1943) ein Kriegskind. Ich fühlte, dass viele von uns sich durch seinen Enthusiasmus bei ihrer Spurensuche an die Hand genommen fühlten.  

Neue Perspektiven auf die Vergangenheit

Bei den Reisenden gab es die unterschiedlichsten Beweggründe, die Kulturfahrt zu unternehmen. Die mitreisenden Zeitzeugen hatten teils belastende Erinnerungen an die Zeit der Vertreibung. Die jüngeren Nachgeborenen, z.T. erstmals in der Heimatlandschaft ihrer Großeltern/Eltern, erfuhren viel über die mährische Kultur, geographische Landschaft, Geschichte und Bevölkerung. Denkbar, dass es etlichen Reiseteilnehmern ähnlich ergangen sein mag, wie mir: Ich konnte das Leben meiner Großeltern, deren Kinder und Angehörigen durch die Erläuterungen der zahlreichen Begleitumstände in denen sie lebten, aus einem erweiterten Blickwinkel betrachten. So öffnen sich mir bei meinen Reisen in meinen Wurzelheimat immer auch weitere Fenster für neue Erkenntnisse. Dazu hat auch unsere Reisebegleiterin Věra viel beigetragen. Bei meinen zurückliegenden Aufenthalten hat mich Věra als Dolmetscherin bei den Treffen mit den tschechischen Freunden, bei denen ich im Odrauer Stadtmuseum über meine Spurensuche berichtete, freundschaftlich unterstützt. Sie ermöglichte auch, aus der Warte der Generation der tschechischen Nachgeborenen, einen erweiterten Blick auf die, in dem mährisch-schlesischen Landstrich – damals wie heute – lebenden Tschechen. So mag dies ebenfalls auf unserer Reise für die Teilnehmer eine Bereicherung gewesen sein.

Die Kuppel der Wallfahrtsanlage Heiligenberg (Svatý Kopeček), etwa fünf Kilometer nordöstlich von Olmütz.
Die Kuppel der Wallfahrtsanlage Heiligenberg (Svatý Kopeček), etwa fünf Kilometer nordöstlich von Olmütz. Credit: privat

Ein anspruchsvolles Programm

Die Tagesausflüge waren gefüllt mit abwechslungsreichen Besichtigungen, Führungen und Begegnungen. Die Informationsflut war groß. Das Pensum, aus meiner Sicht, teils anstrengend, da eng getaktet. Trotz alledem waren wohl alle unter uns erwartungsvoll, die Region zu entdecken.

Der erste Halt auf der Reise war die niederösterreichische Gemeinde Retz. Entlang der Wegstrecke durch südmährische Landschaften führte uns der Weg vorbei an Gebiete, in denen bedeutende militärische Schlachten geführt wurden. Hubert Reiter erzählte u.a. von der Drei-Kaiser-Schlacht (1805) bei Austerlitz und von dem berüchtigten Brünner Todesmarsch  (31. Mai 1945), den wilden Vertreibungen. Die historischen Ereignisse im Kopf, fahren wir entlang blühender Landschaften.

Von Retz ging es in das historische Zentrum von Kremsier (Kroměříž) mit Führung durch den frühbarocken erzbischöflichen Palast. Das Schloss gehört zu den bedeutendsten kulturhistorischen Denkmälern Mährens, herausragend durch seinen außergewöhnlichern Komplex historischer Säle, Bibliotheken, einem einzigartigen Musikarchiv und der Gemäldesammlung, die zu den wertvollsten ihrer Art weltweit zählt. Das Ensemble ist Bestandteil des UNESCO-Weltkulturerbes.

Anschließend weiter zu unserem Ausgangs- und Wohnort für die Tagesausflüge nach Alttitschein (Stary Jičín), wo wir im Hotel Zámeček „Schlösschen unter der Burg“ wohnten. Auch der Aufstieg zur Burgruine, unter deren Schutz im 13. Jahrhundert deutsche Siedler standen, als sie das Beskidenvorland urbar machten. Die Besichtigung der Burgruine und die Kirche des Hl. Wenzel waren noch zu einem späteren Zeitpunkt des Reiseverlaufs ein Programmpunkt.

Tanzen in der Hauptstadt des Kuhländchens

Tags darauf: Fahrt nach Neutitschein (Nový Jičín), die Hauptstadt des Kuhländchens mit seinem denkmalgeschützten Stadtplatz. Dort übernahm der ehemalige Oberbürgermeister – Pavel Wessely – die Führung. Auf dem Stadtplatz führte die Volkstanzgruppe Javorník am Wahrzeichen des Kuhländchens, dem Bauernbrunnen, für uns Kuhländler Tänze auf. Bei besonderen Anlässen führen die Volkstanzgruppe Javorník mit der Alte Heimat Kuhländchen Trachtengruppe gemeinsam die Tänze auf. Christl, geb.1929 in Neutitschein, war 17 Jahre alt, als sie von dort vertrieben wurde. Sie ist die Einzige der Tanzgruppe, die noch zu Hause die Tänze tanzte und so ihr Wissen darum in die Tanzgruppe einbrachte. Dr. Eva Hanzelková und Christl Rösch setzen sich für den Erhalt dieser Tradition ein. 2019 wurden die Tänze als immaterielles Kulturerbe nach dem UNESCO-Übereinkommen in das Bayerische Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes eingetragen. Für DVD-Aufnahmen tanzten beide Volkstanzgruppen vor einem Jahr zusammen die Tänze: für Christl war das im Alter von 95 Jahren der letzte gemeinsame Auftritt.

Das Vertreibungs- und Holocaustdenkmal im Firmenpark Mateiciuc in Odrau.
Das Vertreibungs- und Holocaustdenkmal im Firmenpark Mateiciuc in Odrau. Credit: privat

Ein vergessener Friedhof

Auch am nächsten Vormittag begleitete uns Pavel Wessely beim Rundgang durch den Neutitscheiner Friedhof. Er zeigte uns die große Zahl noch vorhandener, aber ungepflegter deutscher Grabsteine, die restauriert und zu einem Lapidarium zusammengefasst wurden. Stichwort Erinnerungskultur: Ich bin beeindruckt wie viele gemeinsame deutsch-tschechische Projekte geplant und nach und nach umgesetzt werden und so Orte/Kultur der gemeinsamen Geschichte, der gemeinsamen Erinnerung der Zeitzeugen an die nachfolgenden Generationen weitergegeben werden. Diese Initiativen werden finanziell aus Mitteln z.B. des  Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds, aber auch der Gemeinden oder lokalen Vereinen  gefördert. So hat der Club der Einheimischen und Freunde der Stadt Nový Jičín mit seinen Mitgliedern (u.a. Pavel Wessely) und deren Engagement und vielen Stunden Einsatz, maßgeblich dazu beigetragen, dass beispielsweise das Lapidarium errichtet wurde.

Auf den Spuren des Holocaust

Die geschichtliche und kulturelle Bedeutung der Region bekam die Reisegruppe anhand der barocken Schlossanlagen, wie das „Mährisches Mirabell“ genannte Schlossmuseums in Kunewald (Kunín) mit zeitgenössischer, größtenteils originaler Ausstattung, vermittelt. Beim Besuch von Mankendorf (Mankovice) erzählte uns Ulf von dem Ort, in dem er seine Kindheit erlebte und wo er inzwischen auch Ehrenbürger ist. Die Bevölkerung im Kuhländchen war vorwiegend katholischen Glaubens. In Mankendorf war daneben bis zur Vertreibung die religiöse Gemeinschaft der Mährischen Brüder präsent. Zur Erinnerung an diesen Teil der Ortsgeschichte  wurde im  September 2023 der Mährische-Brüder-Park errichtet. Die Besichtigung des Parks und der barocken Kirche Mariä Heimsuchung (Navštívení Panny Marie) waren ein Programmpunkt an diesem Nachmittag. Nicht zu vergessen: die Begrüßung durch Bürgermeisterin Martina Blažková sowie die gastfreundliche Bewirtung mit frisch gebackenen Kichlen und Getränken.

Anschließend die Fahrt nach Odrau (Odry) zum Besuch des Firmenparks Mateiciuc mit Besichtigung des Vertreibungs- und Holocaustdenkmals im Park des Geländes: eine lebensgroße Figurengruppe, die die Brüder Mateiciuc anlässlich des Firmenjubiläums im Firmenpark errichtet haben. Die Aufschrift: „Auf dem Weg, allen Opfern von Vertreibung.“ Zdeněk und sein Bruder Emil, vom Verein Rolleder in Odrau, gehören auch zu den Initiatoren des Museums für tschechisch-deutsche Verständigung. Ein Besuch des Stadtmuseums stand diesmal nicht auf dem Programm. Dafür die Begehung des neuen beeindruckenden Blumenweges, einem Gedenkweg für 42 zivile Odrauer Opfer im Jahr 1945. Am 24. Oktober 2024 war es soweit, dass dieses tragische Kapitel symbolisch abgeschlossen und der Blumenweg in Odrau zum Andenken an die deutschen Opfer eröffnet werden konnte.

Die Brüder Mateiciuc sehen ihre Firma in direkter Nachfolge zu den deutschen Firmengründern Gerlich vor 180 Jahren. Wir haben über die Geschichte der Tuchfabrik einen etwa 30-minütigen informativen Film gesehen. Die Brüder und der Sohn von Zdeněk – mit selben Namen – erzählen darin von ihrer Recherchearbeit und den Ergebnissen. Ich kenne die beiden Brüder von vorherigen Begegnungen: Den Brüder zolle ich meinen Respekt dafür, was sie für die deutschen Bewohner Odraus getan haben und immer noch tun. 

Der Bauernbrunnen, das am Wahrzeichen des Kuhländchens.
Der Bauernbrunnen, das Wahrzeichen des Kuhländchens. Credit: privat

Keine Reise ohne Gastgeschenke

Im Rahmen des Beisammenseins im Konferenzraum habe ich das Wort ergriffen und mit  Věras Unterstützung das mitgebrachte Geschenk überreicht. Ferdinand Sendensky (* 2.12.1910 Dobischwald, † 2001) hat die Chronik Dobischwälder Heimatbuch verfasst. Mein Großcousin Josef Klézl hat den weitverzweigten Familienstammbaum, der die Verwandtschaftsgrade der Familien Klesel/Klösel/Klézl dokumentiert, zusammengestellt. So haben wir erfahren, dass wir mit Sendensky verwandt sind. Ich habe mich gefreut, dass ich die in 2019 aufgetauchte Datei mit dem Inhalt der Chronik übergeben konnte. Auch das in französischer Gefangenschaft begonnene Kriegstagebuch überreichte ich. Und schließlich, im  Reisegepäck gut verpackt einen Schatz, den mein inzwischen ebenfalls verstorbener Vater von seiner Mutter (Aloisia Klesel, geb.Blaschke, *1910 in Dobischwald, † 11.11.1992 in Passau) nach ihrem Tod erhalten hat. Doch dazu gegen Ende dieses Beitrags Näheres.

Die restliche Reise in Kürze

Zurück zu den Orten, die wir besichtigten: Die längste Anreise führte uns in die Berge. Es ging in die Mährische Walachei nach Rosenau (Rožnov pod Radhoštěm) in das Walachische Freilichtmuseum. Von dort in die Mährisch-Schlesischen Beskiden nach Pustewny (Pustevny) mit seinen kunstvoll verzierten Walachischen Holzhäusern auf den sagenumwobene 1129 m hohen Berg Radhoscht (Radhošť). Da ein längerer Aufenthalt vorgesehen war, konnten Interessierte zur heidnischen Gottheit Radegast wandern – mit beeindruckenden Ausblicken bis in die Karpaten.

Über die Mährische Pforte und die Ebene der fruchtbaren Hanna fuhren wir nach Olmütz (Olomouc), der historischen Hauptstadt Mährens. Dort sind bis heute noch besonders viele Schätze der Baukunst erhalten und werden als städtisches Denkmalreservat geschützt. Im Wenzelsdom (Katedrála sv. Václava) – an der historischen Riegerorgel – wurde uns ein Konzert mit dem Organisten Karel Martínek geboten. Die Orgel ist die größte Tschechiens. Ein weiteres Ziel im Anschluss: die mächtige Wallfahrtsanlage Heiligenberg (Svatý Kopeček), die etwa fünf Kilometer nordöstlich von Olmütz liegt. Die Wallfahrtsanlage war und ist das Ziel unzähliger Pilger und auch der Liebhaber des Barock. Seit 1995 ist sie Basilika minor.

In der Nähe von Bautsch (Budišov nad Bud), am Fuße des Roten Berges (Červená hora), befindet sich ein Hügelgrab mit weitreichender Aussicht auf das Altvatergebirge. Das Grabmahl soll an dem Massengrab der denkmalwürdigen Schlacht von 1758 zwischen Preußen und Österreichern erinnern. Hubert Reiter vermittelte uns vor Ort anschaulich , dass diese Region im Zweiten Weltkrieg heftig umkämpft war. Die im Mai bis Juni 1945 in ihre Dörfer zurückkehrenden Deutschen fanden vernichtete Dörfer vor. Die eisenerzhaltigen Böden sollten industriell genutzt werden. Auch hier wurden alle deutschen Männer von 14 bis 60 Jahren zur Zwangsarbeit verpflichtet. Auf dem Hochplateau sind in Folge alle deutschen Dörfer dem Erdboden gleichgemacht worden. 

Am Fuße des Grabmahls befindet sich seit 1998 ein Granitplattenweg, die Straße der deutsch-tschechischen Verständigung. An dem internationalen Projekt beteiligten sich sowohl als auch Organisationen, Kommunen, Familien und Einzelpersonen, wie z. B. Christl Rösch. So wird die Straße mit den Jahren immer länger. Ein denkwürdiger Moment, als wir Christl erstmals an der von ihr gestifteten Platte erlebten. Bei der Einweihung am 11. Juni diesen Jahres konnte sie nicht dabei sein. Auf dem Hügel, in der 2011 eingeweihten Kapelle des Hl. Nepomuk, zelebrierte Pfarrer Disser, der uns auf der Reise begleitet, eine kurze Andacht zum Totengedenken. 

Anschließend Weiterfahrt nach Brosdorf (Bravantice) zu der Dank- und Versöhnungsmesse, zudem die Abschlussmesse der Kulturreise in der St.-Valentin-Kirche. Die feierliche Hl. Messe wurde anlässlich der Rückkehr der Statue des Prager „Jesulein“ (Návrat Jezulátka) gefeiert. In den Wirren der Vertreibung galt das Brosdorfer Jesulein lange als verschwunden. Nun gelangte es aus dem deutschen Meerholz – nach fast 40 Jahren –, wieder nach Brosdorf zurück. Die Hl. Messe hat der Vikar der Diözese Ostrava-Opava, P. Daniel Vícha, gehalten. Konzelebranten waren der Ortspfarrer P. Pavel Kukiola und die zwei mitreisenden Priestern: Pfarrer Winfried Disser und Pfarrer Klaus Oehrlein. Anschließend Beisammensein mit den Brosdorfern im Schlossgarten. Auch hier, wie andernorts, gastfreundschaftliche Bewirtung seitens der Gemeindemitglieder und der Broßdorfer Bewohnern.

Diese Porzellantasse mit Unterteller soll im Odrauer Stadtmuseum ihren Platz in der Vitrine finden - ein Erinnerungsstück an meine Oma.
Diese Porzellantasse mit Unterteller soll im Odrauer Stadtmuseum ihren Platz in der Vitrine finden – ein Erinnerungsstück an meine Oma. Credit: privat

Mein Reisefazit

Welche Landschaftsbilder und Eindrücke mir rückblickend in Erinnerung bleiben: 

  • die schöne Gebirgsnatur der Beskiden/Altvatergebirge 
  • die mittelalterlichen Burgen an der Mährischen Pforte an der Bernsteinstraße gelegen 
  • die barocken Schlösser und Kirchen
  • die Statuen des hl. Johannes von Nepomuk, an Brücken oder an Wegen zu finden
  • die vielen Obstbäume, besonders die in Vorgärten und entlang der Landstraßen rot leuchtenden Äpfel
  • das Gebäck wie Kichlen, Quargeln und die Böhmischen Knödel 
  • die Autobahn nach Ostrau (Ostrava) mit den Zubringern, deren Ausmaß ich seit meiner letzten Reise in 2019 erstmals gesehen habe
  • Nicht zu vergessen: die Gastfreundschaft der tschechischen Bewohner des Landstrichs.

In Erinnerung bleiben mir auch die unterschiedlichsten Geschichten und Erzählungen der Mitreisenden. Während der Reise verglich ich meine Spurensuche mit der der anderen Teilnehmer. Im Gegensatz zu manch anderen ist das Haus meiner Großeltern in Dobischwald (Dobešov) wie auch der Ort bis heute weitestgehend erhalten geblieben. So konnte ich mir vor Ort selbst ein Bild verschaffen und mich in die überlieferten Erzählungen hineindenken. Über meine Spurensuche habe ich vielfach geschrieben (u.a. Sudetendeutsche Zeitung, 29.01.2024; LE 5/2024). Ich spüre eine Verwurzelung mit den Menschen und dem Landstrich, in dem meine Vorfahren vor der Vertreibung lebten. Das Erkunden und Aufschreiben dieser Spurensuche war ein Prozess. Ich bin um viele Erkenntnisse reicher geworden.

Nun möchte ich zum Abschluss kommen und die Auseinandersetzung mit dem Thema für mich symbolisch beenden, was nicht heißen soll, dass ich meine Wurzelheimat nicht mehr bereisen werde. Ich bringe einen Teil der Erinnerungsstücke, die meine Oma bei der (geordneten) Vertreibung beim Transport mit dem Viehwaggon in ihrem Gepäck bei sich hatte, zurück. Eine Porzellantasse mit Unterteller von dem Kaffeeservice und ein Suppenteller vom Tafelservice sollen nun im Odrauer Stadtmuseum ihren Platz in der Vitrine finden, in der bereits das „Dobischwälder Heimatbuch“ von F. Sendensky aufbewahrt wird. Im Bewusstsein der Geschehnisse kann ich nur erahnen, welche Bedeutung dieses Porzellan für meine Oma gehabt haben muss. Hätte meine Oma meine Aktion befürwortet? Bestimmt hätte meine Oma sich gefreut, dass ich meine Großcousins Josef Klézl, Jirka Král und deren Familien kennengelernt und erneut auf dieser Reise – wenn auch nur kurz – getroffen habe.

Ein Gedanke zum Schluss

Ich würde mich freuen, wenn meine Aktion als ein Verständigungsbeitrag gesehen wird. Die Zeitgeschichte des Ortes und deren ehemaligen Bewohner, möge bei den nachgeborenen Generationen – zu denen ich auch zähle – nicht in Vergessenheit geraten. Ich könnte mir vorstellen, dass auch die Reiseteilnehmer dazu beitragen werden. Der Austausch untereinander könnte zu neuen Kontakten, Recherchen und weiteren Besuchen beitragen. Vielleicht macht auch meine Erzählung neugierig, diese Region in Tschechien zu bereisen.

Es mag Zufall gewesen sein, dass ich am 30. August auf unserer gemeinsamen Reise an der Hl. Messe in Brosdorf, anlässlich der Rückkehr des Jesulein“ teilgenommen habe. Vor meiner Abreise nach Tschechien war der für meine Wahrnehmung „symbolische Zusammenhang“ zwischen den beiden Rückkehrereignissen noch nicht erkennbar. 

Der Mensch denkt, Gott lenkt.  Člověk myslí, Bůh řídí

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