„Außergewöhnliche Situationen erfordern außergewöhnliche Maßnahmen“ heißt es in einem Sprichwort. Aktuell befinden wir uns zweifelsfrei in einer solchen. Die Coronakrise stellt die gesamte Menschheit vor eine harte Bewährungsprobe. Dabei bekommt der Mensch, der sich oft so sicher und unerschütterlich fühlt, knallhart seine Grenzen aufgezeigt. So wird auch aus dem LandesBlog kurzerhand ein „AuslandesBlog“.
Was hatte ich nicht alles für mein Auslandspraktikum beim LandesEcho in der tschechischen Hauptstadt geplant. Als Sportbegeisterter wäre ich nur zu gern am Wochenende zu Fußballspielen der beiden großen Rivalen Sparta und Slavia gegangen, um die Stimmung im Stadion zu erleben. Auch ein Besuch bei den Eishockeyspielern des HC Sparta in der O2 Arena stand ganz oben auf meiner Liste. Selbst der gemütliche Sonntagsspaziergang durch die Prager Innenstadt muss nun vorerst warten. Stattdessen fand ich mich vor etwas mehr als einer Woche im Fernbus zurück nach Deutschland wieder. Zugegeben, ich wäre an diesem besagten Freitag sowieso in meine Heimat gefahren, die Rückfahrt für Sonntagnachmittag war ebenfalls bereits gebucht. Daraus wurde für mich nun erstmal ein „One-Way-Ticket“. Da Bürger aus Corona-Risikogebieten, zu denen auch Deutschland zählt, nicht mehr nach Tschechien einreisen dürfen, bin ich, wie einige andere auch, in der kommenden Zeit zur Arbeit im so genannten „Homeoffice“ gezwungen.
Tschechien konsequent – Deutschland nicht?
Im Gegensatz zur deutschen Regierung, die bei Entscheidungen zu Corona oft einen unentschlossenen und zögerlichen Eindruck macht, hat die tschechische Regierung um Ministerpräsident Andrej Babiš konsequent gehandelt: Veranstaltungsabsagen, Grenzschließungen, Ausgangssperren. Nur noch lebensnotwendige Geschäfte dürfen öffnen, in der Öffentlichkeit müssen Mund und Nase bedeckt werden. Maßnahmen, die auf den ersten Blick radikal erscheinen, jedoch zur Eindämmung des Virus notwendig sind. Zu Ausgangssperren konnte sich der Großteil von Deutschland bisher nicht durchringen. Statt per Gesetz durchzugreifen, wird weiterhin auf die Vernunft der deutschen Bürgerinnen und Bürger gesetzt. Eine Entscheidung, die sich als riskantes Spiel mit der Gesundheit der Gesellschaft entpuppen kann. Der Föderalismus in Deutschland mag in einigen Dingen eine gute Sache sein, doch in der aktuellen Krisensituation wirken die einzelnen Entscheidungen der Bundesländer eher wie ein Hindernis.
Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen
Glaubt man den Warnungen von Virologen und Instituten, befinden wir uns in einem Wettlauf gegen die Zeit. Wir allein können das Virus nicht besiegen, können aber die Verbreitung verlangsamen, um den fieberhaft forschenden Wissenschaftlern mehr Zeit für die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen zu geben. So lange man aber im Fernsehen und Internet noch Bilder von nicht notwendigen Menschenansammlungen sieht, sind wir auf einem völlig falschen Weg. Ich war fassungslos, als ich vor einigen Tagen in einem Nachrichtenbeitrag eine Aussage eines Jugendlichen sah, der ernsthaft behauptete, er gehe weiterhin wie gewohnt nach draußen, da das Virus die jungen Leute nicht betreffe. Mit Fremdscham für meine Generation wechselte ich anschließend den Sender.
Die Coronakrise wird zu einem großen Test für jeden Einzelnen. Alle müssen sich jetzt die Frage stellen, inwieweit man bereit ist, die eigenen Bedürfnisse und Interessen hinter das Gemeinwohl der Gesellschaft zu stellen. Auch ich ertappte mich in der vergangenen Woche mehrmals bei dem Gedanken, dass ich mich doch mal wieder mit Freunden treffen könnte. Direkt im nächsten Augenblick setzten aber Vernunft und der Gedanke an meine Liebsten ein. „Das kann ich jetzt einfach nicht riskieren“, dachte ich mir.
Historische Ansprache
Es ist zweifelsfrei eine Krise mit historischem Ausmaß. So historisch, dass auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel einen für sie bisher einmaligen Schritt wagte. Sie tat etwas, das sie nicht einmal zur Finanzkrise 2008 und auch nicht in der Flüchtlingskrise 2015 machte. Zum ersten Mal in ihrer 15-jährigen Amtszeit wandte sich die Kanzlerin abseits der traditionellen Neujahrsansprache über das Fernsehen direkt an die Bevölkerung. Sie sprach von einer „ernsten Lage“ und rief die Bevölkerung auf, „diese Lage auch ernst zu nehmen“. Die aktuelle Situation sieht sie als „größte Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg“.
Im Gegensatz zum „echten“ Krieg ist der Feind ein Unsichtbarer. Ein Feind, der für uns alle zur Bedrohung wird. Keine teuren Waffen dieser Welt können ihn stoppen, Solidarität und Zusammenhalt dafür umso mehr.