Unsere Landesbloggerin Lucia verrät die Geschichte hinter den in Tschechien beliebten „Chlebíčky“.
„Chlebíčky“ sind in Tschechien ein wahrer Klassiker. Diese gibt es oft an Veranstaltungen, Feiern oder manchmal auch einfach so. Es sind Brötchen oder Weißbrotscheiben, die mit Schinken, Käse, verschiedenem Gemüse und mehr belegt und dekoriert werden.
So auch bei uns über Weihnachten. Bei der Zubereitung kommen immer alle zusammen, um gemeinsam die „Chlebíčky“ zu belegen. Der eine kocht die Eier, der andere schneidet die Essiggurken und Oma sorgt für den speziellen Aufstrich, der nie auf den „Chlebíčky“ fehlen darf. Das Verzieren und Zubereiten der „Chlebíčky“ ist also Familiensache, bei dem alle Mitglieder zusammenkommen, um ihr Essen zuzubereiten.
Die „Chlebíčky“ bestehen meistens aus einem speziellen weißen Weizenbrot („Veka na Chlebíčky“), das extra für die Herstellung für die „Chlebíčky“ verkauft wird und in Supermärkten in Tschechien zu kaufen ist. Es folgt entweder Butter oder ein spezieller Aufstrich aus Mayonnaise. Beim Belegen dürfen auch Schinken, Essiggurken, Paprika, Tomaten, eine Scheibe eines gekochten Eis und Käse nicht fehlen. Vor dem Verzehr sollte man die „Chlebíčky“ am besten für einige Stunden im Kühlschrank ruhen lassen, damit sie weniger bröckeln, sie weich werden und damit sich der Geschmack besser verbindet.
Generell kann man aber jede Art von Brot verwenden und die „Chlebíčky“ belegen, wie man möchte, also beispielsweise auch mit Lachs.
Bei den „Chlebíčky“ kann man sich austoben und sie frei nach Belieben belegen. Foto: Pixabay
Ein tschechischer Klassiker mit Prager Wurzeln
Vor etwa hundert Jahren gehörten „Chlebíčky“ in bürgerlichen Familien zu einem traditionellen Sonntagsessen dazu, weil dadurch Fleischreste vom Wochenende verwertet werden konnten.
Der „Chlebíček“ in seiner heutigen Form entstand Anfang des 20. Jahrhunderts. Dem Maler Jan rytíř Skramlík gefielen die Häppchen nicht, die immer bei Veranstaltungen verteilt wurden und veranlasste deswegen den Inhaber eines Delikatessengeschäfts, Jan Paukert, etwas Neues aufzutischen. Paukert präsentierte ein Brötchen zwischen der Größe eines Häppchens und eines belegten Brotes. Anfangs waren die „Chlebíčky“ noch kleiner als heute, in den nächsten Jahren wurden sie etwas größer und erfreuten sich einer großen Beliebtheit, die bis heute anhält.
Die Paukerts – bekannt in ganz Europa
Nach Erfahrungen mit renommierten europäischen Unternehmen gründeten Jan und Štěpánka Paukert im September 1916 ein exklusives Delikatessengeschäft im Zentrum von Prag an der Nationalstraße („Národní třída“). Paukerts Feinkostladen war während der Ersten Republik ein bekannter Ort, an dem Feinschmecker aus ganz Prag und Europa speisten. Sie wurden von dem Angebot aus der ganzen Welt angezogen, mit importierten Würsten aus Bayern, Käse und Pasteten aus Frankreich und Fisch aus dem Mittelmeer. Alles war immer frisch und so kamen beispielswiese lebende Schildkröten, Hummer und Langusten mit dem Zug am Hauptbahnhof an, von wo sie direkt in den Laden gebracht wurden.
Der Zweite Weltkrieg und die Verstaatlichung des Unternehmens 1952 markierten das Ende des Feinkostladens. Kurz nach November 1989 übernahm der Sohn Jan Paukert das Unternehmen. Dieser hatte Deutsch gelernt, weil sein Kindermädchen Sudetendeutsche gewesen war und sprach auch Englisch, weil er ein englisches Gymnasium besuchte. Er hatte eine praktische Ausbildung im Hotel Pupp in Karlsbad und Hamburg absolviert.
Das Delikatessengeschäft gibt es heute nicht mehr. Stattdessen wurde ein Bistro „Jan Paukert“ eröffnet, dass mit seinen Delikatessen den Geist des ursprünglichen Geschäfts weiter am Leben erhält. Und somit kann man hier immer noch die „Chlebíčky“ ausprobieren. Aber nicht nur hier, sondern auch in anderen Läden ist es möglich, die „Chlebíčky“ zu kaufen. In Prag gibt es viele Bäckereien, die die „Chlebíčky“ anbieten, wie zum Beispiel Príma Chlebíček (Londýnská 314, 120 00 Praha 2-Vinohrady).
Ahoj und Hallo,
ich heiße Lucia Vovk und unterstütze die LandesEcho Redaktion als Praktikantin von Anfang August bis Ende Januar. Ich werde das Praxissemester meines Studiums der Werbung und Marktkommunikation hier verbringen und freue mich auf die Erfahrungen im Online- und Printbereich. Ich bin zweisprachig aufgewachsen, da meine Mutter aus Tschechien stammt. In der letzten Zeit habe ich gemerkt, wie mein Tschechisch langsam schwindet. Das mag daran liegen, dass ich durch mein Studium weniger Gelegenheit habe, mit meiner Familie zu kommunizieren und Zeit in Tschechien zu verbringen. Deswegen bin ich schon gespannt darauf, während meines Praktikums mehr über meine Wurzeln zu erfahren, meine Sprachkenntnisse zu verbessern und das Land, in dem ich geboren wurde, besser kennenzulernen. Denn: „Všude dobře, doma nejlíp“ („Überall ist es gut, aber daheim am besten“).